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Cronin, Justin

Cronin, Justin

Titel: Cronin, Justin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Uebergang
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seines
Rucksacks verstaut hatte, waren anscheinend übersehen worden. Das Gefängnis
selbst war auf der Karte von Nevada nicht verzeichnet, aber die Stadt Desert
Wells hatten sie gefunden, nördlich von Las Vegas am Highway 95. Östlich davon
begann ein riesiger grau markierter Bereich ohne Straßen oder Ortschaften. Aus
der Karte ging hervor, dass es ein Testgelände der Air Force war: NELLIS AIR
FORCE TEST RANGE COMPLEX. Nur wenige Kilometer von Desert Wells entfernt war
ein kleines rotes Quadrat eingezeichnet. »Endlagerstätte«, stand daneben -
YUCCA MOUNTAIN NATIONAL REPOSITORY. Wenn Peter sich mit ihrer Position nicht
irrte, konnten sie diese Anlage deutlich sehen - ein buckliger Höhenkamm
Richtung Norden.
    Als Hollis mit Billie und Gus nach Süden
gefahren war, hatte er Gelegenheit gehabt, die Gegend genauer in Augenschein
zu nehmen. Der Zaun, berichtete er, war robuster, als es aussah: zwei Reihen
aus dicken Stahlgittern, ungefähr zehn Meter weit auseinander und oben mit Stacheldrahtrollen
gesichert. Er hatte nur zwei Ausgänge gesehen, einer im Süden, wo die Felder
endeten, sowie das Haupttor, das zum Highway führte. Dieses Tor war von zwei
Betontürmen mit Beobachtungsplattformen flankiert - ob bemannt oder nicht,
wussten sie nicht, aber einer der orangegelb gekleideten Männer war unten in
einer kleinen Wachbaracke stationiert, und er hatte das Tor geöffnet, um
Hollis und Billie hinauszulassen.
    Der Hafen selbst lag ein paar Kilometer weit
abseits des Highways, auf dem sie nach Norden gefahren waren. Das alte
Gefängnis, ein abweisender Klotz aus grauem Stein, stand am Ostrand des
Geländes, umgeben von ein paar kleineren Gebäuden und Nissenhütten. Auf der
Fahrt zum Highway, erzählte Hollis, hätten sie Bahngleise überquert, die in Nord-Süd-Richtung
verliefen, anscheinend geradewegs auf die Bergkette im Norden zu - was
merkwürdig sei, meinte er, denn wer verlegte ein Bahngleis auf einen Berg? Bei
ihrem ersten Zusammentreffen hatte Olson ein Eisenbahndepot erwähnt, als Peter
sich erkundigt hatte, woher sie den Sprit für ihre Fahrzeuge hätten. Aber auf
der Fahrt nach Süden, sagte Hollis, hätten sie nirgends angehalten, und deshalb
wusste er nicht, ob es dort irgendwo ein Treibstofflager gab oder nicht.
Irgendwo holten sie ihren Sprit natürlich. Erst im Laufe dieses Gesprächs wurde
Peter klar, dass der Gedanke, von hier zu verschwinden, in seinem Kopf allmählich
Gestalt annahm. Dazu allerdings wäre es notwendig, ein Fahrzeug zu stehlen und
den Treibstoff dafür zu finden.
    Die Hitze war unerträglich, und die tagelange
Isolation forderte allmählich ihren Tribut. Alle waren nervös und machten sich
Sorgen um Michael. In den stickigen Baracken konnte niemand gut schlafen - Amy
am wenigsten von allen; Peter hatte nicht ein einziges Mal gesehen, dass sie
die Augen geschlossen hatte. Sie saß die ganze Nacht auf ihrer Pritsche, und
auf ihrem Gesicht lag der Ausdruck intensiver Konzentration. Es sah aus, als
versuche sie in Gedanken irgendein Problem zu lösen.
    Am dritten Abend kam Olson sie holen. Billie und
Jude waren bei ihm. Im Laufe der vergangenen Tage war Peter allmählich der
Verdacht gekommen, dass Jude mehr war als nur Olsons Adjutant. Er wusste nicht
genau, warum, aber der Mann hatte etwas Beunruhigendes an sich. Seine Zähne
waren so weiß und ebenmäßig, dass man einfach hinschauen musste, und der Blick
seiner strahlend blauen Augen war intensiv und durchdringend. Diese Augen
ließen sein Gesicht alterslos erscheinen, als habe er die Zeit verlangsamen
können, und wenn Peter ihn ansah, hatte er immer den Eindruck, der Mann kämpfe
gerade gegen einen Sturm an. Ihm wurde bewusst, dass er noch nie gehört hatte,
wie Olson Jude einen Befehl erteilte - Olson wandte sich damit ausschließlich
an Billie und Gus und die orangegelb gekleideten Männer -, und in seinem Hinterkopf
keimte der Gedanke, dass Jude eine von Olson unabhängige Autorität besaß. Ein
paarmal hatte er gesehen, wie Jude auf der anderen Seite des Platzes mit den
Männern sprach, die sie bewachten.
    In der Abenddämmerung kamen die drei über den
Platz auf die Baracken zu. Nachdem die Hitze des Tages nachgelassen hatte,
waren die Kinder wieder zum Spielen erschienen. Als die drei Männer an ihnen
vorbeigingen, stoben sie auseinander wie ein Schwarm aufgescheuchter Vögel.
    »Es wird Zeit, dass ihr seht, wo ihr seid«,
sagte Olson, als er in der Tür stand. Er lächelte breit, aber dieses Lächeln
wirkte inzwischen

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