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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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Umschrift der hieratischen Hieroglyphe ›mfkzt‹. Diese Art Brot hätten die Verfasser der Bibel weder Moses noch Jesus in den Mund gelegt, wenn sie gewusst hätten, was es bedeutete.«
    »Hast du noch mehr über das Weiße Brot herausgefunden?« Constance biss in einen Keks.
    »Ja. Am Schluss zitiert Pico einen Passus aus der Apokalypse, den Vers 2,17: ›Den Siegern will ich geben vom verborgenen Manna und will ihnen geben einen weißen Stein, auf dem Stein aber steht geschrieben ein neuer Name, welchen niemand kennt, als der ihn empfängt.‹ Dadurch wird klar, was das ›Brot‹ der Kirche wirklich ist, nämlich ein Brot, das dem Vatikan im Hals stecken bleiben wird, wenn die Katholiken erst einmal begreifen, worum es sich handelt.«
    »Aber das scheint ein Rätsel zu sein. Was ist das ›verborgene Manna‹?«
    »Diese Stelle hat mich auch verrückt gemacht.«
    Das verborgene Manna war das Manna, das Moses auf Befehl Jahwes im Tabernakel aufbewahren sollte. Raisa zitierte die Worte Mose im Vers 16,33 des Exodus: »›Nimm ein Gefäß, schütte ein volles Gomer Manna hinein und stell es vor den Herrn. Es soll für die nachkommenden Generationen aufbewahrt werden.‹ Moses gehorchte Jahwe und befahl Aaron, drei Dinge in die Bundeslade zu tun: die Gesetzestafeln, Aarons Stab und ein Gefäß mit Manna.«
    »Das in der Bundeslade verborgene Manna konnte nur das sein, das Moses den Israeliten zu trinken gab«, sagte Raisa, »also das weiße Pulver der ägyptischen Priester.«
    »Und wer sind die ›Sieger‹ in dem Vers?«
    »Im Altertum bekamen die Sieger bei den olympischen Wettkämpfen als Preis einen weißen Stein, auf den ihr Name geritzt war«, erklärte Raisa. In Vers 2,17 der Apokalypse habe Jesus zu den Christen der Gemeinde in Pergamon gesprochen, die der Ketzerei angeklagt waren. Den Siegern, also jenen, die auf den rechten Weg zurückfanden, würde er das ›verborgene Manna‹ zu essen geben, und weil sie Sieger waren, würde er ihnen den ›weißen Stein‹ geben, auf den jedoch nicht ihr alter, sondern ein neuer Name geritzt war, um ihre spirituelle Wiedergeburt zu kennzeichnen.
    »Warum hast du gesagt, dass dieses Brot dem Vatikan im Hals stecken bleiben wird?«, fragte Constance.
    »Weil der Verfasser der Apokalypse, ein Johannes, der nichts mit dem des Johannesevangeliums zu tun hat, etwas schreibt, was dem Johannesevangelium glatt widerspricht.«
    »Du meinst die Stellen über das Manna?«
    »Genau die. Einerseits lässt die Kirche Jesus im Johannesevangelium sagen, er sei das neue Manna, das wahre, das dem Manna von Moses überlegen ist. Dann lässt sie ihn in der Apokalypse versprechen, er werde den Siegern als Preis das ›verborgene Manna‹ geben, das von Moses in der Bundeslade aufbewahrt wurde.«
    »Sag mal, Chérie, was machen wir denn nun mit all diesem Manna?«
    »Warum fragst du? Wir wissen jetzt, was das Weiße Brot war, und wir wissen, dass das Weiße Brot, das Manna und der Stein der Weisen ein und dasselbe sind. Ist dir das nicht genug?«
    »So weit war Pico auch schon gekommen. Vor fünf Jahrhunderten.«
    »Aber wir sind viel weiter! Wir haben bewiesen, dass nicht nur der Exodus, sondern die ganze Bibel, Altes und Neues Testament, ein Plagiat ägyptischer Papyri sind: geistiger Diebstahl an ihren Ideen, Symbolen und Texten.«
    »Du musst mich ja gar nicht mehr überzeugen. Doch ohne eine Probe dieses Pulvers können wir überhaupt nichts beweisen. Es bleibt dabei, dass wir nur Vermutungen haben.«

    Raisa duschte, zog einen Morgenrock mit Puffärmeln an und ging ins Wohnzimmer zurück, um das Licht zu löschen.
    Wo hatte sie ihre letzten Notizen über Pico gelassen? Sie wühlte in den Papieren auf dem Schreibtisch. Da berührte der Ärmel des Morgenrocks den Kegel, und bevor sie ihn ergreifen konnte, fiel er auf das Parkett. Zut . Sie bückte sich, um ihn aufzuheben, aber ihre Hand hielt auf halber Höhe inne.
    Der Kegel war in zwei Hälften zerbrochen, und aus dem Sockel war ein Stück in Form eines Kegelstumpfes abgesprungen, das offenbar passgenau eingefasst gewesen war. Das Stück lag mit der Spitze nach oben auf dem Boden. Was war das?
    Sie nahm die Stücke und legte sie auf dem Schreibtisch unter die Lampe. Aus der Spitze des Kegelstumpfes ragte ein Fläschchen aus grünlichem, dickem Glas heraus. Der Flaschenhals war breit und mit einem Stopfen aus Glas verschlossen. Sie zog das bauchige Fläschchen aus dem Hohlraum, betrachtete es im Gegenlicht und schüttelte es. Es war

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