Cugel der Schlaue
gut!«
»Damit wäre meine heutige Ansprache beendet. Madame Soldinck, begebt Euch zum Ruder, wo ich Euch in die Grundbegriffe des Steuerns einweisen werde. Mädchen, bereitet zunächst ein gutes Mahl für uns zu, dann kümmert euch um die Kabinen, ein jeder soll es bequem haben.«
Am Steuerruder warnte Madame Soldinck erneut vor den Gefahren im Süden. »Die Seeräuber sind blutdürstig! Dann gibt es auch Meeresungeheuer: die blauen Tranfinnen, die Thryfwyden, die vierzig Fuß langen Wasserschatten! Und der Sturm tost aus allen Richtungen, er zerschmettert die Schiffe wie Nußschalen!«
»Wie überleben die Seeräuber bei solchen Bedrohungen?«
»Wen interessiert es, wie sie überleben? Wir hoffen inbrünstig, daß sie zugrunde gehen!«
Cugel lachte. »Eure Warnung übersieht die Tatsachen! Wir haben Ware für Iucounu geladen, die über Val Ombrio an der Küste von Almery geliefert werden muß.«
»Ihr seid es, der die Tatsachen übersieht! Die Ware wird über Port Perdusz geliefert, wo unsere Geschäftspartner sie weiterleiten. Wir müssen nach Port Perdusz!«
Wieder lachte Cugel. »Für wie dumm haltet Ihr mich? Kaum legte das Schiff am Kai an, würdet Ihr wie wahnsinnig nach den Bütteln brüllen. Wie zuvor: Steuert südwärts!«
Cugel ließ Madame Soldinck wütend am Steuerruder zurück und machte sich daran, in Ruhe zu speisen.
Am nächsten Morgen machten sich die ersten Anzeichen bemerkbar, daß nicht alles nach Wunsch verlief, doch noch am Rand des Ungreifbaren. So sehr er sich auch anstrengte, er kam nicht dahinter, was es war. Mit dem Schiff war alles in Ordnung, obgleich die Würmer, auch jetzt bei Halbköder, etwas schwerfällig wirkten, wie nach harter Arbeit. Er nahm sich vor, ihnen ein Stärkungsmittel geben zu lassen.
Eine Reihe hoher Wolken am Westhimmel versprach Wind, der, wenn günstig, den Würmern Gelegenheit geben würde, sich auszuruhen … Cugel runzelte verwirrt die Stirn. Drofo hat ihn auf die Unterschiede in der Farbe und dem sonstigen Aussehen des Meeres aufmerksam gemacht. Nun sah es ganz so aus, als wäre dies genau der gleiche Gewässerteil, den sie gestern durchquert hatten … Lächerlich! schalt er sich. Er mußte seine Phantasie zügeln!
Am Spätnachmittag sah Cugel am Heck stehend eine stattliche kleine Kogge, die schnell durch das Wasser schnitt. Cugel hob sein Glas an die Augen und studierte das Schiff mit seinen vier platschenden und ungenügenden Würmern, die offenbar bis an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angetrieben wurden. An Deck glaubte Cugel Soldinck, Kapitän Baunt und Pulk zu erkennen, während ein hochgewachsener Mann, zweifellos Drofo, an der Bugreling stand und grübelnd über das Meer blickte.
Cugel blickte zum Himmel. In etwa zwei Stunden würde die Nacht einbrechen. Ohne Eile befahl er Doppelköder für alle Würmer und einen guten Schluck Stärkungsmittel obendrein. Mühelos entfernte die Galante sich von ihrem Verfolger.
Interessiert hatte Madame Soldinck alles beobachtet. Schließlich erkundigte sie sich: »Wessen Schiff war das?«
»Allem Anschein nach das von Händlern der Sarpentinseln«, antwortete Cugel. »Wilde, unangenehme Burschen. Das nächste mal macht Ihr am besten einen weiten Bogen um so ein Schiff!«
Madame Soldinck schwieg, und Cugel hatte ein neues Rätsel, über das er sich den Kopf zerbrach: Wie konnte Soldinck ihm so schnell nachgekommen sein?
In der Dunkelheit änderte Cugel den Kurs, und der Verfolger verschwand achtern. Cugel sagte zu Madame Soldinck: »Am Morgen werden sie zehn Meilen von unserem Kurs ab sein.« Er drehte sich um, um nach unten zu gehen … Da sah er einen Lichtschimmer von der großen schmiedeeisernen Laterne am Heck.
Verärgert schrie er auf und beeilte sich, das Licht auszumachen. Er wandte sich an Madame Soldinck: »Weshalb habt Ihr mir nicht gesagt, daß Ihr die Laterne angezündet habt?«
Madame Soldinck zuckte gleichmütig die Schulter. »Erstens habt Ihr mich nicht danach gefragt.«
»Und zweitens?«
»Es ist ratsam, auf See mit Licht zu fahren. An diese Regel hält sich jeder vorsichtige Seemann!«
»An Bord der Galante werden keine Lichter angezündet, außer ich befehle es.«
»Wie Ihr wollt.«
Cugel klopfte auf das Steuerrad. »Behaltet den gegenwärtigen Kurs eine Stunde lang bei, dann geht wieder auf Südkurs.«
»Unklug! Wie schrecklich unklug!«
Er achtete nicht weiter auf sie, sondern stieg zum Mitteldeck hinunter und lehnte sich an die Reling, bis das sanfte Klingeln von
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