Cruel World
nicht auf die Idee kam, gegen seine Regeln hier unten zu verstoßen.
Kopfschüttelnd nahm ich die Gabel in meine Hand und begann zu essen. Sue war wirklich eine ausgezeichnete Köchin. Das konnte man ihr nicht verübeln. Ich kaute wie Rhys das Essen schnell durch, damit wir noch Zeit zum Spielen hatten. Mein kleiner Engel übertrieb es aber ein bisschen und verschluckte sich somit ein paar mal, woraufhin Sue ihm immer wieder einen Schluck des Orangensaftes gab, den er nur widerwillig hinunterschluckte. Am liebsten trank er schließlich Tee. Aaran sorgte immer dafür, dass es davon genug im Küchenschrank gab. Ich fragte mich ab und zu, wie es dazu gekommen war, dass Rhys hier lebte. Hatte Aaran meinen Bruder vor Cooper und dem anderen Vampir, den ich bis heute nicht erkannt habe, gerettet? Oder hatten meine Eltern ihm Rhys noch vor ihrem Tod übergeben? Oder hatte Cooper kein Kleinkind töten wollen und ihn somit Aaran gegeben, damit dieser auf ihn aufpasste? Ein bisschen beneidete ich Rhys schon. Schließlich hatte er hier fast alles, was ein Kind sich wünschen konnte - aber nur fast alles. Denn nach dem Essen, als Sue mit Largiv in die Küche ging und ich mit ihm alleine im Wohnzimmer blieb, da ließ er plötzlich seine Actionfiguren fallen, um gleich darauf auf meinen Schoß zu klettern.
Zalina?
Was hast du, Rhys? fragte ich besorgt und zog ihn sanft an meine Brust. Geht es dir nicht gut?
Einen Augenblick herrschte Stille.
Is vermisse Mama und Papa. seufzte er und schlang die Arme um meinen Hals. Sicherlich gab ihm dies das Gefühl, dass er nicht mit seinem Kummer alleine war. Es gefiel mir ganz und gar nicht ihn so traurig zu sehen, denn als er seinen Kopf hob, um mir in die Augen zu sehen, da fiel mir auf, dass seinewangen nass sind und sich an meinem Pullover bereits ein kleiner Tränenfleck gebildet hat.
Ach, weißt du... Ich überlegte kurz, wie ihm diese Angelegenheit am Besten erklären könnte. Es musste schließlich kindsgerecht sein und ihn nicht weiterhin zum Weinen bringen. ... Mama und Papa sind doch immer bei dir.
Wirtlis? Is sehe sie aber nist.
Lächelnd legte ich meine Hand auf sein Herz. Sie sind dadrin, Rhys. Als Engel. Sie passen immer auf dich auf und falls du eines Tages in Gefahr sein solltest, dann werden sie da sein und dich beschützen.
Er blinzelte ein paar mal benommen, ehe ich seine kleinen Finger auf meiner Handoberfläche spürte.
Is bin also nist allein?
Niemals. sagte ich entschlossen und musste den Kloß, der sich in meinem Hals bildete, unterdrücken. Ich bin da, und Aaran und Sue auch. Vergiss das nicht.
Okay. Seine Mundwinkel zuckten noch immer nach unten, aber wenigstens wischte er sich nun die Augen trocken. Is liebe dis, Zalina.
Kaum hatte er diesen Satz ausgesprochen, da wurde mir auch schon warm ums Herz. Es war ein Wunder, dass er sich mit seinen dreieinhalb Jahren an seine Schwester, die er mehrere Monate nicht gesehen hat, erinnerte. Rhys wusste ganz genau, wer ich bin. Vielleicht funktionierte das Gehirn der unsterblichen Kinder ein bisschen anders. Ich überlegte, wann Rhys wohl aufhören würde zu altern. Aus Aaran hatte ich gestern herausbekommen, dass es bei mir, schon noch bevor ich siebzehn Jahre alt geworden bin, der Fall gewesen ist. Und ich hatte mich immer gewundert, warum ich keine Periode bekam und wieso meine Haare nicht länger wurden. Sie würden bis in alle Ewigkeit kinnlang sein. Ich hatte es jedoch merkwürdig gefunden, dass mein Körper, obwohl ich nicht alterte, dicker und dünner werden konnte, bis Aaran mich daran erinnerte, dass ich momentan ein Mensch bin. Ich schaffte es einfach nicht ihn zu überreden, mir meine Unsterblichkeit wiederzugeben.
Ein kurzer, aber lauter Schrei und der gleich darauf folgende dumpfe Schlag ließen sowohl Rhys, als auch mich, gleichzeitig zusammenzucken.
Ah! Schreiend rannte Largiv plötzlich aus der Kücher hinaus.
Ich schob Rhys vorsichtig von mir hinunter und sprang irritiert auf die Beine. He, was ist passiert?
Kaum hatte ich dies gefragt, da folgte ihm Sue auch schon. Undzwar mit ihrem Besen, den sie normalerweise nur zum Bodenwischen benutzte. Jetzt jedoch hatte sie ihn in die Luft gehoben und versuchte Largiv damit zu schlagen. Dieser lief auf einmal hinter mich und klammerte sich an meinem Oberschenkel fest.
Zum Glück war Aaran nicht hier undkonnte das sehen.
Chalina, nimm ihn ja nicht in Schutz! Die Drohung in Susans Stimme war nicht zu überhören.
Was hat er denn gemacht?
Dieser Kobold ist ein Dieb! rief
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