Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
Vom Netzwerk:
und dabei geht auf dem Doppelstrahl aus schwarzem Licht, der aus seinen Augen schießt, irgendeine sonderbare Botschaft von dem Handy-Mann auf ihn über.
    Randy wird klar, dass er und die anderen von der Epiphyte(2) Corp. unter Diebe gefallen sind.

Hüpfen
    Es ist ein heißer, wolkenverhangener Tag in der Bismarck-See, als Goto Dengo den Krieg verliert. Die amerikanischen Bomber fliegen tief und in gleich bleibender Höhe an. Goto Dengo ist zufällig an Deck, weil Freiübungen an der frischen Luft angesetzt sind. Luft zu atmen, die nicht nach Scheiße und Kotze riecht, erzeugt ein Gefühl der Euphorie und Unverletzlichkeit in ihm. Den anderen geht es wohl ebenso, denn er beobachtet die Flugzeuge lange Zeit, ehe er Warnsirenen zu hören beginnt.
    Angeblich sind die Soldaten des Kaisers stets von einem Gefühl der Euphorie und der Unverletzlichkeit beseelt, und das liegt an ihrem unbeugsamen Mut. Goto Dengo empfindet nur so, wenn er an Deck ist und saubere Luft atmet, und er schämt sich deswegen. Die anderen Soldaten zweifeln niemals oder zeigen es zumindest nie. Er fragt sich, wo er vom rechten Weg abgekommen ist. Vielleicht während seiner Zeit in Schanghai, wo er von ausländischen Gedanken verdorben wurde. Vielleicht war er auch schon von Anfang an verdorben – der alte Familienfluch.
    Die Truppentransporter sind langsam – sie erwecken nicht einmal den Anschein, als wären sie etwas anderes als Kästen voller Luft. Sie verfügen nur über die allererbärmlichste Ausrüstung. Die Zerstörer, die sie eskortieren, signalisieren ›Alle Mann auf Gefechtsstation‹. Goto Dengo steht an der Reling und sieht zu, wie die Mannschaften der Zerstörer auf ihre Positionen hasten. Die Rohre ihrer Waffen spucken schwarzen Rauch und blaues Licht, und erst viel später hört er sie das Feuer eröffnen.
    Die amerikanischen Bomber müssen irgendwie in Not sein. Er vermutet, dass ihr Treibstoff zu Ende geht oder sie sich heillos verflogen haben oder von Zeros aus der Deckung der Wolken gejagt worden sind. Was immer der Grund sein mag, er weiß, dass sie nicht vorhaben, den Geleitzug anzugreifen, denn amerikanische Bomber greifen stets so an, dass sie das Ziel in großer Höhe überfliegen und Bomben herabregnen lassen. Die Bomben treffen nie, weil die amerikanischen Zielgeräte so schlecht und die Besatzungen so unfähig sind. Nein, dass amerikanische Flugzeuge hier sind, ist bloß einer jener bizarren Zufälle des Krieges; der Geleitzug fährt seit gestern Morgen im Schutz dichter Wolken.
    Die Truppen um Goto Dengo johlen. Was für ein Glück, dass sich diese Amerikaner genau vor die Rohre des Zerstörergeleits verflogen haben. Und für das Dorf Kulu ist es auch ein gutes Omen, denn die Hälfte der jungen Männer dieses Dorfes sind zufällig gerade an Deck, um das Schauspiel zu genießen. Sie sind zusammen aufgewachsen, zusammen zur Schule gegangen, mit zwanzig zusammen gemustert, zusammen eingezogen und zusammen ausgebildet worden. Nun sind sie zusammen auf dem Weg nach Neuguinea. Zusammen sind sie erst vor fünf Minuten an Deck des Transporters befohlen worden. Zusammen werden sie den Anblick genießen, wie sich die amerikanischen Flugzeuge in Flammenräder auflösen.
    Mit seinen sechsundzwanzig Jahren ist Goto Dengo hier ein alter Hase – er ist aus Schanghai zurückgekommen, um sie anzuführen und ihnen ein Beispiel zu geben – und er beobachtet ihre Gesichter, diese Gesichter, die er schon seit seiner Kindheit kennt, Gesichter, die nie glücklicher waren als in diesem Augenblick und die in der grauen Welt aus Wolken, Ozean und gestrichenem Stahl wie Kirschblütenblätter schimmern.
    Frisches Vergnügen malt sich auf ihnen. Er folgt ihrem Blick. Einer der Bomberpiloten hat offensichtlich beschlossen, seine Ladung zu verringern, indem er eine Bombe geradewegs in den Ozean wirft. Die Jungen von Kulu stimmen einen höhnischen Sprechchor an. Nachdem das amerikanische Flugzeug eine halbe Tonne nutzlosen Sprengstoff losgeworden ist, zieht es steil nach oben, ein Neutrum, nur noch für Zielübungen zu gebrauchen. Die Jungen von Kulu bedenken den Piloten mit verächtlichem Geschrei. Ein japanischer Pilot hätte allerwenigstens sein Flugzeug in den Zerstörer krachen lassen.
    Goto Dengo beobachtet aus irgendeinem Grund die Bombe anstatt das Flugzeug. Sie trudelt nicht aus dem Bauch des Flugzeugs, sondern beschreibt, wie ein Lufttorpedo, eine saubere, flache Parabel über den Wellen. Er hält einen Moment lang den Atem an, weil er

Weitere Kostenlose Bücher