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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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Karte auf. Der Mond. »Bon courage ? Das müsste ich dir sagen«, murmelte sie mit besorgter Miene. »Hüte dich vor dem Kaiser, Jean Paul. Aber auch vor dem Teufel in dir.«

    Die Uhr an der Fassade des Musée d’Orsay zeigte 6:40 Uhr.
    Konstantine überquerte den Place de la Concorde und ging durch das Tor des Jardin des Tuileries. Der Park war menschenleer. Ein Sprengwagen wässerte die große Allee. Der Antiquitätenhändler legte seinen Aktenkoffer auf einer Bank ab und zündete sich eine Montecristo an. Dann ging er rasch auf den See zu und bog dort in den kleinen, von Marmorstatuen gesäumten Weg ein, der zur Terrasse des Feuilliants führte. Auf der Höhe der Statue, die den Herbst darstellte, sprach ihn eine Stimme an.
    »Monsieur Konstantine?«
    Konstantine drehte sich überrascht um. »Ja?«
    Der Mann mit dem Bulldoggengesicht drückte zweimal den Abzug einer Pistole mit Schalldämpfer. Konstantines Aktentasche fiel mit einem dumpfen Aufprall zu Boden, eine schmerzverzerrte Grimasse entstellte seine Züge. Er umklammerte die Aufschläge seiner Jacke, als wollte er den Blutfleck aufhalten, der sich auf dem weißen Hemd ausbreitete. Aus seiner Kehle kam ein Röcheln, seine Beine gaben nach, und er stürzte zu Boden.
    Ein Bein nachziehend, entfernte sich der Mann gemächlichen Schrittes in Richtung Place de la Concorde.
    Von der Montecristo, die mitten auf den Weg gerollt war, stieg ein Rauchfaden auf. Jemand schrie, eilige Schritte kamen näher. Über dem See erhob sich das Quaken der Enten.

    EIN ZIMMER IM HOTEL WINSTON IN MONTMARTRE, WENIGE STUNDEN SPÄTER
    Mit einem Seufzer klappte Kowalski das Buch Notre-Dame de Paris zu und setzte sich im Bett auf. Er war in Hemdsärmeln und trug rote, seidene Boxershorts, die bis zu den Knien reichten. Gedankenverloren starrte er ins Leere. Dann streckte er eine Hand zum Nachttisch aus und zog einen iPod hervor. Er stellte ihn an, drehte mehrmals an der Scheibe und legte ihn an seinen Platz zurück. Eine Frauenstimme sang das Thema aus dem Phantom der Oper .
    Nighttime sharpens, heightens each sensation. Darkness stirs and wakes imagination …
    Kowalski schob ein Magazin in die Walther PPK 7.65 und steckte die Pistole in den Halfter, der unter seiner Achsel hing. Dann beugte er sich über einen auf dem Bett ausgebreiteten Plan des Louvre. Sein Blick verweilte auf dem Ostflügel des Museums und einem vergrößerten Grundriss des ersten Stockwerks, auf den ein rotes X gemalt war.
    Er band sich eine seidene Krawatte um, zog einen dunkelgrauen Anzug mit Fischgrätmuster an und polierte seine schwarzen Lederschuhe, bis sie glänzten. Vor dem Spiegel schüttete er sich ein paar Tropfen Eau de Toilette in die Hand und betupfte seine Ohrläppchen.
    Vom Nachttisch nahm er eine Plakette und einen Ausweis der Police Judiciaire von Paris. Sein Blick fiel auf Notre-Dame de Paris . Zärtlich fuhren seine Finger über die Abbildung auf dem Einband – ein halb nacktes Mädchen, das nachts zwischen den grotesken Chimären und Wasserspeiern der Kathedrale umherirrte. Er warf das Buch aufs Bett und ging hinaus.

    LOUVRE, THÉOS BÜRO, SPÄTER VORMITTAG
    Das Telefon läutete.
    Am anderen Ende hörte man ersticktes Weinen. »Monsieur St. Pierre, Stephanie, die Sekretärin von Monsieur Konstantine … Etwas Schreckliches ist passiert. Monsieur Konstantine ist tot. Man hat ihn erschossen.«
    »Was … was sagen Sie da? Wer? Wann? Wo?«
    »Heute Morgen, als er durch die Tuilerien ging.«
    Um Viertel vor zehn sei ein Kommissar der Police Judiciaire in ihr Büro gekommen, der ihr eine Menge Fragen über Spyro, seine Arbeit und seine Bekanntschaften gestellt habe.
    »Gibt es keine Zeugen?«
    »Nein, die Polizei sagt …«, sie schluchzte, »dass niemand etwas gesehen hat.«
    »Stephanie, gab es jemanden, der Spyro hasste? Ich weiß nicht … ein Kunde oder vielleicht einer eurer Lieferanten?«
    »Nein, das weiß ich genau, ich arbeite seit achtzehn Jahren für ihn.«
    Nachdem er aufgelegt hatte, blieb Théo reglos sitzen, die Hand auf dem Telefonhörer, vor Augen das Bild von Spyros Körper, der in den Tuilerien am Boden lag. Die Kelch-Fünf und die Worte der Herzogin – »Es ist eine Warnung, dass du aufhören sollst« – schossen ihm durch den Kopf, und ihm war, als würde er ins Leere fallen wie ein Bergsteiger, der an einer steilen Wand ausrutscht.
    Er hörte Spyros dröhnendes Lachen, und in der Luft lag eine Spur Eau de Cologne. Erst Vanko, dann Pater Ascanio, jetzt Spyro. Wie viele

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