Crossfire 1: Kontakt
Sie
waren violett und dunkelrot, mit fremd aussehenden
Blütenblättern.
»Mir bleibt nur eine Minute, bevor sie was merken«,
stieß Nan atemlos hervor. »Sie wollen nicht, dass ich mit
jemandem rede. Aber diese alte Cheyenne-Frau meinte, zumindest du
solltest Bescheid wissen. Also hat sie mir einen Kommunikator
gebracht. Sie werden mich umbringen, glaube ich. Ich habe einen Mann
getötet, einen Dreckskerl, der es echt verdient hat. Aber Larry
Wasserfuß – oder wie auch immer er sich jetzt
nennt…«
Die Verbindung brach ab.
Shipley, den Kommunikator in der Hand, stand wie gelähmt da.
Dann rannte er schwerfällig und keuchend zum Büro der Mira
Corporation. Jake und Gail waren beide anwesend, und Shipley sah
ihnen an, dass sie schon Bescheid wussten.
»Doktor«, sagte Gail. Sie zog rasch einen Stuhl heran.
»Setzen Sie sich. Sie sind ja ganz rot im Gesicht.«
»Ich…« Er konnte nicht weitersprechen.
»Wir wissen es«, sagte Jake. »Larry Smith hat sich
gerade mit uns in Verbindung gesetzt. Dr. Shipley…«
»Hat Nan mit Ihnen Kontakt aufnehmen können? Wie war ihr
das möglich?«, wollte Gail wissen.
»Das ist jetzt nebensächlich«, stieß Shipley
hervor. »Sie sagte, eine alte Frau wäre der Ansicht
gewesen, sie sollte sich bei mir melden. Was ist geschehen? Wissen
Sie Genaueres? Oh, bitte sagen Sie es mir!«
»Nur die Ruhe, Doktor«, entgegnete Jake. »Ja, wir
wissen Bescheid. Larry Smith hat es uns erzählt. Wir brechen
auf, sobald Leutnant Halberg den Gleiter aufgetankt hat.«
»Aber… aber was ist geschehen?« Shipley merkte
selbst, wie erbärmlich er sich anhörte. Er versuchte, sich
zusammenzunehmen. Es half Naomi nicht, wenn er herumjammerte.
Gail und Jake tauschten einen Blick. Jake, der besser mit Leuten
umgehen konnte, nickte. Er beugte sich zu Shipley.
»Doktor, das ist noch nicht ganz geklärt. Die gute
Nachricht ist, dass Larry sich überhaupt hier gemeldet hat. Er
hat also noch keine feste Entscheidung getroffen, sonst hätte er
diese einfach in die Tat umgesetzt. Wir können also noch
persönlich mit ihm sprechen und darauf hoffen…«
Gail unterbrach ihn. »Ach, hör doch auf, ihn zu
beschwichtigen. Erzähl einfach, was passiert ist.« Shipley
war dankbar für ihre Offenheit.
»Nan lebte anscheinend bei den Pelzlingen«,
erzählte Jake. »Sie…«
»Bei den Pelzlingen?«, fragte Shipley. »Bei diesen
kriegerischen Pelzlingen im Gebiet der Cheyenne? Wie hat
sie…?«
»Das wissen wir nicht«, sagte Gail. »Irgendwie hat
sie diese Wesen dazu gebracht, sie aufzunehmen. Sie hatte keinen
Kommunikator bei sich oder irgendetwas anderes, so scheint es. Die
Pelzlinge unternahmen nächtliche Überfälle auf die
Cheyenne. Es kam zu kleineren Scharmützeln am Rand des Lagers.
Die Cheyenne waren darauf vorbereitet. Sie hatten Wachen aufgestellt,
und danach liefen die Pelzlinge jedes Mal wieder weg. Niemand wurde
getötet, aber zwei der Krieger verletzt.
Dann beschlossen anscheinend einige jüngere Krieger, diese
Kriegsspielchen in das Gebiet des Feindes zu tragen. Sie griffen ein
Dorf der Pelzlinge an. Zufällig war es das, in dem Nan lebte.
Fünf Pelzlinge wurden getötet, und irgendwie schaffte es
Nan, einen Krieger zu töten. Daraufhin löschten die
Cheyenne das ganze Dorf mit Lasergewehren aus.«
Ernst stellte Jake fest: »Sie hätten eigentlich
überhaupt keine Laserwaffen haben dürfen. Das widerspricht
ihrem Stammesgesetz und ihrem Vertrag mit der Mira
Corporation. Und dieser Verstoß sollte uns bei Larry ein wenig
Verhandlungsspielraum geben.«
Shipley war zu verzweifelt, um sich darüber Gedanken zu
machen. »Und Naomi?«
»Die Krieger brachten sie mit zurück und übergaben
sie dem Stammesrat.«
Ein Gefühl der Unwirklichkeit überkam Shipley.
Stammesrat, nächtliche Überfälle, Krieger… Naomi. Das klang wie aus einem schlechten Film über das
19. Jahrhundert.
»Wisst ihr«, hörte er sich selbst sagen, »dass
die Quäker im alten amerikanischen Westen häufig
unbeschadet die Indianer besuchen konnten, selbst wenn die
Stämme mit den Weißen im Krieg lagen? Das ist wahr.
Gewaltlosigkeit…« Er unterbrach sich.
Sanft sagte Gail: »Doktor, das ist ein Schock für Sie.
Natürlich ist es das. Sitzen Sie einfach einen Augenblick
still.«
»Ich werde mitkommen«, verkündete er. Jake
erwiderte: »Das halte ich für keine gute Idee. Wir werden
Ihnen vom Lager der Cheyenne aus Bescheid geben.«
»Ich gehe mit! Es geht um meine Tochter!«
Gail und Jake schauten einander
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