Curia
von Naturgottheiten verehrten, unter denen El, die Göttin Aschera, Schahar, Astarte und Baal eine besondere Stellung einnahmen.
»Jahwe war ein unwichtiger Gott, einer unter vielen«, sagte Raisa, »und nicht zufällig ein Vulkangott, weil es in Saudi-Arabien offenbar von Vulkanen nur so wimmelte. Théo, warum fragst du das? Hast du etwas Neues herausgefunden? Etwas über das Pulver?«
»Nein. Im Moment ist das nur so eine Idee.«
»Théo …?«
»Ja?«
»Warum hältst du mich auf Distanz?«
Merde, no . Nicht jetzt. »Was meinst du damit?«
»Das weißt du sehr gut.«
»Du bringst mich auf etwas, was Vanko über die Beichte sagte. Ich weiß nicht, was schlimmer ist, der Beichtstuhl der Kirche oder die Liege der Psychoanalytiker.«
»Denk ja nicht, ich hätte es nicht gemerkt. Du hast Angst. Ich kann dir helfen, dich zu erinnern. Und gesund zu werden.«
»Verflixt noch mal! Ich hasse nichts mehr, als wenn jemand seine Nase in meine Angelegenheiten steckt!«
»Verstehst du denn nicht, dass es Angst ist, die aus dir spricht? Man hat immer Angst, im Unterbewusstsein zu graben, weil alle glauben, die Wahrheit würde wehtun. Und sie tut weh. Aber sie ist die einzige Möglichkeit, um …«
»Entschuldige, aber ich bin wirklich müde und würde gerne schlafen gehen.«
Er setzte sich wieder ins Wohnzimmer, füllte sein Glas und leerte es in einem Zug. Diese Psychoanalytiker! Er schnaubte ärgerlich. Ausgerechnet er musste an eine Vertreterin dieser Spezies geraten. Und obendrein sollte er sich auch noch schuldig fühlen. Das Licht brach sich im Glas und vervielfachte sich zu einer bunten Lichterkette.
»Lügner!«, schrie die Frau mit dem metaphysisch leeren Gesicht. »Auch dich selbst belügst du!« Statt ihm den silbernen Schlüssel zu reichen, warf sie ihn in die Luft, wo er eine leuchtende Bahn über den Himmel zog, dann den Berghang hinabrollte und im Meer verschwand.
Die Angst schnürte ihm den Magen zu. »Genug!«, schrie er. »Genug!« Wieder füllte er sein Glas. Wo war er stehen geblieben? Der Vulkan. Natürlich, der Vulkan. Nur der zählte jetzt.
Seine Überlegung hatte nur Sinn, wenn dieser Vulkan aktiv gewesen war, als der biblische Moses aus Ägypten floh. Echnaton hatte siebzehn Jahre lang regiert und war 1332 vor Christus spurlos verschwunden. Wie ließ sich feststellen, ob ein Vulkan im Nordwesten Saudi-Arabiens zu der Zeit ausgebrochen war? Ein Vulkanologe musste her. Doch wer?
Vor seinem inneren Auge tauchte ein Walrossschnurrbart auf. Er gehörte einem Geologen aus Reykjavik, einem schrulligen Mann, den er auf einem Kongress kennengelernt hatte. Merde , wie hieß er noch gleich?
Am nächsten Morgen ging Théo früh ins Büro und schloss sich im Archiv ein. Schließlich fand er die Mappe mit den Kongressunterlagen. Beim Blättern fiel eine Visitenkarte heraus: Prof. Björk Stefansson, Nordic Volcanological Institute, University of Iceland, Reykjavik . Das war er. Théo sah auf die Uhr und wählte die Nummer.
»Natürlich erinnere ich mich an Sie«, sagte Stefansson. »Womit kann ich Ihnen helfen?«
Théo erklärte ihm, wonach er suchte. Er sagte so wenig wie möglich und vermied jeden Bezug auf den Exodus.
Es gab verschiedene Techniken, um Ausbrüche vergangener Zeiten zu datieren. Der Professor deutete mehrere Methoden an, die vom C14-Gehalt über die Paläontologie bis zur Tephrochronologie und Dendrochronologie reichten.
»Gibt es irgendwo eine Datenbank historischer Ausbrüche, die nach geografischen Regionen geordnet ist?«, fragte Théo.
»Natürlich. Die vollständigste ist der Catalog of Active Volcanoes of the World von Simkin und Seibert. Er umfasst tausendfünfhundert Vulkane in aller Welt und geht zehntausend Jahre zurück.«
»Ich nehme an, Sie haben ein Exemplar.«
»Möchten Sie, dass ich bei Saudi-Arabien nachschaue?«
»Danke, Professor. Würden Sie bitte auch überprüfen, welche Vulkane im Nordwesten des Landes liegen?«
»Kein Problem. Ich rufe zurück.«
Eine Stunde später kam Clea in Théos Büro und legte ein Fax auf den Schreibtisch. »Aus Reykjavik.«
Théo hatte gerade angefangen, das Fax zu lesen, als das Telefon klingelte.
»Wie ich in meinem Fax geschrieben habe«, sagte Stefansson, »ist die Westküste Saudi-Arabiens mit Lavafeldern übersät, die ›Harras‹ genannt werden. Sie sind das Zeugnis einer starken vulkanischen Aktivität in der Vergangenheit. Der Katalog zählt etwa zwanzig historische Vulkane auf, und zwei davon liegen im
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