Crush Gier
das tat, dafür merkte er es umso deutlicher, denn er sah es nur zu gern durch ihre Finger gleiten und auf die Schulter zurückfallen. Wie flüssiger Mondschein , dachte er und rätselte, wann er sich in einen Dichter verwandelt hatte.
Das Kerzenlicht vertiefte das dunkle Schattendreieck unten an ihrer Kehle und betonte die Furche zwischen ihren Brüsten. Den ganzen Abend über hatte er sich redlich bemüht, nicht zu sehen, wie ihr Busen gegen das schwarze Stricktop drückte, doch es gab Dinge, die die menschliche Leidensfähigkeit überstiegen, und dieser Anblick gehörte eindeutig dazu.
Das Essen war sättigend und lecker gewesen. Sein Magen war gefüllt, dafür nagte jetzt ein anderer Hunger an ihm. Er hätte wissen müssen, wie gefährlich es war, sie zu küssen. Das war unnötig gewesen. Einmal zu viel. Ihr kleiner Strandspaziergang im Sonnenuntergang hätte ohne einen Kuss genauso romantisch gewirkt. Mit seinem Kuss hatte er nur eines bewirkt â dass er sich so schmerzlich nach ihr verzehrte, dass es ihn noch umbrachte.
Sie leerte ihr Glas und sah ihn an. »Du starrst mich an.«
»Ich will so viel wie möglich von dir haben.«
»Von mir?«
»Von dir«, wiederholte er. »Von deinem Anblick. Denn sobald das hier überstanden ist, wirst du, wie immer es auch ausgehen
mag, in dein Leben zurückkehren, und daran werde ich keinen Anteil haben. Oder, Rennie?«
Sie schüttelte langsam den Kopf.
»Darum starre ich dich so an.«
Sie schob den Stuhl zurück und nahm ihr Gedeck auf, doch als sie an ihm vorbeiwollte, streckte er die Hand aus und hielt sie am Arm zurück.
»Entspann dich, Rennie. Vielleicht hast du ja Glück. Vielleicht bringt Lozada mich um.«
Sie riss ihren Arm los, trug das Geschirr zur Spüle und lieà ihren Teller klirrend hineinfallen. »Das war gemein.«
»Es würde dich treffen?«
»Natürlich!«
»Ach ja, richtig. Ich vergaÃ, du bist ja eine passionierte Lebensretterin. Was ich eigenartig finde ⦠wo du ständig mit dem Tod flirtest.«
Sie stieà eine Art Lachen aus. »Ich flirte mit dem Tod?«
»Ständig. Du bist waghalsig. Du gehst unnötige Risiken ein.«
»Was zum Teufel redest du da?«
»In keinem deiner beiden Häuser gibt es eine Alarmanlage. Die reinste Idiotie für eine allein lebende Frau. Du reitest ohne Sattel und jagst dein Pferd dabei über Zäune. Eine gefährliche Ãbung, selbst für eine erfahrene Reiterin. Du reist an Orte, an denen der Schnitter Tod Tag für Tag reiche Ernte einfährt. Du flirtest mit ihm, Rennie.«
»Du hast zu viel getrunken.«
Er stand auf und stellte sich neben sie. »Du lebst dein Leben nicht, Rennie, du trotzt ihm.«
»Du hast entweder zu viel getrunken oder einen Knall.«
»Nein, ich habe Recht . Die unabhängige Rennie, so siehst du dich doch gern. Keine Freunde, keine Vertrauten. Nur keine engen Kontakte. Nichts, gar nichts auÃer diesen gottverdammten unsichtbaren Mauern, die du sofort hochfährst, wenn dir jemand zu nahe kommt.
Selbst deine Patienten hältst du auf Distanz. Deshalb hast du dich für die Chirurgie und nicht für eine andere medizinische Fachrichtung entschieden, nicht wahr? Weil deine Patienten immer bewusstlos sind. Du kannst sie operieren, du kannst sie heilen, ohne Gefühle investieren zu müssen.«
In seinem Ohrhörer fragte Peterson: »Hey, Threadgill, ist bei Ihnen alles okay?«
»Er ist dafür berühmt, dass er ausklinkt«, ergänzte Thigpen.
»Ich würde gern wissen, was er zu ihr sagt«, meinte die Polizistin. »Seine Körperhaltung gefällt mir nicht.«
Wick ignorierte sie alle. »Du überschüttest deine Pferde mit Liebe. Ein junger Hund rührt dich zu Tränen. Du trauerst um ein wildes Tier, das du erschieÃen musstest. Aber wenn du mit einem anderen Menschen Hautkontakt hast, tust du entweder so, als hättest du nichts gemerkt, oder du läufst weg.«
»Das ist nicht wahr!«
»Ach nein?«
»Nein.«
»Beweise es.«
Er beugte sich über den Tisch, blies die Kerze aus und tauchte damit die Küche in Dunkelheit. Dann riss er den Ohrhörer aus seinem Ohr, schlang einen Arm um ihre Taille und zog sie an sich.
»Nicht, Wick!«
»Beweise es.« Seine Lippen schwebten über ihren und lieÃen ihr eine letzte Möglichkeit,
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