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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Kinakuta regeln wird.«
    »Ich glaub’s nicht!«, entfährt es John Cantrell, der von Ehrfurcht ergriffen ist.
    »Eine Gratisaktie für den Mann im schwarzen Hut!«, ruft Avi aus. »John hat Avis Geheimplan durchschaut. John, würdest du ihn deinen Mitbewerbern bitte erklären?«
    John nimmt seinen Hut ab und fährt sich mit der Hand durch sein langes Haar. Dann setzt er den Hut wieder auf und stößt einen Seufzer aus. »Avi schlägt vor, einen Datenhafen zu errichten«, sagt er.
    Ein leises Murmeln der Bewunderung geht durch den Raum. Avi wartet, bis es sich gelegt hat, und fügt hinzu: »Kleine Korrektur: Der Sultan errichtet den Datenhafen. Ich schlage vor, ihn zu Geld zu machen.«

Ultra
    In die Schlacht zieht Lawrence Pritchard Waterhouse bewaffnet mit einem Drittelbogen britischem Schreibmaschinenpapier, auf den ein paar Worte getippt sind, die den Wisch als Passierschein für Bletchley Park kennzeichnen. Mit blauschwarzer Upperclass-Offizierstinte sind sein Name und noch anderes darauf gekritzelt, die Worte ALLE ABTEILUNGEN umkringelt und ein zu einem roten Hurenkuss verwischter Stempel draufgeknallt worden, der dank seiner schieren Achtlosigkeit mehr Autorität und Macht vermittelt als die vordergründige Akkuratesse des Fälschers.
    Er gelangt um das Herrenhaus herum in die schmale Gasse, die zwischen diesem und der Reihe roter Ziegelsteingaragen (oder, wie seine Großeltern vermuten würden, Stallungen) verläuft. Er findet das einen sehr angenehmen Ort zum Rauchen. Die Gasse wird von Bäumen gesäumt, die als dichte Hecke gepflanzt sind. Die Sonne geht gerade unter. Sie steht noch immer so hoch, dass sie durch jede kleine Bresche im Verteidigungsring des Horizonts angreifen kann, und so treffen Lawrence immer wieder unversehens dünne rote Strahlen ins Auge, während er hin und her spaziert. Einer, das weiß er, leuchtet unsichtbar durch die klare Luft mehrere Meter über ihm, denn er verrät eine Antenne: einen Kupferdraht, der von der Wand des Herrenhauses zu einer nahebei stehenden Zypresse gespannt ist. Das Licht fängt sich auf genau die gleiche Weise darin wie in dem Strang des Spinnenetzes, mit dem Waterhouse seinerzeit gespielt hat.
    Die Sonne wird bald untergegangen sein; in Berlin, wie im größten Teil des Höllenreiches, das Hitler von Calais bis an die Wolga errichtet hat, ist sie schon untergegangen. Zeit für die Funker, mit ihrer Arbeit zu beginnen. Radiowellen gehen im Allgemeinen nicht um Ecken herum. Das kann wirklich lästig sein, wenn man vorhat, die Welt zu erobern, die dummerweise rund ist, sodass die aktivsten militärischen Einheiten allesamt jenseits des Horizonts operieren. Wenn man allerdings Kurzwellen verwendet, kann man die Meldungen von der Ionosphäre reflektieren lassen. Das funktioniert sehr viel besser, wenn die Sonne nicht am Himmel steht und die Atmosphäre mit Breitbandrauschen überschwemmt. Deshalb sind Funker und die Leute, die sie belauschen (von den Briten Y Service genannt), nachtaktive Geschöpfe.
    Wie Waterhouse gerade beobachtet hat, verfügt das Herrenhaus über ein, zwei Antennen. Aber Bletchley Park ist eine riesige, gefräßige Spinne, die, um sich zu ernähren, ein Netz von der Größe eines ganzes Landes braucht. Die schwarzen Kabel, die sich an den Wänden emporranken, und der Geruch und das Zischen der zahlreichen Fernschreiber haben ihm genügend Beweise dafür geliefert, dass das Netz wenigstens zum Teil aus Kupferdrähten besteht. Ein anderer Teil des Netzes ist aus gröberen Materialien wie Beton und Asphalt gemacht.
    Das Tor schwingt auf und ein Mann auf einem grünen Motorrad, dessen zwei Zylinder laut kollern, biegt schwungvoll in die Gasse ein und der Lärm sticht Waterhouse in die Nase, als er vorbeifährt.Waterhouse folgt ihm ein Stück, verliert jedoch nach ungefähr hundert Metern seine Spur. Das macht nichts; es werden bald noch mehr kommen, während das Nervensystem der Wehrmacht erwacht und seine Signale vom Y Service aufgefangen werden.
    Der Motorradfahrer ist durch ein malerisches kleines Tor gefahren, das zwei alte Gebäude miteinander verbindet. Es wird von einer winzigen Kuppel mit einer Wetterfahne und einer Uhr gekrönt. Waterhouse geht hindurch und findet sich auf einem kleinen Hof wieder, der offenbar auf die Zeit zurückgeht, in der Bletchley Park ein wertvolles Gehöft war. Links setzt sich die Reihe der Stallungen fort. Das mit Vogelkot befleckte Dach wird von kleinen Giebeln durchbrochen. Das Gebäude zittert förmlich

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