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Cronin, Justin

Cronin, Justin

Titel: Cronin, Justin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Uebergang
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nicht glauben, es war zu fantastisch - aber
noch während er die Frage stellte, spürte er, dass seine Skepsis wich. Wenn
Olson die Wahrheit sagte, ergab fast alles plötzlich einen Sinn: der Hafen
selbst, seine unglaubliche Existenz. Das seltsame Verhalten der Leute, die sich
allesamt benahmen, als hätten sie ein furchtbares Geheimnis. Sogar die Virais
selbst und das Gefühl, das Peter sein Leben lang begleitet hatte: dass sie mehr
waren als die Summe ihrer Teile. Er beherrscht sie nicht
einfach, hatte Olson geantwortet, und dabei hatte eine
drückende Last auf dem Mann gelegen, eine große Müdigkeit, die tiefer reichte
als körperliche Erschöpfung. Es war, als habe er jahrelang darauf gewartet,
seine Geschichte erzählen zu können. Er ist sie, Peter.
    »Es tut mir leid, dass ich euch belogen habe.
Aber es ging nicht anders. Die ersten Siedler, die herkamen, waren keine
Flüchtlinge. Es waren Kinder. Der Zug hat sie hergebracht, wir wissen nicht
genau, woher. Sie sollten sich in Yucca Mountain verstecken, in den Stollen des
Endlagers. Aber Babcock war schon hier. Und damals fing der Traum an. Manche
sagen, er ist eine Erinnerung aus der Zeit, bevor er ein Viral wurde, als er
noch ein Mensch war. Aber wenn man die Frau in dem Traum getötet hat, gehört
man ihm. Man gehört dem Ring.«
    »Das Hotel und die blockierten Straßen«, sagte
Hollis, »das war eine Falle, nicht wahr?«
    Olson nickte. »Viele Jahre lang haben wir
Patrouillen losgeschickt, um so viele zu holen, wie wir konnten. Ein paar sind
einfach durchgewandert. Andere haben die Virais dort zurückgelassen, damit wir
sie finden konnten. Wie dich, Sara.«
    Sara schüttelte den Kopf. »Ich erinnere mich
immer noch nicht, was da passiert ist.«
    »Niemand erinnert sich. Das Trauma ist einfach
zu übermächtig.« Olson sah Peter flehend an. »Ihr müsst das verstehen. Wir
haben immer so gelebt. Nur so konnten wir überleben. Für die meisten ist der
Ring ein ziemlich kleiner Preis dafür.«
    »Na, es ist ein beschissener Deal, wenn du mich
fragst«, schaltete Alicia sich ein. »Ich habe genug gehört. Diese Leute sind Kollaborateure.«
    Olsons Miene verfinsterte sich, aber als er
weiterredete, klang er immer noch beinahe gespenstisch ruhig. »Nenn uns, wie
du willst. Du kannst mir nichts vorwerfen, was ich mir nicht selbst schon
tausendmal vorgeworfen habe. Mira war nicht mein einziges Kind. Ich hatte auch
einen Sohn. Er wäre ungefähr so alt wie du, wenn er noch lebte. Als er
ausgewählt wurde, erhob seine Mutter Widerspruch. Am Ende schickte Jude sie mit
ihm in den Ring.«
    Seinen eigenen Sohn, dachte Peter. Olson hat
seinen eigenen Sohn in den Tod gehen lassen.
    »Wieso Jude?«
    Olson zuckte die Achseln. »Einen Judas hat es
immer gegeben. Wenn ich könnte, würde ich es besser erklären. Aber das alles
ist jetzt nicht mehr wichtig. Was vergangen ist, ist vergangen; das sage ich
mir jedenfalls. Ein paar von uns bereiten sich seit Jahren auf diesen Tag vor.
Wir wollen weg von hier und leben wie Menschen. Aber wenn wir Babcock nicht
töten, ruft er die Vielen. Mit diesen Waffen haben wir zumindest eine Chance.«
    »Und wer muss in den Ring?«
    »Das wissen wir nicht. Jude sagt es uns nicht.«
    »Was ist mit Maus und Amy?«
    »Ich sage doch, wir wissen nicht, wo sie sind.«
    Peter drehte sich zu Alicia um. »Bestimmt sind
sie das Opfer.«
    »Das wissen wir nicht«, widersprach Olson. »Und
Mausami ist schwanger. Jude würde sie nicht auswählen.«
    Peter war nicht überzeugt. Im Gegenteil, alles,
was Olson gesagt hatte, ließ ihn glauben, dass Maus und Amy diejenigen waren,
die in den Ring gehen sollten.
    »Gibt es noch einen anderen Weg hinein?«
    Olson beschrieb ihnen den Grundriss und die
Lüftungskanäle über den Laufstegen. Er kniete sich auf den Boden und zeichnete
mit dem Finger im Staub. »Auf dem ersten Stück wird es stockfinster sein«, warnte
er, während seine Männer die Gewehre und Pistolen aus dem Humvee verteilten.
»Ihr müsst einfach den Geräuschen der Menge folgen.«
    »Wie viele Leute seid ihr insgesamt?«, fragte
Hollis und stopfte sich die Taschen mit Magazinen voll. Caleb und Sara knieten
vor einer offenen Kiste und luden Gewehre.
    »Wir sieben hier, und noch einmal vier auf den
Baikonen.«
    »Mehr nicht?«, fragte Peter. Ihre Chancen waren
von Anfang an nicht gut gewesen, aber jetzt standen sie noch schlechter, als er
gedacht hatte. »Wie viele hat Jude?«
    Olson runzelte die Stirn. »Ich dachte, das
hättest du begriffen. Er

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