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Cugel der Schlaue

Cugel der Schlaue

Titel: Cugel der Schlaue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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seinem Verstand. »Lausicaa, wie Ihr sehr wohl wissen müßtet. Stünde ich in Euren Schuhen, würde ich einen weiten Bogen darum machen.«
    Mit offenem Mund starrte Cugel auf die Insel. Lausicaa? Wie war das möglich? War Hexerei im Spiel?
    Verwirrt ging er wieder zum Steuerrad. Alles schien völlig in Ordnung zu sein. Erstaunlich! Er war gen Süden gefahren, nun kehrte er von Norden zurück und mußte den Kurs ändern, wollte er nicht geradewegs dort wieder ankommen, von wo er aufgebrochen war.
    Cugel schwang das Schiff ostwärts, und Lausicaa verschwand hinter dem Horizont. Nun änderte er den Kurs erneut und steuerte wieder südwärts.
    Madame Soldinck, die neben ihm stand, rümpfte die Nase. »Schon wieder gen Süden? Habe ich Euch denn nicht vor den Gefahren dort gewarnt?«
    »Steuert südwärts! Kein Jota ost-und genausowenig westwärts! Süden ist unsere Richtung.«

»Wahnsinn!« murmelte Madame Soldinck.
    »Keineswegs! Ich bin geistig so gesund wie Ihr. Gewiß, ich muß zugeben, diese Reise hat ein paar Rätsel aufgeworfen. Ich kann mir nicht erklären, wieso wir uns Lausicaa vom Norden näherten. Es ist, als wären wir im Kreis gesegelt.«
    »Iucounu, der Magier, hat das Schiff mit einem Zauber belegt, um seine Ware zu schützen. Das ist die vernünftigste Erklärung und ein weiterer Grund, uns Port Perdusz als Ziel zu nehmen.«
    »Kommt nicht in Frage!« sagte Cugel fest. »Ich gehe jetzt hinunter. Meldet alle ungewöhnlichen Vorfälle.«
    »Ein Wind kommt auf«, machte Madame Soldinck ihn aufmerksam. »Vielleicht wird er sogar zum Sturm.«
    Cugel trat an die Reling. Tatsächlich kräuselte eine Brise aus dem Nordwesten die bisher glatte Meeresoberfläche.
    »Im Wind können die Würmer sich ausruhen«, meinte Cugel. »Ich verstehe überhaupt nicht, weshalb sie so schlapp sind! Drofo würde jetzt behaupten, sie seien überarbeitet, aber ich weiß, das ist nicht der Fall.«
    Cugel setzte das blaue Seidensegel. Sofort bauschte es sich auf, und Wasser schlug gegen den Schiffsrumpf. Danach rückte er sich einen bequemen Stuhl so zurecht, daß er die Füße auf die Reling legen konnte. Mit einer Flasche Rospagnola Goldgelb neben sich machte er es sich bequem und schaute Meadhre und Tabazinth zu, die den Backbordinnenwurm von neuangesetztem Wasserstein befreiten.
    Der Nachmittag verging, und Cugel ließ sich vom sanften Schaukeln des Schiffes in Schlaf wiegen. Er erwachte, weil die Brise inzwischen zu kräftigerem Wind geworden war, so daß das Schiff leicht schlingerte, das Wasser gegen den Bug rauschte und das Kielwasser gurgelte.
    Salasser, die ›Nachtstewardeß‹, servierte Cugel Tee in einer Silberkanne und dazu Gebäckstücke, die er ungewöhnlich abwesend verzehrte.
    Schließlich erhob er sich aus seinem Liegestuhl und stieg zum Achterdeck. Madame Soldinck war noch schlechterer Laune als üblich. »Der Wind ist ungut«, beschwerte sie sich. »Bergt das Segel lieber wieder.«
    Cugel gefiel ihr Rat nicht. »Der Wind treibt uns gut auf unserem Kurs voran, und die Würmer können sich ausruhen.«
    »Die Würmer brauchen keine Rast«, ärgerte sich Madame Soldinck. »Wenn das Segel das Schiff zieht, kann ich nicht steuern, wie ich will.«
    Cugel deutete auf das Rad. »Steuert südwärts, das ist genau richtig! Der Richtungsweiser zeigt Euch wie!«
    Darauf hatte Madame Soldinck nichts mehr zu sagen, und Cugel verließ das Achterdeck wieder.
    Es war Sonnenuntergang. Cugel ging zum Bug und stellte sich unter der Laterne an die Reling, wie Drofo es immer getan hatte. Der westliche Himmel sah malerisch aus mit seinen hohen, dünnen Federwölkchen, die auf dem tiefen Blau scharlachrot wirkten. Am Horizont ließ die Sonne sich Zeit, als zögere sie, die Welt des Tageslichts zu verlassen. Ein giftig blaugrüner Kranz umringte sie, etwas, das Cugel noch nie zuvor gesehen hatte. Eine purpurne Wunde pulsierte auf ihrer Scheibe wie die Mundöffnung eines Kraken: ein Omen? Cugel wollte sich umdrehen, da kam ihm ein plötzlicher Gedanke. Er schaute zu der Laterne hoch.Ölschale und Anzünder fehlten hier genauso wie bei der Hecklaterne, nachdem er sie ins Meer geworfen hatte.
    Aha, dachte Cugel. Sie sind gar nicht so dumm und beweisen Einfallsreichtum. Aber sie vergessen, daß sie es mit mir zu tun haben. Man nennt mich nicht umsonst Cugel, den Schlauen.
    Er blieb noch eine Weile am Bug stehen. Am Achterdeck tranken die drei Mädchen und Madame Soldinck Tee und beobachteten Cugel aus den Augenwinkeln. Er stützte eine

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