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Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
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an jemand Bestimmtes?«
    »An Guzman natürlich.«
    »Ottolenghi schließen Sie aus?«
    »Hm, die Sache riecht nach Opus Dei.«
    »Warum sind Sie sich dessen so sicher?«
    »Aus zwei guten Gründen: dem Einfluss des Opus Dei auf den Vatikan und Guzmans Persönlichkeit.«
    »Einfluss auf den Vatikan? In welcher Weise?«
    »Seit dreißig Jahren zieht das Opus Dei die Strippen. Erinnern Sie sich an den Skandal um Calvi Anfang der Achtzigerjahre?«
    »Vage, aber ich sehe keinen Zusammenhang.«
    »Ich erkläre Ihnen den Zusammenhang. Calvi war der Präsident der Bank ›Ambrosiano‹, der im Juni 1982 unter der Blackfriars Bridge in London ermordet wurde. Zwei Tage vorher hat er einen vom Opus Dei getroffen. Das hat Signora Calvi beim Prozess bezeugt. Dieser Typ ist nicht nach London gekommen, um ihm die Beichte abzunehmen.«
    Auch in zahlreichen Zeitungsinterviews hatte Signora Calvi erklärt, dass das Opus Dei sich mit ihrem Mann getroffen habe, um über die Übernahme von Schulden der Vatikanbank, des Istituto per le Opere di Religione IOR , zu verhandeln. Sie beschuldigte den Vatikan sogar öffentlich, Auftraggeber des Mordes an ihrem Mann zu sein. Kurz nach dem Tod des Bankiers zahlte das IOR über fünfhundert Milliarden Lire an die Konkursverwalter der Banco Ambrosiano. Im Oktober desselben Jahres gewährte der polnische Papst dem Opus Dei den Status einer »Personalprälatur«. So etwas hatte es in der Kirchengeschichte noch nicht gegeben.
    »Damit verlieh der Papst dem Opus Dei uneingeschränkte Macht«, sagte der Kommissar. »Zufall? Das bezweifle ich. Woher hatte das IOR so viel Geld? Warum diese Belohnung für das Opus Dei?« Der Kommissar zündete sich eine Gitane an. »Wissen Sie, was eine Personalprälatur ist?«
    »Bei dem, was ich über das kanonische Recht weiß, könnte es auch die Kegelmannschaft des Vatikans sein.«
    »Von 1982 an wurde das Opus Dei zu einer Diözese ohne territoriale Bindung. Als solche untersteht sie direkt dem Papst und nicht mehr der Bischofskongregation. Der Mann an der Spitze des Opus Dei ist ein Generalprälat im Rang eines Bischofs. Ebenjener Vicente Guzman.«
    »Commissario, würden Sie das bitte übersetzen?«
    »Ganz einfach. Im Unterschied zu einer Bischofsdiözese unterliegt das Opus Dei keinen territorialen Einschränkungen. Stellen Sie sich eine Diözese vor, die überall operieren kann und damit über der Autorität jedes lokalen Bischofs steht. Begreifen Sie, welche Machtfülle das bedeutet?«
    Théo dachte an die Worte Pater Ascanios, an Guzmans Überraschungsbesuch im Archiv und an den Numerarier, der Vankos Wohnung durchsucht hatte.
    »Wenn Sie deren Gott angreifen«, fuhr der Kommissar fort, »gerät die Maschinerie ins Stocken, Guzman wird wütend, und der Papst rümpft die Nase. Nachdem Ihr Bruder aus dem Weg geräumt wurde, sind Sie jetzt die Bedrohung. Kapieren Sie das endlich oder nicht?«
    Der Papagei steckte den Kopf aus der Voliere und blickte auf Théo herab. »Kapieren Sie das endlich?« , krächzte er.
    Verblüfft hob Théo den Kopf.
    »Das ist ein Amazonaspapagei.« Der Kommissar stand auf und streichelte durch das Käfiggitter den Kopf des Tieres. »Er heißt Poirot und ist sehr intelligent, wie übrigens alle Papageien. Und er hat ein fabelhaftes Gedächtnis.«
    »Wiederholt er alles?«
    »Nur manche Sätze, obwohl er zweitausend Wörter kennt. Er wiederholt das, was wirklich zählt.« Der Kommissar setzte sich wieder hin. »Hier drinnen verhöre ich Verdächtige, und Poirot hat meinen Jargon übernommen. Er wiederholt niemals ›papageienhaft‹, ihm fallen die Worte im richtigen Moment ein, passend zur jeweiligen Situation.«
    Théos Blick kehrte zum Kommissar zurück. »Wie reich ist das Opus Dei?«
    »Das weiß niemand, denn in der Haushaltsbilanz des Heiligen Stuhls taucht es nicht auf. Die Buchhaltung macht der Heilige Geist.«
    Das Geld wurde über eine Reihe von Stiftungen eingesammelt, darunter die Limmat in Zürich und die englische Netherhall. Die Stiftungen verfolgten gemeinnützige und pastorale Zwecke und waren damit von der Einkommenssteuer und der Verpflichtung zur Offenlegung ihrer Bilanzen befreit. Zwischen den Stiftungen und dem Opus Dei gab es keine juristischen Verbindungen; doch viele Mitglieder ihrer Verwaltungsräte waren auch Mitglieder des Opus Dei, das die Stiftungen auf diese Weise beeinflusste oder kontrollierte.
    Welchen Zwecken die Investitionen der Stiftungen eigentlich dienten, war unbekannt, sicher war jedoch, dass

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