Crossfire 1: Kontakt
Zeugnisse aus der Zeit gibt, als sie noch
nicht degeneriert waren!«, entgegnete Lucy.
»Nicht hier in der Umgebung«, gab Liu Fengmo zu
bedenken. »Aber vielleicht auf anderen Kontinenten. Man kann
keine Wärmeabstrahlung mehr messen, wenn die Technologie
aufgegeben wurde und die Städte halb unter der Vegetation
begraben sind. Ich glaube an diese Möglichkeit.«
»Ich auch«, stimmten Faisal und Robert beinahe
gleichzeitig zu. Robert ergänzte rasch: »Vielleicht haben
sie den Virus auch bemerkt, und die gesunden Pelzlinge sind wieder
abgeflogen. Und ihre ganze Ausrüstung haben sie
mitgenommen.«
William Shipley nickte erst langsam, dann schüttelte er den
Kopf. Jake wartete nicht ab, bis Shipley erklärte, was er damit
zum Ausdruck bringen wollte.
»Eine dritte Möglichkeit: Die Gehirne der Pelzlinge
wurden absichdich verändert. Wir sind uns alle einig, dass es
auf Greentrees keine hoch entwickelte Zivilisation gibt, die so
zielgerichtet wirkende Viren künstlich erschaffen kann. Also
setzt diese Möglichkeit voraus, dass irgendwer sie von anderswo
hierher gebracht hat. Die Pelzlinge wurden mit dem Virus absichdich
infiziert oder genetisch verändert, entweder bevor oder nachdem
sie hergebracht wurden.«
»Warum?«, fragte Robert.
»Das wissen wir nicht«, sagte Jake geduldig.
»Vielleicht ist es eine Art Strafkolonie.«
»Es wäre viel zu teuer, einen ganzen Planeten als
Strafkolonie zu nutzen«, widersprach Robert. »Die
Energiekosten für interstellare Reisen sind gewaltig,
Jake.«
»Ich weiß. Ich spreche nur Möglichkeiten aus.
Vielleicht hat ja auch Ingrid Recht, und es ist eine Art biologisches
Experiment, um…«
»Jedenfalls besten Dank«, murmelte Ingrid.
»… ihre Art zu verbessern. Oder es ist ein radikales,
soziales Experiment. Oder die Bestrafung an irgendeinem
Gegenstück zu Familien oder Clans. Wir können es
unmöglich wissen.«
»Da hast du Recht«, sagte George. »Aber ich
glaube…«
»Einen Augenblick noch, George«, unterbrach ihn Jake.
Guter Gott, das war ja wie Flöhe hüten. »Es gibt noch
eine Möglichkeit, wie unwahrscheinlich auch immer sie klingen
mag: Die Pelzlinge wurden von einer anderen Rasse hierher
gebracht und infiziert. Wenn es eine bislang unbekannte
vernunftbegabte Art im Weltraum gibt, dann kann es auch mehrere
geben.«
So. Er hatte es geschafft, alle möglichen Interpretationen
der vorhandenen Daten darzulegen, obwohl die letzte, die über
eine kontrollierende außerirdische Superrasse, selbst in seinen
Ohren völlig absurd klang.
»Ich setze auf Jakes dritte oder vierte Theorie«,
verkündete Ingrid. »Diese Pelzlinge wurden von anderswo
hierher gebracht und genetisch verändert. Ich weiß nicht,
wer das gemacht hat oder warum, aber es ist keine natürliche
Entwicklung. Auf gar keinen Fall!«
»Ich bin der gleichen Meinung«, pflichtete Todd seiner
Ehefrau loyal bei. Er warf Ingrid einen Blick zu, der förmlich
um Anerkennung bettelte. Er bekam keine.
»Ich stimme dem ebenfalls zu«, sagte Lucy. Sie wirkte
nicht sehr erfreut, sich in Ingrids Mannschaft wiederzufinden. Aber
ihr Tonfall war entschlossen. »Jake, was denkst du?«
Zögernd erwiderte er: »Ich weiß es noch
nicht.«
Scherer überraschte sie alle. »Ich weiß
jedenfalls, was ich denke. Wenn jemand – wenn! – die
Pelzlinge als Experiment hierher gebracht hat, dann kommt er
zurück. Um nachzuschauen, wie das Experiment verläuft.
Vielleicht kommt er bald zurück. Wir müssen uns
vorbereiten.«
»Ach du meine Güte«, sagte Gail. »Langsam
gerät das hier außer Kontrolle. Wenn wer zurückkommt? Wir werden die Ressourcen von Mira City nicht
darauf verschwenden, uns auf die Invasion einer hypothetisch
existierenden, außerirdischen Superrasse vorzubereiten, die es
wahrscheinlich gar nicht gibt!«
Ein halbes Dutzend Stimmen schrien durcheinander. Ingrid setzte
sich durch. »Nur weil Greentrees als Versuchslabor dient,
heißt das noch lange nicht, dass wir in Gefahr sind!«
»Es bedeutet aber auch nicht das Gegenteil«, stellte Roy
nüchtern fest.
Shipley war sehr bleich geworden und sagte: »Lasst uns mal
annehmen, hier läuft tatsächlich ein Experiment, und die
Verantwortlichen werden zurückkehren. Dann sollten wir uns
überlegen, wie wir ihnen gegenübertreten. Wir müssen
eine Vorgehensweise entwickeln, um sie zu begrüßen, ohne
sie zu provozieren. Es sind immerhin Geschöpfe mit Seelen wie
den unseren.«
Shipley war die am wenigsten geeignete Person, derartige
Vorschläge zu
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