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Cry - Meine Rache Ist Dein Tod

Cry - Meine Rache Ist Dein Tod

Titel: Cry - Meine Rache Ist Dein Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
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nicht gewachsen.
    Nicht darüber nachdenken. Alles wird gut. Wenn du nur erst zu Hause bist.
    Sie schloss die Augen.
Zu Hause.
Eine Ewigkeit schien vergangen zu sein, seit sie zuletzt die vertrauten Stufen zu dem viktorianischen Haus im Garden District hinaufgestiegen war. Sie sah den steilen Giebel vor sich, die Sprossenfenster, das zierliche Schnitzwerk und das Türmchen … Himmel, sie liebte dieses Türmchen. Nana hatte das Turmzimmer immer als ›Eves kleinen Garten Eden‹ bezeichnet. Wenn sie von dort aus über die Dächer und Bäume hinwegschaute, hatte sie das Gefühl, die ganze Welt überblicken zu können.
    Klirr!
Jemand hatte ein Tablett mit Gläsern fallen lassen, die lautstark zu Bruch gingen.
    Eve wäre beinahe aus der Nische gesprungen. Ihr Herz schlug schneller, und sie blinzelte mehrmals rasch, doch die Erinnerungsfetzen strömten unaufhaltsam auf sie ein. Sie sah sich wieder in der dunklen Hütte stehen, sah die Stichflamme aus dem Pistolenlauf, splitterndes Glas und Coles hartes Gesicht, das sie böse anstarrte. Als sie die Augen niederschlug, stellte sie fest, dass sie die Hände unwillkürlich zu Fäusten geballt hatte. Ihr Atem ging flach und schnell. Langsam öffnete sie die Hände wieder und zählte bis zehn. Es war nur ein Missgeschick gewesen. Schon kam ein Lehrling mit Besen und Kehrschaufel um die Ecke, während ein Mädchen, kaum älter als sechzehn, sich mit hochrotem Kopf für ihre Ungeschicklichkeit entschuldigte.
    Erschrick nicht dauernd vor deinem eigenen Schatten,
ermahnte Eve sich stumm und sah aus dem Fenster. Das Unwetter tobte noch immer unvermindert, heftiger Regen prasselte gegen die Scheibe und nahm ihr die Sicht. Ihr Handy klingelte. Sie fuhr so heftig zusammen, dass sie sich die Knie an der Tischkante stieß.
    »Verdammt.«
    Dr. Byrd hat recht: Du bist nicht ganz richtig im Kopf.
    Während Eve das Handy aus der Tasche zog, ging sie in den Eingangsbereich hinüber, um ungestört sprechen zu können. Im Display stand Anna Marias Nummer. »Hallo«, meldete sich Eve, und allmählich beruhigte sich ihr Herzschlag wieder.
    »Wo bist du gerade?«, wollte ihre Schwägerin wissen.
    »Kurz vor Mobile.«
    »Hast du es schon gehört?«
    »Was denn?«
    »Cole ist heute entlassen worden. Wie ich es dir gesagt habe. Sämtliche Anklagepunkte wurden fallengelassen.«
    Eves Magen krampfte sich zusammen. »Uns war doch klar, dass es so kommen würde.«
    »Aber ausgerechnet an dem Tag, an dem du nach New Orleans zurückfährst? Kann das Zufall sein? Eve, es ist ein böses Zeichen, ich schwör’s dir. Ich weiß, du glaubst nicht an so etwas, aber ich sage dir, hier sind Kräfte am Werk, die wir nicht begreifen. Es sei denn, du wusstest davon und wolltest deshalb unbedingt gerade heute nach Hause fahren.«
    Eve hörte den vorwurfsvollen Unterton ihrer Schwägerin. »Ich hatte keine Ahnung«, beteuerte sie wahrheitsgemäß.
    »Sie haben es in den Nachrichten gebracht«, berichtete Anna, »aber ich dachte mir, wenn du das Radio nicht eingeschaltet hast, kannst du es noch nicht erfahren haben. Und wie sagt man doch: Gefahr erkannt, Gefahr gebannt.«
    »Danke für die Warnung.«
    »Der Mann
ist
eine Gefahr für dich, Eve. Das weißt du so gut wie ich. Wenn nicht körperlich, dann zumindest emotional.«
    »Ich bin fertig mit ihm, Anna. Ich dachte, darüber wären wir uns einig.«
    »Ja, sicher.«
    »Es ist mein Ernst. Wenn jemand eine Pistole auf dich richtet, sind sentimentale Gefühle ganz schnell verflogen.«
    »Gut«, sagte Anna, doch sie wirkte nicht recht überzeugt. »Denk daran und pass auf dich auf. Und wenn du doch lieber wieder zu uns zurückkommen möchtest, bist du hier jederzeit willkommen.«
    »Danke, ich werde darüber nachdenken.« Doch das war geschwindelt. Sie fuhr nach Hause, basta. Eve beendete das Gespräch, entschlossen, sich durch die Aussicht auf eine Begegnung mit Cole nicht einschüchtern zu lassen. Doch als sie wieder in den Gastraum trat, ging sie nicht gleich zu ihrer Nische zurück, sondern in entgegengesetzter Richtung durch einen dunklen Flur und an einem Zigarettenautomaten vorbei zur Bar, in der ein paar Männer am Tresen saßen und Bier tranken. Ein Bursche von Anfang zwanzig mit tätowierten Unterarmen spielte allein eine Trainingsrunde Billard, und in den Fernsehern über der Bar liefen Sportsendungen. Kein Bild von Cole Dennis, wie er in Begleitung seines hochkarätigen Anwalts das Polizeirevier verließ, »Kein Kommentar« sagte und den Spießrutenlauf

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