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Cry - Meine Rache Ist Dein Tod

Cry - Meine Rache Ist Dein Tod

Titel: Cry - Meine Rache Ist Dein Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
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und griff mit der anderen Hand nach seinem Drink. »Ich … habe Kopfschmerzen. Das geht vorbei.« Doch die schmelzenden Eiswürfel in seinem Glas klimperten, und Eve entging nicht, dass seine Hand zitterte. Auch die Schweißperlen unter dem Ansatz seines schütter werdenden Haars waren ungewöhnlich für ihn, selbst an einem so heißen Tag.
    »Es ist also nichts Ernstes?«
    »Natürlich nicht.« Das Lächeln ihres Vaters wirkte falsch.
    Ihr Blick wanderte zurück zu Cole. Jede Spur von Belustigung war aus seinen markanten Zügen und den tiefliegenden Augen gewichen, alle Lässigkeit verschwunden; in einem Sekundenbruchteil schien er sich in eine andere Persönlichkeit verwandelt zu haben. Eve sprach die Frage nicht aus, aber sie hing dennoch in der Luft.
    »Ihr Vater ist unschuldig«, versicherte Cole. »Keine Sorge.«
    »Unschuldig woran?«
    »Sie werfen mir nur einen kleinen Kunstfehler vor«, brummte Terrence Renner und trank einen Schluck.
    »Ich verstehe nicht.«
    Die beiden Männer wechselten einen raschen Blick, dann nickte Eves Vater Cole knapp zu und ging mit seinem inzwischen leeren Glas zu einem Servierwagen, auf dem neben einem Eiskübel eine Flasche Crown Royal Whiskey stand.
    »Zivilklage. Tod durch Unterlassen«, erklärte Cole.
    Mit einem Schlag begriff Eve. »Es geht wieder um Tracy Aliota, nicht wahr? Ich dachte, die Ermittlungen hätten ergeben, dass du für ihren Tod nicht verantwortlich warst. Es hieß doch, du hättest ihren Selbstmord nicht voraussehen können und die Entlassung aus dem Krankenhaus sei das normale Vorgehen gewesen.« Sie starrte auf den Rücken ihres Vaters, sah durch das feine Seidenhemd, wie er die Schultern hängen ließ, während er einen »Schluck« der bernsteinfarbenen Flüssigkeit in sein Glas goss.
    Cole ergriff das Wort. »Dies ist eine andere Angelegenheit. Die Familie hat die Klage angestrengt. Es geht nicht um fahrlässige Tötung oder …«
    »Ich
kenne
den Unterschied!«, fuhr sie ihn an. Das Blut war ihr ins Gesicht geschossen. Die Wut und die Angst, die sie verfolgten, seit sie erfahren hatte, dass eine der Patientinnen ihres Vaters sich mit einer Überdosis Tabletten das Leben genommen hatte, brachen mit aller Macht erneut über sie herein. Tracy Aliota war seit ihrem ersten Selbstmordversuch im Alter von dreizehn Jahren bei Dr. Terrence Renner in Behandlung gewesen.
    »Aber wie … Wie kann
die Familie
das tun? Ich meine, juristisch gesehen?«
    »Wenn sie einen Anwalt finden, der bereit ist, den Fall zu übernehmen … dann steht dem nichts im Weg«, sagte Cole.
    Eve schloss die Augen, hörte das Sirren der Mücken, halb übertönt vom Rumpeln eines Traktors auf einem nahen Feld. Hier schien alles so wunderbar einfach und verschlafen. Doch der Schein trog. »Verdammt«, flüsterte sie.
    Als sie die Augen wieder aufschlug, starrte Cole sie an.
    »Alles in Ordnung?«
    Nichts ist in Ordnung!
»Ja, sicher«, erwiderte sie mit gepresster Stimme.
    »Es wird schon werden.« Ihr Vater ließ den Whiskey im Glas kreisen; die Eiswürfel tanzten im Licht der Spätnachmittagssonne. Seine Stimme klang matt, entbehrte jeglicher Überzeugung.
    »Ist das wahr?« Eve wandte sich erneut an Cole, der an das Verandageländer gelehnt dastand. Terrence hielt die Flasche Crown Royal hoch und sah seinen Gast fragend an.
    Cole schüttelte den Kopf. »Nein, danke.«
    »Ich habe gefragt, ob wirklich alles wieder gut wird«, beharrte Eve.
    »Ich werde mein Möglichstes tun.« Wieder klang der leichte Texas-Akzent durch.
    »Und, sind Sie gut?«
    Der Hauch eines Lächelns umspielte seine Mundwinkel. Unter der abgetragenen Levi’s, dem schäbigen T-Shirt und der Südstaaten-Mentalität verbarg sich offenbar ein ziemlich dreister Bursche.
    »Er ist der beste Anwalt, den man für Geld bekommen kann«, sagte ihr Vater.
    Eve sah Cole direkt an. »Stimmt das?«
    »Ich hoffe es.« Sah sie ein leises Zwinkern in diesen tiefliegenden Augen? Etwas Neckisches, fast, als wollte er mit ihr flirten …
    Sie pfiff nach dem Hund, nahm ihre Reisetasche und öffnete die Insektenschutztür. »Nun, das werden wir ja sehen.«
    Und sie sah es. In einem mit dunklem Holz vertäfelten Gerichtssaal in Louisiana, in dem Deckenventilatoren gegen die Hitze und Richter Remmy Mathias, ein hünenhafter Afroamerikaner mit beginnender Glatze und einer Brille auf der Nasenspitze, gegen eine Sommergrippe kämpften, nahm die Verhandlung ihren Lauf. Cole Dennis, der schäbige Möchtegern-Anwalt, hatte sich in einen

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