Cubuyata - Die Rückkehr des Propheten (Science Fiction Thriller) (German Edition)
der Fahrt noch aufluden, musste diese entweder über Nacht zuhause aufladen oder an eine Wechseltankstelle gehen, die die leeren Batterien vollautomatisch mit vollen tauschte. Letzteres leistete sich Jinglei mit ihrem Journalistengehalt nur in Notfällen. Einen parallelen Antrieb auf Sojabasis oder Solar wies ihr kleines Fahrzeug nicht auf.
Jinglei hatte schon häufig davon gelesen, wie rückständig die Infrastruktur auf Cubuyata gegenüber jener auf der Erde war. Dort waren Batterieprobleme bereits im 22ten Jahrhundert vollständig gelöst worden. Sie hatte Wang Dun gebeten, eine Story darüber schreiben zu dürfen. Über die Regierung, die Staatsgelder nur für die Innenstadt, die Erstbewohnerstadt, gewährte. Über korrupte Beamte, die Geld aus den Verkehrsinfrastrukturtöpfen veruntreuten. Und über die Polizei, die aufkeimende Proteste mit Nachdruck niederknüppelte. Der Batteriebetrieb mit alter Technik lag der Staatskasse kaum auf der Tasche. Reiche Erstbesiedler fuhren mit autarken fusionsreaktorbetriebenen Fahrzeugen, die für Zweitbesiedler nicht bezahlbar waren. Wang Dun hatte abgelehnt, wie viele Male zuvor wenn Jinglei die Grenzen des erlaubten ein Stückchen verschieben wollte. Das Risiko des Verlusts der Verkaufslizenz, so mutmaßte Jinglei, erschien ihrem Chef wohl als zu groß.
Der Berufsverkehr verzögerte die Auslieferung des Pakets um eine Viertelstunde. Sie gab es in einem kleinen Computerladen, in dem es immer nach starkem Kaffee roch, bei dem zweiten Informanten ab. Sie hatte anschließend weitere zwanzig Minuten um ihre Kleine im Kindergarten abzugeben. Ein Glück hing sie heute nicht an ihrem Rockzipfel, sie war ohnehin schon spät dran. Die Fahrt zu Harmons Hotel verlief ohne größere Verkehrsbeeinträchtigungen, sie parkte zehn Minuten später vor dem Eingang. Jinglei hatte erwartet, dass er bereits an der Straße auf sie wartete, sie konnte ihn aber nirgendwo sehen.
Passanten staksten durch den Schneematsch vor dem Hotel, den Räumfahrzeugen von der Straße geschoben hatten. Ein vorbeifahrender Bus transportierte rotgekleidete Menschen in Richtung Innenstadt. Die große Masse an Pilgern hatte sich in Bewegung gesetzt, sie alle wollten an diesem besonderen Ereignis teilhaben. Jinglei hätte das Spektakel privat sicherlich gemieden, als Journalistin kam sie um dieses Großereignis nicht herum.
Sie wartete ein paar weitere Minuten im beheizten Wagen und rief Christopher an. Keine Reaktion. Sie wartete kurze Zeit, versuchte es erneut. Er nahm nicht ab.
* * *
Nach fünf Versuchen krächzte seine Morgenstimme aus dem Sprechmikro. Jinglei vermutete, dass er gerade erst aufgestanden war.
"Haben sie eine Vorstellung davon, wie sehr ich mich beeilen musste um pünktlich hier zu sein?"
"Tut mir leid. Ich habe wohl verschlafen." Er gähnte.
"Benutzen die Menschen auf der Erde keine Wecker mehr?" Sein entspannter Tonfall machte sie rasend.
"Schon gut, schon gut. Ich beeile mich."
Einige Minuten später trottete er mit noch zerzausteren Haaren als am Vortag zu ihrem Wagen. Er trug olivgrüne Cargohosen und einen verwaschenen dunkelbraunen Pullover, der unter einer dunkelgrauen Jacke hervor schaute. Ein Dreitagebart umrahmte sein Gesicht.
Wortlos fuhren sie die ersten Minuten die lange Hauptstraße Richtung Zentrum. Schneeflocken schmolzen auf der Frontscheibe. Der Schneefall hatte heute Morgen nachgelassen, nachdem er über Nacht die gesamte Stadt bedeckt hatte.
"Es tut mir leid", sagte Harmon schließlich, "meine Recherchen ließen nur wenig Schlaf zu".
Sie zeigte keine Reaktion. Er roch nach Bier.
"Wer ist Matsuo?"
Jinglei zögerte, sagte schließlich: "Hätten Sie in der Bar gestern Abend gelegentlich auf die Videowand geschaut, hätten sie einen Wahlwerbespot mit ihm sehen können." Hätte mir Wang Dun die Story doch alleine gegeben, dachte sie.
"Matsuo Asano ist der Parteivorsitzende von Geeintes Cubuyata". Sie beobachtete seine Reaktion.
"Die Zweitbesiedlerpartei?". Immerhin etwas, ging es ihr durch den Kopf. Aber ihr bliebe ohnehin nichts anderes übrig, als mit ihm zusammen zu arbeiten.
"Sie verstehen sich als Partei aller Cubuyata. Aus Sicht der guayun ist sie aber jayun-nah, da sie Missstände zwischen den Schichten auszugleichen sucht."
"Nach allem was ich bislang sah und hörte, klingt das vernünftig."
"Das sehen viele so, allerdings naturgemäß zu überwiegenden Teilen jayun. Aufgrund des diskriminierenden Wahlgesetzes ist ein Wahlsieg dennoch eher
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