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Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Titel: Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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Stelle angewiesen, und letztlich hoffte ich wohl auch, dass ich mich geirrt hatte. Als Marian starb, betrank ich mich drei Tage lang. Sie war schon begraben, bevor ich den Leiter der Kinderabteilung fragte, ob er meine Notiz gefunden habe. Man sagte mir, ich solle eine Woche frei nehmen. Weibliche Hysterie.«
    Plötzlich brannte es heiß in meinen Augen, worauf sie meine Hand ergriff.
    »Es tut mir leid, Camille.«
    »Mein Gott, ich bin so wütend.« Tränen liefen mir über die Wangen, und ich wischte sie mit dem Handrücken ab, bis Beverly mir ein Päckchen Taschentücher reichte. »Dass es überhaupt passiert ist. Dass ich so lange gebraucht habe, um es herauszufinden.«
    »Liebes, sie ist doch Ihre Mutter. Es muss furchtbar sein, sich damit auseinanderzusetzen. Immerhin sieht es danach aus, als würde endlich der Gerechtigkeit Genüge getan. Wie lange arbeitet dieser Detective schon an dem Fall?«
    »Der Detective?«
    »Willis, oder? Gutaussehender Bursche. Und schlau. Er hat sich jede einzelne Seite aus Marians Akten kopiert und mich ewig lange befragt. Ich habe mir den Mund fusselig geredet. Er erwähnte nicht, dass noch ein anderes Mädchen betroffen ist, sagte aber, mit Ihnen sei alles in Ordnung. Ich glaube, er mag sie – wurde ganz verlegen, als er Sie erwähnte.«
    Ich hörte auf zu weinen, knüllte die Taschentücher zusammen und warf sie in den Papierkorb. Ich bedankte mich bei Beverly und ging hinaus, aufgewühlt und mit dem starken Drang, den blauen Himmel zu sehen.
    Am Aufzug holte Beverly mich ein und ergriff meine Hände. Sie waren kühl. »Holen Sie Ihre Schwester aus diesem Haus weg, Camille. Sie ist dort nicht sicher.«
     
    An der Ausfahrt  5 zwischen Woodberry und Wind Gap gab es eine Motorradfahrerkneipe, in der man gekühlte Sixpacks bekam. Als ich auf der Highschool war, ging ich oft hin, weil sie nicht nach dem Ausweis fragten. Neben der Dartscheibe hing ein Münztelefon. Ich schnappte mir eine Handvoll Vierteldollarmünzen und rief Curry an. Eileen ging ran, sie klang wie immer sanft und unerschütterlich wie ein Berg. Ich brachte nur meinen Namen heraus und schluchzte los.
    »Camille, Liebes, was ist passiert? Alles okay? Natürlich nicht. Es tut mir so leid. Frank hätte dich nach deinem letzten Anruf da wegholen sollen. Was ist denn nur los?«
    Ich schluchzte weiter, fand keine Worte. Ein Pfeil traf mit einem dumpfen Laut die Scheibe.
    »Du … tust dir doch nicht weh, oder? Camille? Liebes, du machst mir Angst.«
    »Meine Mutter …« sagte ich, bevor ich wieder zusammenbrach. Mein ganzer Körper bebte vor Schluchzen, es stieg tief aus meinem Bauch empor, ich krümmte mich förmlich zusammen.
    »Deine Mutter? Ist alles in Ordnung mit ihr?«
    »Neiiiin.« Ein lang gezogenes Geheul wie bei einem Kind. Eileen hielt den Hörer zu, doch ich vernahm ihr eindringliches Murmeln, die Worte
etwas ist passiert … etwas Furchtbares,
kurzes Schweigen, Glas zerbrach. Curry war wohl zu rasch aufgestanden und hatte sein Whiskyglas fallen lassen.
    »Camille, rede mit mir, sag mir, was los ist.« Er klang schroff, ich zuckte zusammen, als rüttelte er mich mit beiden Armen.
    »Ich weiß, wer es war«, zischte ich. »Ich weiß es.«
    »Kein Grund zu weinen, Kleines. Hat die Polizei schon jemanden verhaftet?«
    »Noch nicht. Ich weiß, wer es getan hat.« Ein dumpfes Plopp an der Scheibe.
    »Wer, Camille? Rede mit mir.«
    Ich drückte den Hörer an den Mund und flüsterte: »Meine Mutter.«
    »Wer? Camille, du musst lauter sprechen. Bist du in einer Kneipe?«
    »Meine Mutter war es«, keuchte ich ins Telefon.
    Das Schweigen dauerte zu lange. »Camille, du stehst unter Stress. Es war falsch von mir, dich so früh dort hinzuschicken. Also, du fährst sofort zum nächsten Flughafen und kommst her. Lass deine Sachen und den Wagen da und komm einfach nach Hause. Alles andere regeln wir später. Kauf das Ticket, ich gebe dir das Geld, wenn du hier bist. Aber du musst unbedingt nach Hause kommen.«
    Nach Hause nach Hause nach Hause
, als wollte er mich hypnotisieren.
    »Ich werde niemals ein Zuhause haben«, wimmerte ich und begann wieder zu schluchzen. »Ich muss mich darum kümmern, Curry.« Und hängte ein.
     
    Ich trieb Richard bei Gritty’s auf, wo er spät zu Abend aß. Er schaute sich gerade Zeitungsausschnitte aus Philadelphia an, in denen es um Natalies Scherenattacke ging. Er nickte grimmig, als ich mich ihm gegenübersetzte, blickte auf seine ölige Maisgrütze und betrachtete wieder mein

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