Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cronin, Justin

Cronin, Justin

Titel: Cronin, Justin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Uebergang
Vom Netzwerk:
ernst«, zischte sie. Jede Faser
ihres Körpers war angespannt. »Geht!«
    Andere drängten sich heran. »Wo ist Raimey?«,
brüllte Vorhees und drängte sich zwischen den Männern hindurch. »Wo zum Teufel
ist Raimey?«
    »Er ist tot, Sir.«
    Vorhees drehte sich zu Alicia um, die im Schlamm
kniete. Als er Peter sah, blitzten seine Augen wütend auf. »Jaxon, Sie haben
hier nichts zu suchen.«
    »Wir haben es gefunden, Sir«, sagte Alicia.
»Sind geradewegs hineingestolpert. Ein regelrechtes Hornissennest. Da müssen
Hunderte sein.«
    Vorhees winkte Hollis und den andern zu. »Sie
alle, ab in Ihre Unterkunft, sofort.« Ohne
eine Antwort abzuwarten, wandte er sich wieder an Alicia. »Gefreiter Donadio,
berichten Sie.«
    »Das Bergwerk, General«, sagte sie. »Wir haben
das Bergwerk gefunden.«
     
    Den ganzen Sommer über hatten Vorhees' Leute
danach gesucht: nach dem Eingangsschacht einer alten Kupfermine, die irgendwo
in den Bergen verborgen war. Man vermutete, dass dort einer der Hotspots war,
von denen Vorhees gesprochen hatte, ein Nest, in dem die Virais schliefen. Sie
hatten alte geologische Vermessungskarten studiert und die Bewegungen der
Virais mit Hilfe der Netze verfolgt, und so hatten sie die Suche auf den
südöstlichen Quadranten eingrenzen können, auf einen Bereich von ungefähr
zwanzig Quadratkilometern oberhalb des Flusslaufs. Die Einheit Blau hatte
einen letzten Versuch unternommen, das Bergwerk vor der Räumung des Camps zu
finden. Es war reiner Zufall, dass es ihnen gelungen war; wie Peter von Michael
erfuhr, waren sie einfach hineinspaziert, kurz vor Sonnenuntergang - eine
sanfte Absenkung des Bodens, in der der vorderste Mann mit einem Aufschrei
verschwunden war. Der erste Viral, der herauskam, erwischte zwei weitere
Männer, bevor einer von ihnen einen Schuss abfeuern konnte. Der Rest der Einheit
hatte so etwas wie eine Feuerlinie bilden können, aber immer mehr Virais waren
herausgekommen und hatten sich in ihrem Blutdurst dem schwindenden Tageslicht
ausgesetzt. Wenn die Sonne erst untergegangen wäre, würde die Einheit schnell
aufgerieben werden, und dann wäre die Kenntnis der Lage des Bergwerkschachts
mit ihnen verloren gegangen. Die Leuchtkugeln, die sie bei sich hatten, würden
ihnen ein paar Minuten Zeit einbringen, mehr jedoch nicht. Sie hatten sich in
zwei Gruppen geteilt; die eine sollte sich ins Camp zurückflüchten, während die
andere unter Führung von Lieutenant Raimey ihren Rückzug sichern und die Kreaturen
so lange in Schach halten würde, bis die Sonne unterginge und alle Leuchtkugeln
verschossen wären. Das war alles.
    Die ganze Nacht hindurch herrschte reges Treiben
im Camp. Peter spürte die Veränderung: Die Tage des Wartens, der kurzen
Jagdausflüge in die Wälder, waren vorbei, und Vorhees' Leute bereiteten sich
auf die Schlacht vor. Michael war verschwunden; er half mit, die Fahrzeuge
einsatzbereit zu machen, die mit den Bomben beladen werden sollten - Fässer mit
Dieselöl und Ammoniumnitrat und einem Clustergranaten-Zünder, »Rohrreiniger«
hießen sie hier nur. Sie würden mit einer Winde senkrecht in den Schacht
hinabgelassen werden. Die Explosionen würden zweifellos viele der Virais dort
unten töten. Die Frage war nur, wo die Überlebenden herauskommen würden. Im
Laufe von hundert Jahren hatte die Topographie sich verändert, und Vorhees und
die andern konnten nicht wissen, ob sich durch einen Erdrutsch oder ein
Erdbeben nicht ein völlig neuer Ausgang geöffnet hatte. Während eine Einheit
die Sprengbomben einbrachte, würden die andern die Gegend nach weiteren
Ausstiegen absuchen.
    Als grau der Morgen dämmerte, erloschen die
Lichter. Die Nacht war eisig kalt gewesen, und die Pfützen im Camp waren von
Eiskrusten bedeckt. Die Fahrzeuge wurden beladen, und die Soldaten sammelten
sich am Tor. Nur eine Einheit würde zurückbleiben und die Garnison sichern.
Alicia hatte einen großen Teil der vergangenen Stunden in Vorhees' Zelt
verbracht. Sie war es, die den Rest ihrer Einheit am Fluss entlang zum Camp
zurückgeführt hatte, auf dem gleichen Weg, auf dem sie losgezogen waren. Jetzt
sah Peter sie mit dem General vor einer Karte, die auf der Haube eines Humvees
ausgebreitet war. Greer saß zu Pferde und beaufsichtigte das Verladen der
Ausrüstung. Peter stand abseits und sah zu. Er empfand wachsendes Unbehagen,
aber auch noch etwas anderes: eine machtvolle Verlockung, instinkthaft wie das
Atmen. Tagelang war er hin und her geschwankt; er wusste, sie

Weitere Kostenlose Bücher