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Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition)

Titel: Cry Baby - Scharfe Schnitte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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langen Reihen vorwärts bewegten und das Unterholz mit Stöcken abtasteten.
    »Hallo? Gibt’s was Neues?«, rief ein Mann mit Bierbauch, der ganz in meiner Nähe stand. Ich verließ den Pfad und ging zu ihm hinüber.
    »Kann ich helfen?« Ich war noch nicht so weit, dass ich einfach das Notizbuch zücken konnte.
    »Sie können hier neben mir gehen«, sagte er. »Helfer können wir immer gebrauchen. Je mehr Augen, desto besser.« Ein paar Minuten schritten wir schweigend nebeneinander. Der Mann räusperte sich bisweilen mit einem feuchten, kollernden Husten.
    »Manchmal denke ich, wir sollten den Wald einfach niederbrennen«, sagte er unvermittelt. »Hier passiert nichts Gutes. Sind Sie mit den Keenes befreundet?«
    »Eigentlich bin ich von der Zeitung.
Chicago Daily Post.
«
    »Hm … Na so was. Und Sie schreiben über das hier?«
    Plötzlich erscholl ein lautes Heulen, ein Mädchen schrie: »Natalie!« Meine Hände schwitzten, als wir auf den Schrei zurannten. Menschen taumelten uns entgegen. Ein junges Mädchen mit weißblondem Haar stieß uns beiseite, das Gesicht rot und geschwollen. Es wankte wie betrunken und brüllte immer wieder Natalies Namen zum Himmel empor. Ein älterer Mann, vielleicht der Vater, nahm sie in die Arme und führte sie zurück zur Straße.
    »Hat man sie gefunden?«, rief mein Suchpartner.
    Allgemeines Kopfschütteln. »Hat sich wohl nur erschrocken«, meinte ein anderer Mann. »War zu viel für sie. Mädchen sollten hier sowieso nicht mitmachen.« Er schaute mich nachdrücklich an, nahm die Baseballkappe ab, um sich die Stirn abzuwischen, und blickte wieder zu Boden.
    »Traurige Arbeit«, meinte mein Partner. »Traurige Zeiten.« Wir bewegten uns langsam vorwärts. Ich trat eine verrostete Bierdose beiseite. Und noch eine. Ein einzelner Vogel flog auf Augenhöhe vorüber und stieß steil nach oben in die Wipfel. Ein Grashüpfer landete auf meinem Handgelenk. Ein unheimlicher Zauber.
    »Würden Sie mir etwas über die Sache erzählen?« Ich winkte mit meinem Notizbuch.
    »Wüsste nicht, was ich Ihnen sagen soll.«
    »Nur was Sie so denken. Zwei Mädchen in einer Kleinstadt …«
    »Niemand weiß, ob das eine mit dem anderen zu tun hat, oder? Außer Sie wissen mehr als ich. Wir gehen davon aus, dass Natalie putzmunter wieder auftaucht. Ist ja noch keine zwei Tage her.«
    »Gibt es irgendwelche Theorien über Ann?«
    »Muss ein Verrückter gewesen sein. Ein Typ auf der Durchreise, der seine Pillen nicht genommen hat oder der Stimmen hört. So in der Art.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    Er blieb stehen, holte ein Päckchen Kautabak aus der Gesäßtasche, schob sich einen dicken Priem in den Mund und kaute, bis der erste kleine Riss den Tabak freisetzte. Mein eigener Mund prickelte vor Mitgefühl.
    »Warum sonst sollte jemand einem toten Mädchen alle Zähne ziehen?«
    »Er hat ihr die Zähne gezogen?«
    »Alle, bis auf den hinteren Teil eines Milchbackenzahns.«
     
    Nach einer weiteren ergebnislosen Stunde, in der ich wenig Neues erfuhr, trennte ich mich von meinem Suchpartner Ronald Kamens und ging nach Süden zu der Stelle, an der man im letzten Jahr Anns Leiche gefunden hatte. Es dauerte eine Viertelstunde, bis Natalies Name verklungen war. Weitere zehn Minuten, und ich konnte das helle Rauschen des Falls Creek hören.
    Ein Kind durch diesen Wald zu tragen wäre nicht leicht. Äste und Laub lagen auf dem Weg, Wurzeln ragten aus dem Boden. Falls Ann ein typisches Mädchen aus Wind Gap gewesen war, einer Stadt, die von ihren Frauen größtmögliche Weiblichkeit verlangte, hatte sie ihr Haar lang und offen getragen, so dass es sich in den Zweigen verfangen hätte. Für mich sah jede Spinnwebe aus wie eine schimmernde Strähne.
    Dort, wo man die Leiche entdeckt hatte, war das Gras noch flachgedrückt von der Spurensuche. Ich sah ein paar frischere Zigarettenkippen, die Neugierige hinterlassen hatten. Gelangweilte Jugendliche, die einander mit einem Verrückten erschreckten, der eine Spur aus blutigen Zähnen hinterließ.
    Im Bach hatten große Steine gelegen, an denen sich die Wäscheleine verfangen hatte, so dass Ann die halbe Nacht wie eine Gehenkte im Wasser trieb. Nun floss der Bach geschmeidig in seinem Bett aus Sand. Mr. Ronald Kamens hatte mir stolz erzählt, dass die Leute von Wind Gap die Steine herausgehebelt, auf einen Laster geladen und draußen vor der Stadt zerschlagen hatten. Ein ergreifendes Glaubensbekenntnis, als könnte dieser Akt der Zerstörung weiteres Unheil

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