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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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dazu, ebenso wie bei den Spitzen der Pyramiden die Sonnenstrahlen zu reflektieren. In den Texten der Pyramiden hieß es, dass das ka des Pharaos die Sonnenstrahlen wie Treppenstufen benutzte, um zu den Göttern in den Himmel aufzusteigen.
    »Die Initiierten sahen in dem kegelförmigen Weißen Brot die Pyramidenspitzen aus Elektron, den ›Samen der Götter‹, die ihrerseits das Leben bedeuteten. Der ägyptischen Theologie zufolge hatte der Urhügel, der aus der Urflut des Nun auftauchte, die Form einer Pyramide. Darum haben die Ägypter ihre Pyramiden so gebaut.«
    Raisa drehte Picos Kegel hin und her. »Warum waren die Kegel des Weißen Brotes dann nicht pyramidenförmig?«
    »Es ist immer wieder das Problem mit der Perspektive. Sie sehen aus wie Kegel, weil die Basreliefs sie nur von einer Seite zeigen, aber in Wirklichkeit konnten sie durchaus Pyramidenform haben.«
    »Das bedeutet, dass der Kegel nicht aus dem alten Ägypten stammt, sondern dass Pico ihn herstellen ließ. Warum hat er dann die Kegelform gewählt? Meinst du, er wusste nichts von der Sache mit der Perspektive?«
    »Abgesehen von der Form frage ich mich immer noch, warum er den Kegel überhaupt anfertigen ließ, wenn er es war«, sagte Constance. »Wozu diente er?«
    »Darüber habe ich mir auch schon den Kopf zerbrochen. Erst dachte ich, Pico hätte vielleicht etwas darin versteckt, aber dann habe ich ihn mit der Lupe untersucht. Er ist massiv und aus einem Stück.« Raisa überflog noch einmal das Pergament. »Jedenfalls wissen wir jetzt zwei Dinge: Das weiße Pulver war eine essbare Substanz, und es garantierte dem Pharao ewiges Leben.«
    »Genau.« Constance zog an ihrer Zigarettenspitze. »Jetzt erscheint die Geschichte vom Goldenen Kalb in einem ganz anderen Licht.«
    »Warum? Pico hat doch erklärt, was sie bedeutet. Sie ist die Bestätigung, dass Moses ein ägyptischer Hohepriester oder ein Pharao gewesen sein muss, weil er dieses Geheimnis kannte.«
    »Warum ließ Moses die Israeliten deiner Meinung nach das Pulver trinken?«
    »Wahrscheinlich, um sie auf den rechten Weg zurückzuführen.«
    »Genau. Um ihnen Erleuchtung durch die Wahrheit zu geben. Weißt du, was die Episode vom Goldenen Kalb ist? Eine perfekte Allegorie des Steins der Weisen.«
    Raisa dachte an die Worte des Exodus, wie Pico sie zitierte: »Er packte das Kalb, das sie gemacht hatten, und zerschmelzte es mit Feuer und zermalmte es zu Pulver …« Dank des Weißen Brots der ägyptischen Priester wurden die Israeliten also wieder zur Anbetung Jahwes, zur Erleuchtung, bekehrt. Aber die Israeliten hatten noch etwas anderes aus Ägypten mitgebracht.
    »Es gibt noch ein Detail in der Geschichte vom Goldenen Kalb, das beweist, dass es kein Exodus von Israeliten, sondern von Ägyptern war«, sagte Raisa. »Die Zehn Gebote, die auf die Tafeln graviert waren, die Moses am Fuße des Sinai zerschmetterte. Diese Gebote waren allesamt aus dem Totenbuch kopiert.«
    »Kopiert? Aus dem Totenbuch?«
    Raisa reichte Constance ein Dossier. »Hier siehst du das Kapitel 125 aus dem Totenbuch. Der Verfasser des Exodus brauchte die Zehn Gebote nicht zu erfinden. Er hat einfach zehn der Negativen Bekenntnisse kopiert und sie in Gebote verwandelt.«
    Die Negativen Bekenntnisse waren eine Aufzählung von zweiundvierzig Sünden. Der Verstorbene musste sie vor den zweiundvierzig Richtern des Osiris-Gerichts sprechen und erklären, dass er sie nicht begangen hatte. »Ich habe keine Unzucht getrieben« wurde zu »Du sollst nicht ehebrechen«, aus »Ich habe nicht gestohlen« wurde »Du sollst nicht stehlen«, und »Ich habe nicht gelogen« verwandelte sich in »Du sollst nicht falsch Zeugnis ablegen« und so weiter.
    »Ich könnte dir Dutzende ähnlicher Fälle aufzählen«, sagte Raisa. »Die sogenannten Propheten des Alten Testaments haben die Texte der Pyramiden und das ägyptische Totenbuch ausgeschlachtet. Und die Kirche stand ihnen gewiss in nichts nach, als die Collage des Neuen Testaments entstand. Ich werde es dir sofort beweisen. Was ist deiner Meinung nach das wichtigste Gebet der Christenheit?«
    »Na, das Vaterunser würde ich sagen.«
    »Nehmen wir die Version des Vaterunsers aus dem Lukasevangelium. Kein Katholik weiß, dass das Vaterunser, so wie es ihm im Katechismus beigebracht wurde, von einem vergleichbaren ägyptischen Gebet herrührt, einem Loblied auf Osiris-Amen, das mit den Worten begann: ›Oh Amen, der du bist im Himmel‹.«
    Außerdem bedeute »Amen«, das Schlusswort des

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