Cronin, Justin
Früchte seiner
Arbeit reihenweise gestapelt in der Scheune und mit einer Plastikplane bedeckt
unter der Dachtraufe.
Diese Leute, dachte er, als er auf das offene
Scheunentor zuging. Die Leute auf den Fotos. Ob sie hier glücklich gewesen waren?
Er hatte keine weiteren Bilder gefunden, und erst vor ein paar Tagen war er
auf die Idee gekommen, den Wagen zu durchsuchen. Er wusste nicht genau, wonach
er eigentlich suchte, aber nachdem er ein paar Minuten auf dem Fahrersitz
gesessen und in der Hoffnung, dass irgendetwas passieren würde, planlos auf
Knöpfe gedrückt und Schalter betätigt hatte, war tatsächlich etwas passiert:
Eine kleine Klappe am Armaturenbrett hatte sich geöffnet, und in dem Fach
dahinter hatte er einen Stapel Landkarten und, darunter versteckt, eine
lederne Brieftasche gefunden. Darin steckte ein Ausweis mit der Aufschrift Finanzbehörde
Utah, Abt. Kraftfahrzeugsteuer. Darunter
stand ein Name: David Conroy. David Conroy, 1634 Mansard Place, Provo, UT. Das
waren sie, sagte er zu Mausami, als er ihr die Karte zeigte. Die Conroys.
Die Scheunentür, dachte er jetzt, als er den Hof
überquerte. Warum stand sie offen? Konnte er tatsächlich vergessen haben, sie
zu schließen? Im nächsten Augenblick drang ein neues Geräusch an sein Ohr, ein
leises Rascheln in der Scheune.
Er blieb wie angewurzelt stehen und zwang sich
zu absoluter Reglosigkeit. Lange Zeit hörte er nichts mehr. Vielleicht war es
Einbildung gewesen.
Dann kam es wieder.
Was immer da drinnen war, hatte ihn anscheinend
noch nicht bemerkt. Wenn es ein Viral war, hatte Theo nur einen einzigen
Schuss. Er könnte ins Haus zurückgehen und Mausami warnen, aber wo sollten sie
sich verstecken? Seine einzige Chance lag im Überraschungselement. Vorsichtig
und mit angehaltenem Atem lud er die Flinte durch und hörte das leise Klicken,
mit dem die erste Patrone in die Kammer glitt. Aus der Tiefe der Scheune drang
ein leiser, dumpfer Schlag und ein beinahe menschliches Seufzen. Theo schob den
Gewehrlauf langsam vor, bis er das Holz des Scheunentors berührte. Behutsam
drückte er die Tür weiter auf, als eine geflüsterte Stimme hinter ihm durch das
Halbdunkel kam.
»Theo? Was machst du da?«
Mausami in ihrem langen Nachthemd. Das lange
Haar floss über ihre Schultern, und sie schwebte wie eine Geistererscheinung in
der Morgendämmerung. Theo öffnete den Mund und wollte sie zurück ins Haus
schicken, als die Tür aufflog und den Gewehrlauf mit solcher Wucht
beiseitestieß, dass er sich um sich selbst drehte. Ehe er sich versah, war die
Waffe losgegangen, und der Rückstoß schleuderte ihn zurück. Ein springender
Schatten flog an ihm vorbei in den Hof.
»Schieß nicht!«, schrie Mausami.
Es war ein Hund.
Das Tier kam ein paar Meter vor Mausami
rutschend zum Stehen und klemmte den Schwanz ein. Das Fell war dicht und
silbergrau mit schwarzen Flecken. Der Hund stand auf dürren Beinen vor Maus und
schaute sie mit einer Art Verbeugung an. Der Kopf war unterwürfig gesenkt, die
Ohren schmiegten sich nach hinten in das wollige Nackenfell. Anscheinend
wusste er nicht, wohin er schauen und ob er weglaufen oder angreifen sollte.
Ein dunkles Knurren kam aus seiner Kehle.
»Maus, sei vorsichtig«, warnte Theo.
»Ich glaube, er tut mir nichts. Oder, mein
Junge?« Sie hockte sich hin und streckte dem Hund die Hand entgegen, damit er
daran schnuppern konnte. »Du hast nur Hunger, nicht wahr? Hast in der Scheune
etwas zu fressen gesucht.«
Der Hund stand genau zwischen Theo und Mausami.
Sollte er aggressiv werden, wäre die Flinte nutzlos. Theo drehte sie in den
Händen herum, damit er sie als Keule benutzen könnte. Vorsichtig kam er näher.
»Tu das Gewehr weg«, sagte Mausami.
»Maus ...«
»Mach schon, Theo.« Lächelnd sah sie den Hund an
und streckte ihm weiter die Hand entgegen. »Wir zeigen dem netten Mann, was für
ein braver Hund du bist. Komm her, mein Junge. Möchtest du an Mamas Hand
schnuppern?«
Unsicher machte das Tier einen Schritt auf sie
zu, wich zurück und kam wieder heran. Es folgte seiner schwarzen Knopfnase zu
Mausamis ausgestreckter Hand. Verblüfft sah Theo, wie der Hund den Kopf an die
Hand schmiegte und anfing, sie zu lecken. Maus saß jetzt auf dem Boden. Gurrend
redete sie mit dem Tier und streichelte ihm Kopf und Nackenfell.
»Siehst du?« Sie lachte, als der Hund ihr laut
und feucht ins Ohr nieste. »Er ist ein großes altes Schätzchen, weiter nichts.
Wie heißt du denn, mein Alter? Hm? Hast du einen
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