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Cronin, Justin

Cronin, Justin

Titel: Cronin, Justin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Uebergang
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Holzofens. Der Major saß in Tarnhose und olivgrünem T-Shirt an
Vorhees' Tisch und sortierte Papiere im Licht der Laterne. Eine offene Kiste,
halb voll mit Habseligkeiten, stand zu seinen Füßen.
    »Jaxon. Ich habe mich schon gefragt, wann ich
von Ihnen höre.« Greer lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und rieb sich müde
die Augen. »Kommen Sie her, und sehen Sie sich das an.«
    Er zeigte auf die Papiere vor ihm. Auf dem
obersten Blatt war ein Bild, das drei Gestalten zeigte, eine Frau und zwei
kleine Mädchen. Die Darstellung war so präzise, dass Peter zuerst glaubte, es
sei eine Fotografie aus der Zeit Davor. Aber dann erkannte er, dass es eine
Zeichnung war, mit Kohlestift gemalt. Die Figuren auf dem Porträt waren von den
Hüften an aufwärts gezeichnet; die untere Hälfte zerfloss im Nichts. Die Frau
hielt das kleinere Mädchen, das mit seinem runden Babygesicht nicht mehr als
drei Jahre alt sein konnte, auf dem Schoß. Das andere, vielleicht zwei Jahre
älter, stand hinter den beiden und schaute der Frau über die linke Schulter.
Greer nahm andere Blätter von dem Stapel und zeigte sie ihm: immer dieselben
drei Figuren in derselben Haltung.
    »Hat Vorhees die gemalt?«
    Greer nickte. »Curt war nicht sein Leben lang
Soldat wie die meisten von uns. Er hatte ein Leben vor der Expeditionsstreitmacht.
Eine Frau, zwei kleine Töchter. Er war Farmer, wenn Sie das glauben können.«
    »Was ist mit seiner Familie passiert?«
    Greer zuckte die Achseln. »Was immer passiert,
wenn es passiert.«
    Peter beugte sich wieder über die Zeichnungen.
Er spürte die peinliche Sorgfalt, mit der sie geschaffen worden waren, die
Kraft der Konzentration in jedem Detail. Das schiefe Lächeln der Frau. Die
Augen des kleinen Mädchens, groß und strahlend wie die der Mutter. Das Haar der
Größeren, das sich in einem Windstoß hob. Ein bisschen grauer Staub lag immer
noch auf dem Papier, wie Asche, die im Wind der Erinnerung verwehte.
    »Ich glaube, er hat das alles gezeichnet, damit
er es nicht vergisst«, sagte Greer.
    Peter war plötzlich verlegen. Was immer diese
Bilder dem General bedeutet haben mochten, sie waren seine Privatsache. »Wenn
Sie die Frage gestatten, Major - warum zeigen Sie mir das?«
    Greer schob die Blätter sorgfältig zusammen,
schob sie in einen Aktendeckel und legte sie in die Kiste zu seinen Füßen.
»Jemand hat mir mal gesagt, der Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr
an ihn denkt. Jetzt erinnern Sie sich auch an sie.« Er verschloss die Kiste mit
einem Schlüssel, den er um den Hals trug, und lehnte sich zurück. »Aber
deshalb sind Sie nicht gekommen, oder? Sie haben sich entschieden.«
    »Ja, Sir. Ich breche morgen früh auf.«
    »Aha.« Ein nachdenkliches Nicken, als habe er
damit gerechnet. »Alle fünf, oder nur Sie?«
    »Hollis und Sara lassen sich mit dem Konvoi
evakuieren. Michael auch, obwohl er das vielleicht noch nicht weiß.«
    »Also nur Sie beide. Sie und das geheimnisvolle
Mädchen.«
    »Amy.«
    Greer nickte wieder. »Amy.« Peter wartete
darauf, dass Greer versuchte, es ihm auszureden, aber stattdessen sagte der
Major: »Nehmen Sie mein Pferd. Es ist ein gutes Pferd und wird Sie nicht im
Stich lassen. Ich sage am Tor Bescheid, dass man Sie hinauslassen soll.
Brauchen Sie Waffen?«
    »Was immer Sie erübrigen können.«
    »Sollen Sie bekommen.«
    »Das ist sehr freundlich von Ihnen, Sir. Danke
für alles.«
    »Ist wohl das Mindeste, was ich tun kann.« Greer
sah nach unten auf seine Hände, die er im Schoß gefaltet hatte. »Sie wissen,
dass es wahrscheinlich Selbstmord ist, oder? Allein auf den Berg zu reiten.
Das muss ich Ihnen sagen.«
    Einen Moment lang schwiegen sie beide. Peter
würde Greer vermissen, ihn und seine ruhige, verlässliche Art.
    »Tja, dann heißt es wohl Abschiednehmen.« Greer
stand auf und streckte die Hand aus. »Besuchen Sie mich, wenn Sie je nach
Kerrville kommen sollten. Ich will wissen, wie es ausgeht.«
    »Wie was ausgeht?«
    Der Major lächelte, und seine große Hand hielt
Peters immer noch umschlossen. »Mit dem Traum, Peter.«
     
    In der Unterkunft brannte Licht. Peter hörte
Gemurmel hinter der Zeltwand. Es gab keine richtige Tür, man konnte nicht
anklopfen. Aber als er davor stand, trat ein Soldat durch die Zeltklappe und
zog seinen Parka fester um die Schultern. Er hieß Wilco und gehörte zu den
Ölhänden.
    »Jaxon.« Er sah ihn verdutzt an. »Wenn du
Radmutter suchst, der ist mit ein paar anderen Jungs losgezogen. Sie wollen das
Öl

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