Cryptonomicon
ich auf dem Flug hierher angefangen habe zu glauben, dass es gar nicht Ihre Schuld war, dass Charlene Sie irgendwie beeindruckt hatte.«
»Was meinen Sie mit beeindruckt?«
Amy senkt den Blick. »Ich weiß nicht, irgendwie muss sie einen besonderen Einfluss auf Sie ausüben.«
»Das glaube ich nicht.« Randy seufzt.
»Jedenfalls dachte ich, Sie wären vielleicht gerade im Begriff, einen riesengroßen Fehler zu machen. Daher hatte ich, als ich in Tokio ins Flugzeug stieg, nur vor, Sie aufzuspüren...« Sie holt tief Luft und zählt im Geist bis zehn. »Als ich aber aus diesem Flugzeug ausstieg, war ich zudem einfach besessen von der entsetzlichen Vorstellung, wie Sie sich mit dieser Frau, die Ihnen offensichtlich überhaupt nicht gut tut, wieder zusammentun. Und ich habe gespürt, dass das für Sie kein gutes Ende nehmen würde. Und dachte, ich käme zu spät, um noch irgendetwas daran zu ändern. Als ich dann also in die Stadt fuhr, um die Ecke bog und Ihren Acura direkt auf der Spur vor mir sah und Sie mit dem Handy am Ohr -«
»Da habe ich gerade eine Nachricht auf Ihrem Anrufbeantworter in Manila hinterlassen«, sagt Randy. »Mit der Erklärung, dass ich nur hier war, um ein paar Unterlagen zu holen, dass es wenige Minuten zuvor ein Erdbeben gegeben hatte und ich deswegen womöglich etwas länger bleiben müsste.«
»Ich hatte überhaupt keine Zeit zum Abhören meiner Nachrichten, denn sie waren zu spät auf meine Maschine gesprochen worden, um noch irgendwie von Nutzen zu sein«, sagt Amy. »Deshalb musste ich weitermachen, ohne irgendetwas Genaueres über diese Ereignisse zu wissen, denn es hatte sich ja niemand die Mühe gemacht, mich ins Bild zu setzen.«
»Also...«
»Ich fand, dass jetzt kühlere Köpfe gefragt waren.«
»Und deshalb haben Sie mich von der Straße gefegt ?«
Amy sieht ein bisschen enttäuscht aus. Sie nimmt den Ton einer Montessori-Kindergartenerzieherin an. »Jetzt denken Sie mal über Prioritäten nach. Ich habe doch gesehen, wie Sie gefahren sind.«
»Ich wollte eben auf dem schnellsten Weg sehen, ob ich jetzt völlig mittellos oder nur bankrott bin.«
»Da ich aber nichts Genaueres über die Situation wusste, dachte ich, Sie hätten es so eilig gehabt, in die Arme ihrer armen kleinen Charlene zu sinken. Mit anderen Worten, der emotionale Stress des Erdbebens könnte Sie – zu wer weiß was bewegen, beziehungsmäßig.«
Randy presst die Lippen zusammen und holt durch die Nase tief Luft.
»Verglichen damit war mir ein Stückchen Blech nicht so wichtig. Ich weiß natürlich, dass eine Menge Typen tatenlos zusehen würden, wie jemand, der ihnen am Herzen liegt, etwas extrem Törichtes und Zerstörerisches tut, nur, damit alle Beteiligten am Ende in unbeschädigten, glänzenden Autos in eine erbärmliche, gefühlsmäßig total kaputte Zukunft fahren können.«
Randy kann nur noch die Augen verdrehen. »Ja dann«, sagt er, »tut es mir Leid, dass ich Sie angeschnauzt habe, als ich aus dem Auto ausgestiegen bin.«
»Ach ja? Warum denn das? Sie sollten aber stinksauer sein, wenn ein Lastwagenfahrer sie von der Straße befördert.«
»Ich wusste nicht, dass Sie es waren. Ich habe Sie in diesem Zusammenhang nicht erkannt. Mir wäre nie in den Sinn gekommen, dass Sie das mit den Flugzeugen tun würden.«
Amy lacht auf eine dämliche, schadenfrohe Art, die hier nicht passend erscheint. Randy beschleicht ein eigenartiges Gefühl leichter Irritation. Sie schaut ihn wissend an. »Ich wette, Charlene haben Sie nie angeschnauzt.«
»Stimmt«, erwidert Randy.
»Tatsächlich? In all den Jahren?«
»Wenn wir Probleme hatten, haben wir sie ausdiskutiert.«
Amy schnaubt verächtlich. »Ich wette, Sie hatten superlangweiligen -« Sie verstummt.
»Langweiligen was?«
»Ach nichts.«
»Ich meine, in einer guten Beziehung muss man Methoden haben, um alle Probleme, die aufkommen können, zu lösen«, sagt Randy vernünftig.
»Und ich wette, Ihr Auto zu rammen gehört für Sie nicht dazu.«
»Dazu fallen mir verschiedene Probleme ein.«
»Und die Methoden, ihre Probleme mit Charlene zu lösen, waren sehr kultiviert. Nie wurde die Stimme erhoben. Nie ein böses Wort geäußert.«
»Nie ein Auto gerammt.«
»Genau. Und das hat funktioniert, oder?«
Randy seufzt.
»Was ist mit diesem Ding, das Charlene über Bärte geschrieben hat?«, fragt Amy.
»Woher wissen Sie denn davon?«
»Hab ich im Internet gefunden. War das ein Beispiel dafür, wie ihr eure Probleme gelöst habt? Indem ihr
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