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Cronin, Justin

Cronin, Justin

Titel: Cronin, Justin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Uebergang
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Hoffnung nicht aufzugeben. Der General wisse, was er tue; wenn jemand seine
Einheit lebend zurückbringen könne, sei es Curtis Vorhees. Aber Peter sah
Greer an, dass auch er allmählich nicht mehr daran glaubte, es könnten noch
weitere Überlebende zurückkommen.
    Seine Hoffnung schwand ganz, als es dunkel
wurde. Peter kehrte ins Zelt zurück, wo Hollis und Michael Karten spielten.
Beide blickten auf, als er hereinkam.
    »Wir versuchen nur, uns irgendwie zu
beschäftigen.«
    »Ich habe nichts gesagt.«
    Peter legte sich auf sein Feldbett und zog die
Decke über sich, ohne sich die Mühe zu machen, seine schlammverschmierten
Stiefel auszuziehen. Er war dreckig und restlos erschöpft; die letzten,
unwirklichen Stunden schienen in einer Trance verstrichen zu sein. Seit Tagen
hatte er kaum etwas gegessen, aber der Gedanke ans Essen war abwegig. Ein
kalter Wind - ein Winterwind - rüttelte an der Zeltwand. Bevor er einschlief,
gingen ihm noch einmal Alicias letzte Worte durch den Kopf. Peter,
ihr müsst sofort von hier verschwinden.
    Ein Schrei aus der Ferne riss ihn aus dem
Schlaf. Hollis kam unter der Zeltklappe hindurch.
    »Jemand ist am Tor.«
    Peter warf die Decke beiseite und stürmte hinaus
ins grelle Scheinwerferlicht. Aus seinen Zweifeln wurde Gewissheit, und als er
den Platz halb überquert hatte, wusste er, was ihn erwartete. Alicia. Alicia
war wieder da.
    Sie stand am Tor. Als er auf sie zulief, dachte
er zuerst, sie sei allein. Aber als er sich zwischen den Soldaten
hindurchdrängte, sah er, dass da noch jemand auf dem Boden kniete. Es war
Muncey. Seine Hände waren gefesselt, und im Licht der Scheinwerfer sah Peter,
dass sein Gesicht von Schweiß glänzte. Er zitterte, aber nicht vor Kälte. Eine
seiner Hände war mit einem blutgetränkten Lappen umwickelt.
    Die beiden waren umringt von Soldaten, doch alle
hielten Abstand. Ein ehrfürchtiges Schweigen hatte sich ausgebreitet. Greer
trat auf Alicia zu.
    »Der General?«
    Sie schüttelte den Kopf: Nein.
    Der Soldat hielt die blutige Hand vom Körper weg
und atmete keuchend. Greer ging vor ihm in die Hocke.
    »Corporal Muncey«, sagte er leise und
beruhigend.
    »Jawohl, Sir.« Muncey fuhr sich mit schwerer
Zunge über die Lippen. »Sorry, Sir.«
    »Schon gut, mein Junge. Sie haben Ihre Sache gut
gemacht.«
    »Keine Ahnung, wieso ich den verfehlt habe, der
es getan hat. Hat mich gebissen wie ein Hund, bevor Donadio ihn wegpustete.« Er
hob den Kopf und sah Alicia an. »Man sollte nicht meinen, dass sie ein Mädel
ist, wenn man sie kämpfen sieht. Sie haben hoffentlich nichts dagegen, dass
ich sie gebeten habe, mich zu fesseln und nach Hause zu bringen.«
    »Das ist Ihr gutes Recht, Muncey. Das ist Ihr
Recht als Soldat der Expeditionstruppe.«
    Muncey fing an, am ganzen Leib zu zittern - drei
heftige Krämpfe hintereinander. Seine Lippen zogen sich zurück und entblößten
seine Zahnlücken. Peter spürte, wie die Soldaten sich wappneten; ringsumher
legten sie die Hände auf ihre Messergriffe, schnell und instinktiv. Nur Greer,
der vor dem verwundeten Soldaten kauerte, zuckte nicht zurück.
    »Tja, ich schätze, das war's«, sagte Muncey. Als
der Anfall vorbei war, sah Peter keine Angst mehr in seinem Blick, nur stille
Resignation. Alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen, wie Wasser im Boden
versickert. Muncey hob die gefesselten Hände und wischte sich mit dem blutigen
Lappen den Schweiß von der Stirn. »Es packt einen so, wie sie alle sagen. Wenn
es keine Umstände macht, hätte ich es gern mit dem Messer, Major. Ich möchte
fühlen, wie es aus mir hinausläuft.«
    Greer nickte. »Sie sind ein guter Mann, Muncey.«
    »Und Donadio soll es machen, wenn's recht ist.
Meine Mutter hat immer gesagt, du tanzt mit der, die dich mitgebracht hat, und
sie war so gut, mich zurückzubringen. Das hätte sie nicht tun müssen.« Seine Lider
flatterten. »Ich wollte nur noch sagen, es war eine Ehre, Sir. Auch was den
General angeht. Ich wollte nach Hause, damit ich das noch sagen kann. Aber ich
glaube, jetzt sollten Sie nicht mehr warten, Major.«
    Greer richtete sich auf und trat zurück. Alle
standen stramm. Er hob die Stimme.
    »Dieser Mann ist ein Soldat der
Expeditionsstreitmacht! Es ist Zeit, dass er seine letzte Mission antritt! Wir
grüßen Sie, Corporal Muncey. Hip-hip ...«
    »Hurra!«
    »Hip-hip ...«
    »Hurra!«
    »Hip-hip ...«
    »Hurra!«
    Greer zog sein Messer und reichte es Alicia. Ihr
Gesicht war emotionslos. Das Gesicht eines Soldaten, das Gesicht der

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