Curia
Freunde von der Kirche ihn beseitigen ließen. Van Daalen könnte recht haben. Was hat Pico della Mirandola entdeckt?«
» For Chrissake , wie soll ich es dir noch sagen? Nach dem, was auf dem Berg Athos passiert ist – der Tod von Clausen spricht Bände – und mit St. Pierre, der geradewegs auf Saudi-Arabien zielt, können wir nicht länger warten. Wir müssen diese drei aufhalten. Sofort.«
»Aber warum denn? Zwar haben Juden, Christen und Moslems jetzt den Papyrus dieses Theon in Händen, aber für sie ist es doch noch wichtiger, Schweigen darüber zu bewahren als für uns. Wo siehst du da ein Risiko?«
»Genau in diesem Punkt stimmen wir nicht überein«, sagte Fitzwilliam. »Du hast recht, was die Christen und Juden betrifft, aber bei den Moslems irrst du dich, und zwar gewaltig.«
»Wenn die Bibel untergeht, versinkt der Koran mit ihr.«
»Das glaubst du. Riad und seine Imame haben sich immer von der Bibel distanziert. Wenn dieses Grab ans Licht kommt, kann Israel den Laden dichtmachen. Glaubst du wirklich, dass die Saudis das nicht bedenken, vor allem wenn man sich ansieht, was derzeit im Nahen Osten passiert? Das Grab liegt auf ihrem Gebiet, und jetzt wissen sie es.«
Er ließ eine zweite Münze auf den Teller der Waage fallen.
Nachdenklich blies La Fontaine den Rauch seiner Zigarre in die Luft. »St. Pierre und die beiden anderen zu beseitigen löst das Problem nicht. Wenn sie verschwinden, bleiben die Saudis, und die sind, wie du selbst sagst, kurz davor, das Grab zu entdecken.«
»Glaubst du, ich habe nicht schon daran gedacht? Einerseits liegt der Papyrus von Tut sicher im Safe der Citibank, andererseits fühlt sich Kassamatis in Riad wie zu Hause.« Fitzwilliam warf La Fontaine einen verschwörerischen Blick zu. »Er wird derjenige sein, der das Wort ›Ende‹ unter diese Geschichte schreibt, was wir übrigens schon vor sechs Jahren hätten tun sollen, wenn ihr beiden auf mich gehört hättet.«
Fitzwilliam ließ eine dritte Münze in den Teller der Waage fallen. Die Waage senkte sich ganz auf eine Seite, und der Teller stieß mit einem dumpfen Geräusch gegen ein Bein der Athene.
»Nun? Sind wir uns einig?«
La Fontaine hob den Spazierstock und stieß damit ein-, zwei-, dreimal auf das Parkett. »St. Pierre und der Antiquitätenhändler sind entbehrlich, aber die Psychoanalytikerin nicht. Noch nicht.«
»Damn it!« Fitzwilliam war offensichtlich wütend. »Warum zum Teufel müsst ihr Europäer immer so kompliziert sein? Was hast du jetzt vor?«
Die Pendüle schlug zur halben Stunde. Es klopfte an der Tür der Bibliothek, und Theodric erschien auf der Schwelle.
»Monsieur le Comte, das Diner wird sogleich serviert.«
33 Ein Kahn fuhr tuckernd unter der Pont de Sully hindurch, die im gelben Licht der Straßenlaternen glänzte. Unbekümmert um den Regen, ging Théo über die Brücke auf den Quai Henri IV. zu.
Es war schön, nachts über die Boulevards an der Seine zu wandern und die Welt der kleinen Leute zu beobachten, die bis nach Mitternacht in den Cafés verweilten. An der Ecke einer Gasse lockte das Schild eines Bistros, das einen grünen Schein auf den nassen Asphalt warf. Er trat ein, setzte sich an die Theke und bestellte einen Courvoisier.
Der Wirt mit einer bis über den Bauch reichenden Schürze und einem Bleistift hinter dem Ohr schenkte ihm ein und kehrte dann zu seinem Gespräch mit einem Mann in einem gut geschnittenen blauen Zweiteiler zurück. Obwohl Ravels Bolero durch den Raum dröhnte, schnappte Théo ein paar Sätze auf.
»Ich sag’s dir, das Haus ist genau so, wie sie es beschrieben hat«, sagte der Gast. »Stell dir das mal vor! Das Haus meiner Kindheit in Saint-Malo. Sogar das Foto von mir über dem Kamin, wie ich auf dem Schäferhund sitze und einen Kreisel in der Hand halte!«
»Und das hat sie alles aus einer Tarotkarte?«
»Yves, hier geht es nicht um die Tarotkarten. Ich sage dir, die Herzogin hat übernatürliche Fähigkeiten.« Der Gast beugte sich über die Theke. »Sie liest im Unergründlichen«, flüsterte er.
»Ich habe eben unfreiwillig zugehört«, sagte Théo, als der Mann gegangen war. »Wer ist die Herzogin?«
»Eine clocharde , die sich in dieser Gegend rumtreibt. Eine mit medialen Fähigkeiten, sagen die Leute.«
»Ich habe etwas von Tarotkarten gehört …«
»Das ist die Spezialität der Herzogin, und meine Gäste sagen, dass sie sich niemals irrt. Träume und Zukunft für ein paar Euro.« Er zuckte mit den
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