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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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bis zum Hals mit einem Pulver gefüllt. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals.
    Auf dem Fläschchen stand in Reliefschrift das Wort VITRIOL . Ihre Hand krampfte sich um das Fläschchen. Visitabis Interiora Terrae Rectificandoque Invenies Occultum Lapidem (Du wirst die Eingeweide der Erde besuchen, und wenn du dort Veränderungen vornimmst, wirst du einen verborgenen Stein finden). Die alchemistische Weisheit: das Akronym, das den Weg der spirituellen Erhöhung zusammenfasste!
    Sie zog den Verschluss ab, neigte das Fläschchen und schüttelte es auf ihrer Handfläche. Ein wenig weißes Pulver fiel heraus. Zögernd berührte sie es mit dem Finger. Es war weich wie Puder.
    Lange blieb sie reglos in der nächtlichen Stille ihres Arbeitszimmers stehen, den Blick starr auf das Pulver gerichtet.

 
    29    Die Ankunft des Fluges LY 385 aus Tel Aviv wird sich um zwanzig Minuten verzögern …
    Die Türen der Ankunftshalle öffneten sich, und die ersten Reisenden kamen heraus. Hinter der Absperrung ging ein Araber in einem braunen, gold gesäumten Thobe und einer weißen Guthra auf die Passagiere zu. Ihm folgten vier bärtige Männer mit bulligem Körperbau, alle in dunkelblauen Anzügen.
    Das muss der saudische Botschafter sein, dachte Monsignore Guzman, als er mit Al Kaddafi und Pater Pinkus durch die Tür trat. Der Araber verbeugte sich mit zusammengelegten Händen vor Rashid und sprach mit ihm. Al Kaddafi nickte und wandte sich um.
    »Das Flugzeug nach Riad fliegt von einem anderen Terminal ab. Wir verabschieden uns hier.« Er sah Guzman herausfordernd an. »Es sei denn, du hast mir noch etwas zu sagen, Christ.«
    »Jetzt, wo du mich darauf bringst, fällt mir ein, dass ich dir tatsächlich noch etwas sagen muss.«
    »Ein Mann mit schlechtem Gedächtnis wird nie ein guter Lügner sein.« Al Kaddafi besprach sich mit dem Botschafter und wandte sich wieder an den Monsignore. »Das Flugzeug wartet auf mich. Folgen wir dem Botschafter.«
    Der Monsignore konnte sich auf sein Gedächtnis verlassen. Das Geheimnis großer Lügner? Gelegentlich – nicht zu oft – die Wahrheit sagen, damit sich die Leute am Ende gar nicht mehr auskannten.
    Der Botschafter führte sie zu einer Rolltreppe, die vier Wachhunde folgten im Gänsemarsch. Vor der VIP -Lounge gab der Botschafter Al Kaddafi einen Umschlag mit den Farben der Saudi Arabian Airlines, verbeugte sich abermals, zischte seinen Bodyguards etwas zu und entfernte sich. Zwei der Männer postierten sich rechts und links vor der Eingangstür, und während Guzman und Pater Pinkus Al Kaddafi in die Lounge folgten, stellten die anderen beiden sich innen vor die Tür.
    »Ich höre«, sagte Al Kaddafi, in seinem Kaffee rührend.
    Nachdenklich verteilte der Monsignore den Milchschaum in seinem Cappuccino. Der Saudi war misstrauisch. Jetzt oder nie, wenn er nicht außen vor bleiben wollte. »Rashid, gibt es Vulkane in Saudi-Arabien?«
    Al Kaddafis Hand mit der Tasse blieb auf halbem Wege stehen. »Es gibt mehr Vulkane als Kamele. Wieso?«
    »Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich meine, die Worte ›Vulkan‹ und ›Midian‹ gelesen zu haben, als ich das Pergament aufgerollt habe.«
    »Aha! Und das sagst du mir erst jetzt, Bündnispartner?«
    »Es war nur ein Eindruck. Ich könnte mich irren.«
    »Bist du sicher, dass du nicht noch mehr gelesen hast?« Die pechschwarzen Augen Al Kaddafis tasteten Guzmans Miene ab wie ein Sonargerät. »Den Namen des Vulkans nicht?«
    » Oye! Es gab einen Namen, aber er war unleserlich.«
    »Hm, vielleicht ist die Partie mit diesem jüdischen Hundesohn doch noch nicht beendet.«
    Al Kaddafi wandte sich an den Monsignore. »Nun, Christ, was hast du jetzt vor? Alle alten Nummern von ›National Geographic‹ durchblättern, bis du den richtigen Vulkan gefunden hast?«
    »Ich habe eine bessere Idee. Ich werde eine kleine Reise nach Paris machen.«
    »Wozu?«
    »Als ich den Namen des Landes Midian gehört habe, ist mir die Bibel eingefallen. Die ist besser als ›National Geographic‹. Außerdem habe ich an den Archäologen gedacht.«
    »Hm. Sprich weiter.«
    Der Monsignore hob mit prophetischem Gebaren einen Finger. »›Der Herr zog vor ihnen her, bei Tag in einer Wolkensäule, um ihnen den Weg zu zeigen, bei Nacht in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten.‹ Exodus, Kapitel 13,21. Das ist der Weg, den Moses nahm.«
    »Redest du irre? Niemand kennt diesen Weg.«
    »Begreifst du denn nicht? Eine Wolkensäule, eine Feuersäule. Das war der Sinai: ein Vulkan,

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