Curia
und die päpstlichen Kopisten übersetzten sie ins Lateinische.«
Er hatte mit dem Präfekten des Archivs gesprochen. Die gesamte Korrespondenz der Patriarchen von Alexandria jener Zeit war auf Griechisch verfasst.
»Dann müsste es von diesem Pergament zwei Fassungen geben: das griechische Original und die lateinische Übersetzung«, sagte der Monsignore, seine Narbe auf der Wange streichelnd.
»Genau. Darüber habe ich sofort mit dem Restaurator gesprochen, der an dem Pergament gearbeitet hat.«
»Und …?«
Pater Pinkus Augen blitzten verschwörerisch. »Das Pergament war auf Latein geschrieben.«
»Dann gibt es noch Hoffnung.«
»Das griechische Original müsste noch immer irgendwo im Archiv vergraben sein.«
Der Monsignore trank seinen Kaffee in einem Zug aus. »Rufen Sie sofort den Sekretär Seiner Heiligkeit an.«
Zwei Stunden später marschierte Monsignore Guzman an der Spitze eines Trupps Numerarier des Opus Dei über den Cortile del Belvedere, betrat den Eingang zum Geheimarchiv und bat darum, dem Präfekten angekündigt zu werden.
Begleitet von seinem Gefolge, drang er in das Büro des verblüfften Präfekten ein und überreichte ihm ein Schreiben. Der Präfekt las es mit mürrischer Miene.
»Wenn Seine Heiligkeit es so wünscht …«
»So wünscht es Seine Heiligkeit.«
Im zweiten Kellergeschoss des Bunkers unter dem Cortile della Pigna öffnete sich die Panzertür. Die Numerarier des Opus Dei folgten dem Präfekten wie ein Rudel Jagdhunde. Er führte sie vor ein Regal, das bis zur Decke reichte. Auf dem Schild stand in Frakturschrift »IV. Jahrhundert n. Chr.«.
Auf dem Gestänge einer großen Voliere hockte ein Papagei mit gelbem Kopf, anthrazitgrauem Schnabel und einem Federkleid in Grün und Hellblau. Aufmerksam folgte er den Bewegungen von Kommissar Dominici, der mit einem Schraubenzieher am Ventilator hantierte.
»Also wäre der ganze Auszug aus Ägypten ein Riesenschwindel«, sagte der Kommissar lachend, nachdem Théo ihm von Pater Ascanio erzählt hatte. »Das wundert mich gar nicht. Schwer zu sagen, wer von beiden besser lügt, die Juden oder die Christen. Na gut, wenigstens haben wir jetzt ein Motiv.«
»Haben Sie nach meinem Anruf gestern noch etwas herausgefunden?«
»Ich habe mir den Namen des Arztes beschafft und bin sofort zu seiner Praxis gefahren. Aber er blieb eisern: Tod durch Herzmuskelinfarkt.«
»Warum bitten Sie den Ermittlungsrichter nicht, eine Autopsie anzuordnen?«
»Auf welcher Rechtsgrundlage? Pater Cerri war vatikanischer Staatsbürger und ist im Vatikan gestorben.«
»Sie könnten sich trotzdem an die Ärztekammer wenden.«
»Machen Sie Witze? Wo sind die Beweise? Sein Anwalt würde auf eine Straßenwalze springen und mich platt walzen wie einen Pfannkuchen.« Der Kommissar klopfte ein paarmal mit seiner Zigarettenspitze auf den Schreibtisch. »Wenn wir objektiv bleiben wollen, können wir außerdem nicht ausschließen, dass er in gutem Glauben gehandelt hat.«
»In gutem Glauben? Sogar ein frisch approbierter Arzt könnte einen Tod durch Herzinfarkt von einer Vergiftung unterscheiden, falls sie den Ärmsten so umgebracht haben.« Théo hob die Arme und ließ sie fallen. »Ich verstehe. Auch die Akte ›Pater Cerri‹ wird auf dem Regal irgendeines Archivs landen, um dort zu verstauben.«
»Glauben Sie, das macht mir Spaß?«
»Ich glaube, dass ich ein Recht auf Antworten habe«, sagte Théo und beugte sich über den Schreibtisch, auf dem sich Stapel orangefarbener Aktenordner türmten. Seine Miene wurde freundlicher. »Neuigkeiten aus Castel Gandolfo?«
»Nichts. Tut mir leid.«
Da sich kein Augenzeuge gemeldet hatte, blieb der Polizei nichts anderes übrig, als den Fall unter »Fahrlässige Tötung durch Unbekannt« zu archivieren.
»In meinem Beruf heißt das Geheimnis des Erfolgs Hartnäckigkeit«, sagte Théo.
»Was soll ich denn Ihrer Meinung nach tun? Dem Papst eine gerichtliche Vorladung schicken? Was kann ich ausrichten, wenn ich keine Verdächtigen verhören, keine Zeugenaussagen sammeln und keine Autopsie anordnen darf? Verraten Sie mir das mal.«
Sollte er Dominici von Vankos Pergamenten erzählen? Nein, das hätte nichts genützt. Der Vatikan stand über den Gesetzen, mehr denn je hier in Italien, einem Land, in dem die Trennung von Staat und Kirche reine Theorie geblieben war. Außerdem schien Dominici zwar zuverlässig, aber konnte er ihm wirklich vertrauen?
»Sie haben von einem Verdacht gesprochen«, sagte Théo. »Denken Sie
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