Cry - Meine Rache Ist Dein Tod
draußen spähen konnte, und sah einen Mann auf der Veranda – einen großen Mann, dessen Gesicht im Dunkeln nicht zu erkennen war. Ein leiser Aufschrei entfuhr ihr.
»Wer ist da?«, fragte sie mit gepresster Stimme, den Revolver fest in der Hand. Sie richtete die Waffe durch die Scheibe auf den Eindringling, als beabsichtigte sie zu schießen, und schaltete mit der freien Hand die Außenbeleuchtung ein.
Die trübe, flackernde Glühbirne warf nur einen matten, wässrig blauen Schein auf die Veranda, doch das genügte, damit sie den Mann vor der Tür erkennen konnte.
Auf ihrer Veranda stand Cole Dennis in voller Lebensgröße.
[home]
9.
E ve richtete die Waffe auf seine Brust, ohne mit der Wimper zu zucken. Als hätte sie tatsächlich die Absicht, ihm eine Kugel in sein schwarzes Herz zu jagen.
Cole sah sie durch die Scheibe an und erstarrte. Langsam hob er die Hände, um ihr zu zeigen, dass er unbewaffnet war. »Eve, ich bin’s!«, rief er durch die geschlossene Tür.
»Was zum Teufel willst du?«, fragte sie und ärgerte sich selbst, dass sie die Angst in ihrer Stimme nicht unterdrücken konnte.
»Ich wusste nicht, dass du hier bist.«
»Warum hämmerst du dann mitten in der Nacht an die Tür?« Sie war wütend auf ihn, ihr Herz raste, ihr Verstand befahl ihr, die Polizei zu rufen.
Vergiss nicht, was er dir angetan hat! Vergiss nicht, er hat auf dich geschossen, damals in Roys Hütte. Er wollte dich umbringen, Eve!
Im Obergeschoss des Nachbarhauses ging Licht an.
Verdammt, sie machten eine Szene. Das hätte Eve gerade noch gefehlt. Von Skandalen hatte sie für den Rest ihres Lebens genug.
»Ich muss mit dir reden«, sagte Cole.
Jetzt wurde auch in Mrs Endicotts Haus ein Fenster hell. Eve fluchte leise – wenn sie nicht wollte, dass die gesamte Nachbarschaft erfuhr, was los war, und womöglich sogar jemand die Polizei rief, musste sie Cole ins Haus lassen.
Widerstrebend entriegelte sie die Tür und öffnete sie. Jetzt trennte sie beide nur noch das dünne Gitter der Fliegentür. »Also gut, sag, was du mir zu sagen hast, aber leise. Und dann geh.«
Cole senkte die Stimme. »Ich wusste wirklich nicht, dass du hier bist. Ich bin gerade erst aus dem …«
»Ich weiß. Es war in den Nachrichten.«
»Und als ich hier vorbeikam, habe ich deinen Wagen gesehen.«
»Und hast beschlossen, mich um halb drei morgens aus dem Schlaf zu reißen?«, zischte sie höhnisch. Was um alles in der Welt wollte er hier?
Bestimmt nichts Gutes.
Er zögerte, ließ die Hände sinken und nickte.
»Warum?«
»Du solltest mich lieber ins Haus lassen.«
»Ausgeschlossen.« Eve schüttelte nachdrücklich den Kopf.
»Eve, bitte. Die Sache ist ernst.«
»Was du nicht sagst!« Sie starrte ihn an, und es kostete sie äußerste Anstrengung, ihre Gefühle zu unterdrücken. Vor drei Monaten hatte er eine Waffe auf sie gerichtet, sie hatte es mit eigenen Augen gesehen. Er hatte tatsächlich auf sie geschossen, hätte sie beinahe getötet.
Cole sprach jetzt noch leiser. »Eve, es ist mein Ernst. Ich muss mit dir reden.«
»Du wirst keinen Fuß mehr über meine Schwelle setzen, um nichts in der Welt. Es ist vorbei, Cole. Kapiert? Vorbei!« Während sie noch immer den Revolver ihres Großvaters auf seine Brust richtete, zog sie mit der anderen Hand das Handy aus der Tasche ihres Bademantels und hielt es hoch. Himmel, wie idiotisch von ihr, dass sie diesen Mann so heiß geliebt hatte. Wie blind sie doch gewesen war. »Ich rufe die Polizei.«
»Großartig.« Er furchte die Stirn, presste die Lippen zusammen und murmelte etwas Unverständliches. Dann sagte er: »Na los, tu’s doch.«
»Glaubst du etwa, ich bluffe?« Ohne ihn aus den Augen zu lassen, begann sie mit dem Daumen die Tasten zu drücken.
»Ich glaube, du weißt nicht, was du tust.«
»Schön, Cole. So sammelst du Punkte.«
»Immer noch besser, als mit einer Waffe zu drohen.«
»Das musst ausgerechnet du sagen!«
»Verdammt noch mal, Eve, ich bin doch nicht zum Spaß hergekommen!« Er machte einen Schritt auf die Tür zu. Durch das Insektengitter hindurch erkannte sie im schwachen Licht, wie müde er aussah; die Krähenfüße an seinen Augenwinkeln hatten sich tief in die Haut gegraben, Kinn und Wangen waren dunkel von Bartschatten. »Hör mich an.«
»Damit du mich wieder belügen kannst?«
»Ich habe nicht auf dich geschossen«, verteidigte er sich ärgerlich, und seine blauen Augen sahen sie so ernst an, dass sie ihm instinktiv vertrauen wollte. Doch sie
Weitere Kostenlose Bücher