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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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von den Hackenschlägen und präsentierten Gewehren der Milizen der Nationalgarde. Der Prinz klopfte an eine Tür mit einer Intarsie aus zwei gekreuzten Krummsäbeln und trat ein.
    »Dieser Papyrus könnte das Ende unserer Probleme bedeuten«, sagte Prinz Zoltan am Ende seines Berichts.
    »Zoltan, ich lese deine Gedanken«, entgegnete König Faisal. »Was du das ›Ende unserer Probleme‹ nennst, könnte für uns der Anfang vom Ende sein.«
    »Wenn wir Beweise dafür finden, dass der Exodus ein Betrug ist, berufen wir eine Pressekonferenz ein, und du klagst Israel vor aller Welt an, weil ihr sogenanntes göttliches Anrecht auf das von ihnen besetzte Land null und nichtig ist.«
    »Du bist ja verrückt! Was erreichen wir damit?«
    »Die Gründung eines Palästinenserstaates, der sich anfangs auf den Gazastreifen, das Westjordanland und Ostjerusalem beschränkt und dann auf das ganze israelische Gebiet ausweitet. Die Juden müssen ausziehen.«
    »Seit wann liegt dir das Palästinenserproblem so am Herzen?«
    »Was mir am Herzen liegt, ist dieser Thron für dich, für mich und für alle Al Hannas.«
    »Und der Weg dahin führt deiner Meinung nach durch Jerusalem?«
    »Geradewegs über den Tempelberg.« Der Prinz bewegte die Arme, als leitete er den Verkehr.
    Der Tempelberg galt als die drittheiligste Stätte des Islam. Die religiöse Wiedervereinigung Ostjerusalems mit Mekka und Medina war der Traum aller Muslime.
    »Wenn Saudi-Arabien diesen Traum wahr macht, wird die Unzufriedenheit enden und mit ihr alle Attentate. Bruder, der Weg führt über Jerusalem, nicht über Kompromisse.«
    »Die ganze Arbeit eines Königs, Zoltan – und wenn du an der Reihe bist, wirst auch du das begreifen –, besteht aus Kompromissen.«
    »Hast du gelesen, was Jamal über die Attentate vorgestern in Riad und Dschidda geschrieben hat?«
    König Faisal machte eine gleichgültige Handbewegung.
    »Faisal, der Wind hat sich gedreht. Wir sind jetzt das Ziel der Fundamentalisten. Jamal hat recht. Du bist der Hüter der Heiligen Stätten, und Saudi-Arabien ist das mächtigste aller arabischen Länder. Die arabische Welt blickt auf Riad, wo sie einen Führer erwartet, und was machen wir? Balanceakte zwischen den Erwartungen der amerikanischen Außenpolitik und denen der Islamisten. Man kann nicht gleichzeitig Hüter der Heiligen Stätten und Diener der Amerikaner sein!« Der Prinz schlug das Dossier gegen seine Handfläche. »Du musst dich entscheiden, Bruder.«
    »Was du vorschlägst, birgt zu viele Risiken. Die Amerikaner kaufen vier Millionen Barrel Erdöl pro Tag. Und wenn die dreißigtausend amerikanischen Techniker hier ihre Zelte abbrechen, würden unsere Förderanlagen sofort stillstehen.«
    Der Prinz öffnete das Dossier und reichte es König Faisal. »Dies ist ein Vertragsentwurf für die Lieferung von drei Millionen Barrel täglich an die Volksrepublik China. Zehn Jahre lang. China wächst um zehn Prozent pro Jahr. Dort liegt unsere Zukunft, nicht in Amerika. Die Chinesen könnten uns sofort zwanzigtausend Techniker schicken.«
    König Faisal blätterte in dem Vertrag. »Wir lösen unsere Probleme nicht, indem wir unsere Interessen von Washington nach Peking verlagern. Was du vorschlägst, bedeutet eine Parteinahme für die Fundamentalisten. Glaubst du wirklich, unsere Zukunft heißt Al-Qaida? Und hast du auch mal daran gedacht, was wir in dem Grab entdecken könnten? Der biblische Moses bekam Befehle vom Jahwe der Juden, und du weißt genau, dass Jahwe ein enger Verwandter Allahs ist. Die Anklage Israels könnte sich gegen uns wenden, und das werden die Wahhabiten und Dschihadisten uns teuer bezahlen lassen, glaub mir.«
    »Es genügt, sich ab jetzt von Jahwe zu distanzieren und einen neuen Moses für unseren eigenen Gebrauch zu entwerfen. Ich werde dem Großmufti etwas zuflüstern.«
    »Eine Fatwa?«
    Der Gesichtsausdruck des Prinzen war Antwort genug.
    »Wir haben diesen Jahwe niemals kennengelernt. Und unser Moses war ein anständiger Mann, der sich nicht in der Wüste mit üblen Kerlen herumtrieb, die sich für etwas ausgaben, was sie nicht waren.«
    König Faisal strich über sein Ziegenbärtchen, richtete den Blick zum Himmel und ließ die Perlen einer Gebetskette durch seine Finger gleiten.
    »Faisal, nichts zu unternehmen wäre die allerschlechteste Entscheidung. Tu es, weil es richtig ist, und tu es für sie.« Er zeigte auf die Bildnisse ihrer Vorfahren an der Wand.
    Der König seufzte. »Allahs Wille geschehe.«
    Prinz

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