Cruel World
Ihr Gesichtsausdruck zeigte mir Sorge.
>> Was ist los?<<
>> Ach, nichts, Chalina.<<
>> Komm schon. Du kannst mit mir darüber reden. Habe ich etwas falsches gesagt?<<
>> Nein, es ist nur...<< Sie zögerte einen Moment. >> Ich habe Angst, dass Aaran wieder genauso wie bis vor zwei Monaten sein wird, wenn du gehst und es niemanden mehr gibt, der sich wagt, ihn in aller Öffentlichkeit zu demütigen.<<
Ich wusste ganz genau, was sie damit meinte, undzwar den Abend vor ungefähr zwei Wochen, an dem Aaran im Restaurant einen Kellner angeschrieen hatte, weil dieser ausgerutscht war und das gesamte Blut, das sich in den Gläsern befand, seinen Anzug beschmutzt hat. Ich konnte es einfach nicht mit ansehen, wie er armen Jungen, der ganz bestimmt nicht älter als dreizehn Jahre alt gewesen ist und auch noch ein Mensch war, beschimpfte und kleinmachte vor allen anderen Adeligen! In dem Augenblick war es mir egal gewesen, dass ich auf meinen Stand hätte achten sollen. Also hatte ich mich erhoben und mich schützend vor den Jungen gestellt, der zuerst noch irritierter aussah als Aaran, der mich fassungslos und mit aufgeklappter Kinnlade angestarrt hatte. Ohne groß nachzudenken habe ihn als ein herzloses Monster bezeichnet, das Kinder hart arbeiten ließ und sie nicht einmal entlohnte. Alle anderen um uns herum hatten anscheinend ihren Ohren nicht trauen können. Ich hörte bis jetzt noch ihr entsetztes Ausatmen und die leisen Beschimpfungen mir gegenüber, weil ich ihrer Meinungen nach keinen Respekt hatte vor ihrem Herrscher. Aaran hatte sich langsam erhoben und mich lange einfach nur angesehen, weil er wohl niemals erwartet hätte, dass ich ihn jemals so sehr blamieren würde. Danach war er aufgestanden und einfach davongegangen. Seitdem hatte er sich vor mir nur noch selten blicken lassen. Und wenn ich ihn zu Gesicht bekam, da er sich bestimmt absichtlich von mir fernhielt, dann war er zwar nett, aber in seiner Stimme hörte ich immer wieder die unterdrückte Wut, weil er sich wegen mir unten im Restaurant nicht mehr blicken lassen konnte.
>> Falls das der Fall sein sollte, dann schleichst du dich einfach weg und holst mich, damit ich ihm den Kopf ordentlich reinwaschen kann.<< schlug ich vor, woraufhin Emma kopfschüttelnd in sich hineinlachte.
>> Du bist einfach unglaublich, Chalina.<<
>> Tja.<<
Natürlich wussten wir beide, dass sie sich das niemal trauen würde. Sie hätte Angst vor der Außenwelt, hat sie mir einmal anvertraut. Es klang zwar ein bisschen verrückt, aber irgendwie konnte ich meine Freundin verstehen. Wenn ich sie wäre, würde ich das Gebäude auch niemals freiwillig verlassen. Na ja, obwohl... vielleicht hätte ich mir den Mut zusammen genommen, um Aaran zu fragen, er mir ein größeres Zimmer geben könnte. Immer, wenn ich vorschlug es für sie zu tun, lehnte sie ab. Anscheinend mochte sie die alte Abstellkammer, in der es fürchterlich nach Spülmittel stank.
>> Weißt du denn schon, wie du Aaran am besten beibringst, dass du heute gehst?<<
Ich merkte, dass sie sich ihre Enttäuschung darüber nicht anmerken zu lassen versuchte, indem sie ihre Finger ineinander verschränkte und ihren Blick abwand. Lächelnd legte ich ihr meinen schon immer gesunden Arm um die Schulter. Aus irgendeinem Grund traute ich mich nicht wirklich, den anderen Arm so richtig zu bewegen.
>> Na, ich werde es ihm einfach sagen. Was will er denn schon dagegen machen? Ich bin keine Gefangene, die er hierbehalten kann. Wenn ich gehen will, dann muss ich nicht fragen. Ich bin ein freier Mensch.<<
>> Aber warum möchtest du uns denn verlassen? Ich werde didh schrecklich vermissen? Kommst du mich bald wieder besuchen?<<
>> Emma, ich muss etwas Wichtiges tun. Aaran hat es mir eigentlich verboten, aber da ich nun einmal frech bin und immer das mache, was ich für richtig halte, werden wir uns vielleicht sogar schon in ein paar Tagen wiedersehen.<<
Sie strahlte. >> Wirklich? Also hast du gar nicht vor, lange wegzubleiben?<<
>> Ähm...<< Die Zeit hier hatte mir schon ziemlich gefallen, weil ich praktisch die Erzieherin für Aaran spielen durfte und ihn somit oft bis an die Grenze seiner Wut treiben konnte, ohne dass er irgendetwas dagegen machen durfte. Schließlich hatte er mir versprochen sich zu bessern. Wenigstens gab er sich Mühe dabei, obwohl ihm viele Dinge nicht gefielen, wie zum Beispiel das ständige Lächeln, wenn jemand mit ihm sprach, oder auch das Bedanken. Damit hatte er in den letzten paar Wochen die größten
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