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Cry - Meine Rache Ist Dein Tod

Cry - Meine Rache Ist Dein Tod

Titel: Cry - Meine Rache Ist Dein Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
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das Gefühl der Gelassenheit einer nervösen Unruhe gewichen.
    Sie wusste, warum.
    Terrence Renner war tot.
    Mit einem Messer ermordet von einer armen Seele, wenn den Zeitungsberichten zu glauben war. Schwester Rebecca hatte Renner in der Zeit, als er im Krankenhaus arbeitete, gut gekannt. Ein arroganter Mann, der selbst gegen seine Dämonen zu kämpfen hatte, aber dass er ermordet wurde, brutal abgeschlachtet …
    Die Oberin blickte zu dem Kruzifix auf, sah das entrückte Gesicht Jesu und die blutige Dornenkrone, bekreuzigte sich noch einmal und ließ sich dann in einer Bank nieder. Sie betete, erforschte ihre Seele und spürte, wie eine Dunkelheit in ihr Inneres eindrang. Es hatte einmal eine Zeit gegeben, da glaubte sie, alles Böse läge hinter ihr, die alte Klinik würde verkauft und abgerissen werden, um durch eine moderne Einrichtung für betreutes Wohnen ersetzt zu werden. In ihrer Naivität hatte sie gehofft, die Skandale und Geheimnisse, die den Fluren der alten Anstalt anhafteten, würden mit dem Gemäuer selbst vergehen, würden nie gelüftet werden.
    Doch dann war alles anders gekommen, denn die Polizei hatte den Abriss des Krankenhauses auf ungewisse Zeit hinausgeschoben. Wegen all der ungeklärten Fragen um Faith Chastain. Dabei war die arme, gepeinigte Frau doch schon seit zwanzig Jahren tot.
    »Herr, vergib mir«, flüsterte Schwester Rebecca.
    In der Stille der Nacht hörte sie die Glocke zur vollen Stunde schlagen.
    Mitternacht.
    Es gab keinen Grund zu zaudern. Sie sollte die Kapelle verlassen und ihre Räumlichkeiten aufsuchen, auch wenn sie wusste, dass sie wieder einmal keinen Schlaf finden würde.
    Das ist die Folge eines schlechten Gewissens,
erinnerte sie sich. Seit der letzten Mordserie war nicht einmal ein Jahr vergangen. Der Mörder, der jene abscheulichen Verbrechen begangen hatte, war durch diese heiligen Hallen geschritten.
    Nachdem er gestellt worden war, hatte Schwester Rebecca gehofft, endlich wieder Frieden zu finden. Frei zu sein vom Schmerz der Vergangenheit.
    Doch natürlich hatte sich das als unmöglich erwiesen.
    Ja, die Polizei war irgendwann wieder abgezogen, doch der Ruf des Our Lady of Virtues blieb besudelt. Reste von Absperrband flatterten noch im Wind, wie zur Mahnung an die Greuel, die auf dem Klinikgelände geschehen waren. Vor allem jedoch blieben die Erinnerungen.
    Schwester Rebecca hatte darum gebetet, der Skandal möge endlich ein Ende haben, doch tief im Herzen wusste sie, dass es nie dazu kommen würde. Und diese neuerlichen Morde – nicht nur an Dr. Renner, sondern auch an Royal Kajak, die beide zum Our Lady of Virtues gehört hatten – ließen jetzt ihre schlimmsten Ängste Wirklichkeit werden.
    Sie schauderte, von einer plötzlichen Vorahnung gestreift. Ihr war bewusst, dass die Schreckensherrschaft, die alle im Umfeld der verfallenden Anstalt fest im Griff hatte, noch lange nicht zu Ende war. Die letzten paar Monate waren nur eine Atempause gewesen, eine kurze Zeit des Friedens, um alle Beteiligten einzulullen; die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm.
    Und nun hatten zwei brutale Morde diesen trügerischen Frieden durchbrochen.
    Ein neues Übel war auf dem Vormarsch, wahrscheinlich noch schlimmer als das vorige.
    »Gott steh uns bei«, flüsterte die Nonne, und ihr wurde kalt bis ins Mark.
    Sollte sie zur Polizei gehen?
    Aussagen, was sie wusste? Das Geheimnis enthüllen, das sie seit drei langen Jahrzehnten mit sich herumtrug?
    Gott würde ihr den Weg weisen. Sie musste beten, sich Ihm anvertrauen.
    »Herr, bitte zeige mir den Weg«, flüsterte sie und beugte das Knie, bevor sie die Kapelle verließ und durch den Kreuzgang zurückging. Als sie unter dem Überbau hindurchschritt und das Krächzen einer Krähe hörte, sagte sie sich, es sei
kein
böses Omen,
kein
Vorbote Luzifers. Von solchen Albernheiten hielt sie nichts; ihr Glaube war viel zu stark.
    Doch als sie an dem Brunnen vorbeikam, meinte sie das Scharren von Leder auf Pflastersteinen zu hören. Schritte.
    Um diese Zeit?
    Ausgeschlossen.
    Ihre Phantasie ging mit ihr durch. Sie ließ sich von ihrer Angst beherrschen.
    Trotzdem begann ihr Herz zu rasen, sie warf einen Blick über die Schulter zurück und starrte forschend in die Schatten, die das blasse Mondlicht nicht erhellte.
    Nichts.
    Entschlossen ging sie weiter, murmelte ein vertrautes Gebet und beschleunigte ihren Schritt wie schon seit zehn Jahren nicht mehr. »Vater unser im Himmel …«
    Wieder dieses verräterische Scharren einer

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