Curia

der ihnen den Weg zeigte. Was wird der Archäologe anderes machen, als diesen Weg zu gehen? Es wäre doch unhöflich, ihn nicht zu begleiten, oder?«
    »Den Papyrus hat der Mossad. Morgenstern wird uns den Weg zeigen. Was geht uns der Archäologe an?«
    »Wer garantiert uns, dass Morgenstern es wagen wird? Die Israelis könnten beschließen, gar nichts zu tun, weil sie überzeugt sind, dass wir das Grab niemals finden werden.«
    »In dem Fall müssten wir auch nichts befürchten«, sagte Al Kaddafi. »Und was den Archäologen betrifft, kann er ohne den Papyrus den Weg so wenig finden wie ein Kamel im Sandsturm.«
    »Du solltest ihn nicht unterschätzen. Er könnte viel mehr wissen, als wir glauben.«
    »Was meinst du damit?«
    »Ich denke, dass der Archäologe auf das biblische Land Midian abzielt und den Weg durch den Sinai nehmen wird, den richtigen. Ich habe einen Plan.«
    Der Monsignore beugte sich zum Saudi vor. »Wenn er an der Grenze ankommt …«
    Er erklärte Al Kaddafi seinen Plan, doch nur den Teil, den er ihm verraten konnte. Dabei machte er aus St. Pierre einen weit wichtigeren Mann, als er selbst glaubte. Der Araber hörte mit unergründlicher Miene zu.
    »Nun?«, fragte Guzman.
    Al Kaddafi bog den Löffel wieder gerade. »Einverstanden. Meine Botschaft in Rom wird euch Einreisevisa ausstellen.«
    Von der Galerie des ersten Stocks aus blickten der Monsignore und Pater Pinkus Al Kaddafi nach, als er leicht hinkend in Begleitung des Botschafters und der Bodyguards durch die Ankunftshalle ging.
    »Monsignore, glauben Sie, man kann ihm trauen?«
    »Haben wir eine andere Wahl?«
    »Was wird Al Kaddafi tun, wenn er das Grab findet?«
    »Das weiß ich nicht, aber ich weiß, was ich tun werde. Sie bleiben in Rom, Pater. Nach Arabien fahre ich allein.«
    Pater Pinkus warf dem Monsignore einen halb erstaunten, halb erleichterten Blick zu.
    »Sie sind dort nützlicher für mich. In acht Tagen beginnt das Konklave. Jetzt hören Sie gut zu.«
    Flug Nummer AZ  897 aus Kairo ist soeben gelandet.

    KÖNIGLICHER PALAST IN RIAD, SPÄTER NACHMITTAG
    Die Brunnen im Park malten Licht- und Schattenspiele auf die Terrassentüren, und ihr Rauschen untermalte Al Kaddafis Worte.
    »Eure Hoheit, das Dringendste ist jetzt die Verstärkung der Kontrollen«, sagte er. »Grenzposten, Häfen und Flughäfen, unsere Botschaften und Konsulate nicht zu vergessen. Morgenstern könnte jederzeit versuchen, über die Grenze zu kommen.
    »Ich spreche noch heute mit meinem Bruder Jamal darüber«, sagte Prinz Zoltan. »Morgen wird das Innenministerium die notwendigen Befehle erteilen.«
    »Hoheit, ich erinnere an den Archäologen des Louvre.«
    »Ich habe ihn nicht vergessen. Vom morgigen Tag an müssen alle Stammesführer der Beduinen dem Emir ihrer Provinz die Anwesenheit jedes Gastes, ob Saudi oder Ausländer, melden. Aber warum lässt du diesen Guzman ins Reich, einen Mann aus dem Vatikan?«
    »Er ist Christ, Eure Hoheit, und wie alle Christen kennt er den Unterschied zwischen Wahrheit und Lüge nicht. Ich bin überzeugt, dass er viel mehr weiß, als er sagt.«
    »Du weißt, was du zu tun hast, wenn alles vorbei ist? Aber ohne Aufsehen. Ich will keine internationalen Zwischenfälle.«
    »Daran habe ich schon gedacht. Eure Hoheit …«
    »Ja?«
    »Nehmen wir einen Moment an, in diesem Papyrus stünde die Wahrheit – nur als Gedankenexperiment, Eure Hoheit – und dass der Christ richtig gelesen hat. Was werden wir tun, wenn wir das Grab finden?«
    »Der Führer der Muttawa hegt Zweifel an der Heiligkeit des Korans?«
    »Vergebt mir, Eure Hoheit, das wollte ich nicht sagen.«
    »Was dann?«
    »Die Entdeckung würde große Aufregung in der ganzen islamischen Welt hervorrufen. Die Gläubigen könnten … sie missverstehen. Ich denke, es wäre angeraten, alles zu vernichten, was wir finden.«
    »Probleme können Geschenke Allahs sein, Rashid.« Der Prinz blätterte in einem Dossier. »Das Geheimnis besteht darin, sie nicht als Probleme, sondern als Chancen zu sehen.«
    »Ich bin nicht sicher, ob ich recht verstehe, Eure Hoheit.«
    »Wenn du das Grab findest, unternimmst du nichts. Benachrichtige mich, und warte meine Befehle ab.«
    »Aber Hoheit …«
    Der Prinz stand auf. »Ausgezeichnete Arbeit, Rashid.«
    »Möge der Frieden Allahs mit Euch sein, Königliche Hoheit.« Al Kaddafi verbeugte sich bis zum Boden und ging hinaus.
    Mit dem Dossier unter dem Arm schritt Prinz Zoltan durch die von maurischen Lampen beleuchteten Flure, begleitet