Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
Vom Netzwerk:
verstecken wollten?«
    »Tja, ich w-w-würde sie vielleicht einem nahen Verwandten anvertrauen.«
    Ein listiges Lächeln spielte um die Lippen des Monsignore. »Der Bruder des Kardinals ist der einzige lebende enge Verwandte, und er ist Kurator der Ägyptischen Abteilung des Louvre.«
    »Aha.«
    »Santi, von diesem Moment an sind Sie von allen anderen Aufgaben entbunden. Solange keine neue Order kommt, werden Sie in meinen Diensten arbeiten, sind also ausschließlich mir Rechenschaft schuldig. Ist das klar?«
    »Aber …«
    »Kein ›aber‹. Ich werde persönlich mit Ihrem geistlichen Leiter darüber sprechen.«
    Santis Aufgabe bestand darin, von nun an jeden Schritt von Théo St. Pierre zu beobachten und darüber Bericht zu erstatten. Wenn der Archäologe nach Paris zurückkehrte, sollte Santi ihm folgen.
    »Noch Fragen?«
    »Nein, alles k-klar. Aber etwas ver-verstehe ich nicht. Diese b-beiden Toten … Ko-Kommt Ihnen das nicht seltsam vor?«
    Der Monsignore hob eine Augenbraue.
    »An zwei au-aufeinanderfo-folgenden Tagen«, fuhr Santi fort. »Der Ka-Kardinal-Archivar und sein wi-wichtigster Mitarbeiter.«
    Der Monsignore zuckte mit den Schultern. »Ein Verkehrsrowdy … ein Infarkt … Reiner Zufall. Aufgepasst, Santi. Machen Sie sich nicht der Sünde des Hochmuts schuldig, indem Sie sich darauf versteifen, nach dem Grund für Gottes Willen zu fragen. Ergebung ist der einzig sichere Weg zum Glauben. Entiende ?«
    »Ich bitte um Vergebung, Monsignore.« Santi blickte zu Boden.
    »Ich möchte, dass Sie jetzt mit mir niederknien, damit wir gemeinsam einige Gedanken des Vaters aus dem Kapitel über den Gehorsam lesen.«
    Er nahm ein Exemplar des Wegs , schlug es auf der gewünschten Seite auf und kniete neben Santi nieder.

    »Dein Gehorsam muss schweigsam sein. Diese Zunge!«
    »Wenn der Gehorsam dir keinen Frieden gibt, dann bist du hochmütig.«

    Der Notar führte Théo in einen Raum voller Bücher, alle in bordeauxrotes Leinen gebunden, mit goldenen Aufschriften. Er händigte ihm einen hanffarbenen Umschlag aus, bat ihn, sich Zeit für die Lektüre zu nehmen, und verließ den Raum.
    Théo setzte sich, öffnete den Umschlag und zog einen schwarzen, mit einem Band verschnürten Ordner heraus. Er löste das Band. Der Ordner enthielt einen versiegelten Umschlag und einige Pergamente. Die Pergamente . Pater Ascanios Worte kamen ihm in den Sinn. Es konnten nicht diese Pergamente sein. Er überflog sie. Griechische Buchstaben und lateinische Wörter tanzten einen Reigen vor seinen Augen. Er öffnete den Umschlag … Ein Brief in Vankos winziger Handschrift.

    »Lieber Théo, wenn du diesen Umschlag geöffnet hast, bedeutet das, dass meine Befürchtungen wohlbegründet waren.«

    Aus seinen Worten sprach keine Wut, nur Ärger über sich selbst, weil er so lange einer Illusion angehangen hatte. Er schrieb, der »dogmatische Überbau«, den die katholische Kirche im Laufe von zwei Jahrtausenden errichtet hatte, habe die ursprüngliche Botschaft Jesu für immer ausgelöscht. Wenn ER jetzt wieder unter die Menschen zurückkehrte, würde er sich in der Kirche, die vorgab, in seinem Namen zu sprechen, nicht mehr wiedererkennen.
    Dann ging er auf die drei Pergamente ein und erklärte, wie sie in seinen Besitz gekommen waren. Nur ein Ägyptologe, schrieb er, könne Licht in das Geheimnis bringen, das sie bargen.
    Théo betrachtete sie erneut. Eines war auf Italienisch geschrieben, das zweite auf Griechisch und das dritte auf Latein. Zu jedem gab es eine Übersetzung ins Französische. Er nahm die erste Handschrift aus dem Ordner.

    Großer Cosimo,
    nicht an den Fürsten, auch nicht an den Wohltäter schreibe ich, sondern an den erhabenen Geist, der mich dem göttlichen Platon weihte.
    Ihr wisst, mit welch großer Hingabe ich, angespornt von Eurer leidenschaftlichen Begierde, die Geheimnisse des großen Hermes Trismegistos zu erfahren, die Bücher des Corpus Hermeticum , welche Bruder Leonardo von Pistoia Euch aus Mazedonien brachte, aus dem Griechischen ins Lateinische übertrug.
    Als die Übertragung vollendet war, geschah es, dass ich eines Abends mit dem Freund Cristoforo Landino im Hof der Villa von Montevecchio spazierte, woselbst wir über das Corpus Hermeticum, die göttlichen Geheimnisse und die ewigen Fragen der Menschheit zu disputieren begannen.

    Marsilio Ficino hatte durch eine vergleichende Untersuchung des Griechischen der Bücher und der platonischen Dialoge herausgefunden, dass die Hermetica in den ersten

Weitere Kostenlose Bücher