Cujo
wie hochgezogene Schultern aussehen konnten, daß der Teddybär wie ein Kopf ausgesehen hatte. Seine Augen hätten das Licht aus dem Badezimmer reflektiert, und deshalb hätte Tad sie für richtige Tieraugen gehalten.
»Jetzt paß gut auf«, sagte er. »Schau genau zu, Tadder.«
Tad gehorchte.
Sein Vater schob die Wolldecken in Tads Schrank ganz nach hinten. Tad hörte, wie die Kleiderbügel leise klapperten und sich in ihrer Kleiderbügelsprache über Daddy unterhielten. Das war komisch, und er mußte lächeln. Mommy sah es, und sie lächelte erleichtert zurück.
Sein Daddy nahm den Teddy aus dem Schrank und legte ihn Tad in die Arme.
»Und nun, Ladies and Gentlemen«, sagte Daddy mit großer Geste und einer Verbeugung, daß Tad und Mommy lachen mußten, »der Stuhl.«
Er stellte den Stuhl vor die Schranktür und drückte sie fest zu. Als er wieder vor Tads Bett stand, lächelte er immer noch, aber sein Blick war ernst.
»Okay, Tad?«
»Ja«, sagte Tad, und dann gab er sich einen Ruck. »Aber es war da, Daddy. Ich habe es gesehen. Bestimmt.«
»Du hast es in Gedanken gesehen, Tad«, sagte Daddy, und seine große, warme Hand strich Tad über das Haar. »Aber du hast kein Ungeheuer in deinem Schrank gesehen, kein richtiges. Es gibt keine Ungeheuer, Tad. Nur in Geschichten und in deinem Kopf.«
Er sah seinen Vater an, dann seine Mutter - ihre lieben, freundlichen Gesichter.
»Bestimmt?«
»Bestimmt«, sagte seine Mommy. »Und nun steh auf und geh noch rasch ins Badezimmer.«
»Aber ich war doch schon. Davon bin ich doch aufgewacht.«
»Ach«, sagte sie, denn Eltern glauben einem nie, »tu mir den Gefallen.«
Er ging also und schaffte unter ihrer Aufsicht vier Tropfen. Sie lächelte und sagte triumphierend: »Siehst du, du mußtest doch !«
Resigniert nickte Tad. Ging wieder ins Bett. Ließ sich zudecken. Empfing die obligaten Küsse.
Und als Vater und Mutter zur Tür gingen, legte sich wie kalter Nebel die Angst wieder über ihn. Wie ein Leichentuch, das nach Tod stank. Oh, bitte, dachte er, nur dies eine, oh, bitte, bitte, bitte.
Vielleicht hatte sein Vater seine Gedanken erraten, denn Vic stand wieder in der Tür, eine Hand am Lichtschalter, und wiederholte: »Keine Ungeheuer, Tad.«
»Nein, Daddy«, sagte Tad, denn in diesem Augenblick waren die Augen seines Vaters ganz dunkel und abwesend, als sei er selbst nicht recht überzeugt. »Keine Ungeheuer.« Außer dem in meinem Schrank.
Das Licht ging aus.
»Gute Nacht, Tad«, hörte er von fern die leise Stimme seiner Mutter, und in Gedanken rief er ihr zu: Paß auf, Mommy, sie fressen Frauen! In den Filmen fangen sie die Frauen und verschleppen sie, und dann fressen sie sie! Oh, bitte, bitte, bitte - Und der vierjährige Tad Trenton lag in seinem Bett und zitterte vor Angst. Er hatte sich die Decke bis an das Kinn gezogen, und mit einem Arm drückte er seinen Teddy fest an die Brust, und an der Wand hing Lucky Skywalker; auf einem Bord stand ein Backenhörnchen und grinste fröhlich (WENN DAS LEBEN DIR LIMONEN SCHENKT, MACH LIMONADE! sagte das freche, grinsende Backenhörnchen); und auf einem anderen Bord standen alle bunten Figuren aus der Sesamstraße: Big Bird, Bert, Ernie, Oscar, das Krümelmonster. Symbole des Guten; ein Gegenzauber. Aber der Wind draußen. Er heulte über das Dach und fuhr in den schwarzen Schlund der
Dachrinne hinein. Heute nacht war an Schlaf nicht mehr zu denken.
Aber ganz allmählich löste sich die Spannung ein wenig. Er dachte nach …
Und dann wieder ein Kreischen, das den Wind draußen übertönte, und er war sofort hellwach.
Die Scharniere an der Schranktür.
Kriiiiiiii -
Ein dünnes Geräusch, so hoch, daß vielleicht nur Hunde oder kleine Jungen, die nachts nicht schlafen, es hören konnten. Die Schranktür öffnete sich, ganz langsam und gleichmäßig, ein toter Rachen, der sich in der Dunkelheit auftat, Zentimeter um Zentimeter.
Und in dieser Dunkelheit verbarg sich das Ungeheuer. Es hockte da, wo es vorher gehockt hatte. Es grinste ihn an, und seine riesigen Schultern standen höher als sein Kopf, und seine Augen glühten bernsteinfarben und bösartig. Ich habe dir doch gesagt, daß sie gehen würden, Tod, flüsterte es. Das tun sie am Ende immer. Und dann komme ich wieder. Ich komme gern wieder. Ich mag dich, Tod. Ich denke, ich werde jetzt jede Nacht wiederkommen, und jede Nacht komme ich ein wenig näher an dein Bett… und immer näher… bis du eines Nachts etwas knurren hörst, direkt neben dir
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