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Cupido #1

Cupido #1

Titel: Cupido #1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
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gefasst hatte – und den Ausdruck auf dem Gesicht der armen Nicolette, als er sie aufschlitzte. Sie hatte nicht einmal gewusst, wie wichtig ihre Rolle in dem Ganzen war. Sie war die Erste gewesen. Die Erste von vielen in dieser Blindstudie.
    Und jetzt, wo alles vorbei sein sollte, war er traurig. Auch weil er wusste, dass er sein größtes Werk mit niemandem teilen durfte, dass sein Meisterstück vor der Welt verborgen bleiben musste. Seine Kollegen würden nie davon erfahren; seine Beobachtungen und Resultate konnten den Zeitgenossen nicht zugänglich gemacht werden. Für sie bliebe er irgendein Vororts–Seelenklempner.
    «Aber, aber, keine Tränen», sagte er einfühlsam. «Ich würde dir ja gern versprechen, dass es nicht wehtut, aber ich fürchte, das wäre gelogen. Wie du weißt, werden wir dir erst mal eine Infusion legen.»
    Er hantierte mit dem Rollwagen und brachte eine Spritze zum Vorschein und eine Gummimanschette, um die Vene abzubinden. Doch plötzlich drehte er sich um und packte blitzschnell nach ihrem rechten Handgelenk, mit eisernem Griff knallte er es auf die Liege. Er beugte sich tief über ihr Gesicht. Forschend sah er in ihre leeren Augen, die hilflos an die Decke starrten.
    «Aber bevor wir anfangen –», er lächelte, «sei ein braves Mädchen und gib mir mein Skalpell zurück.»

96.
     
     
    Wie raffiniert, wie überaus raffiniert. Natürlich hatte er gemerkt, dass das Skalpell fehlte, schon in dem Moment, als er den Raum betrat. Für wie dumm hielt sie ihn? Ein klassischer Fehler, den andere vor ihr gemacht hatten, und die waren viel raffinierter gewesen als sie. In der Aufregung hatte sie ihn unterschätzt, für einen Dummkopf gehalten.
    Der Sieg beim Schach wird durch eine Reihe von scheinbar bedeutungslosen, aber komplizierten Zügen vorbereitet – bis der andere in der Falle sitzt. Der Kitzel lag darin, Schachmatt zu flüstern, während der verblüffte Gegner noch dabei war, sein ach so fatales Komplott gegen die feindliche Dame zu schmieden.
    Genauso war es hier. Und ein würdiger Gegner erhöhte den Kitzel nur. Während er durch den Raum schritt, stellte er die Figuren auf, legte die Falle aus, und der Gedanke an die Verblüffung auf ihrem schönen Gesicht erfüllte ihn mit Euphorie.
    Er entdeckte, dass ihr Arm nicht festgeschnallt war und ihre Faust vor nervöser Anspannung zitterte, bevor sie versuchen würde, ihr Leben zu retten, ihn in einer letzten, verzweifelten Anstrengung anzugreifen. Er sah ihre vor Angst geweiteten Augen und wartete ab, bis sie ihren Bauern in Position gebracht hatte. Dann griff er blitzschnell zu. Der Präventivschlag war vereitelt, seine Worte waren das Schachmatt.
    Sie hatte die Hand zur Faust geballt, und er sah das leuchtend rote Blut, das daraus hervorquoll, über das Handgelenk lief und auf den Stahltisch tropfte. Mit beiden Händen bog er ihr die Finger auseinander. Sie stöhnte. Da war es, das Fünfer–Skalpell, und die klaffende Wunde, die es in ihrem Fleisch hinterlassen hatte. Er wand ihr die Klinge aus der Faust wie einem widerspenstigen Kleinkind.
    Langsam schüttelte sie den Kopf, offensichtlich hatte sie ihre Niederlage eingesehen, und Tränen strömten ihr über das Gesicht. Ihre letzte Chance war vertan. Er freute sich, dass sie überhaupt so viel Kraft besessen hatte. Ein würdiger Gegner: vielleicht sogar besser als all die anderen. Aber leider nicht gut genug.
    Erst jetzt hörte er den Schrei, ihre Worte waren klar, nicht gelallt, und in diesem Moment begriff er, dass das Haldol nicht mehr richtig wirkte. Damit hatte er nicht gerechnet. Schmerz, heiß und stechend, schoss ihm durch den Hals, und er spürte den warmen Strom seines eigenen Blutes, der ihm in den OP–Anzug lief, der grüne Stoff färbte sich langsam rot.
    Seine Freude wich der Verblüffung, und er starrte sie an, wie sie ihn anschrie, das tränenüberströmte Gesicht war dunkel und zornig. Er griff sich an den Hals, versuchte das Loch zuzuhalten, doch das Blut spritzte ihm durch die Finger. Er spürte, wie er in seinem eigenen Blut ertrank, wollte sprechen, doch jetzt waren seine Worte nur noch ein ersticktes Röcheln. Er musste zusehen, wie das Leben aus ihm heraussprudelte, langsam an seinem Körper herab über die Schuhe auf den Boden floss.
    Er wollte sie packen und sie erwürgen, doch er taumelte rückwärts und fiel gegen die Wand. Sie setzte sich auf dem Stahltisch auf, ihre Augen funkelten vor Hass. In der linken Hand hielt sie die zweite Klinge, von der rotes

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