Curia
derselbe?«
»Natürlich wusste ich es. Es steht im Papyrus von Tut«, sagte Kassamatis im Tonfall eines Menschen, der von Selbstverständlichem spricht. »So, ich habe meinen Teil der Abmachung gehalten. Jetzt bist du an der Reihe. Es sei denn, dort drinnen steckt das, was ich hoffe.« Er nahm das Lederrohr, öffnete es und zog einen Papyrus heraus.
Von draußen drang das Donnern mehrerer Explosionen in die Kammer.
»Shouman, gehen Sie nachsehen, was zum Teufel da oben los ist«, sagte Kassamatis. »Schnell!«
Khalid blickte Théo fragend an, der ihm zunickte.
»Ich komme sofort zurück.« Khalid lief hinaus.
Als Khalid durch das Tor zum vierten Saal lief, schlug ihm jemand mit einem Gewehrkolben auf den Kopf. Er stöhnte, schwankte und stürzte zu Boden.
Der Monsignore machte dem Beduinen ein Zeichen, ihm zu helfen. Sie packten den Körper an den Beinen und schleiften ihn hinter eine Truhe. Dann schlichen sie leise durch den Raum und stellten sich zu beiden Seiten der Öffnung auf, die in die Grabkammer führte. Aus dem Inneren drangen Stimmen.
Kassamatis reichte Théo den Papyrus. »Nun, was steht dort?«
Théo rollte ihn vorsichtig auf. Die Hieroglyphen wirkten so frisch wie soeben geschrieben. Er übersetzte, während er vorlas. Seine Stimme schien aus einer der Parallelwelten von Ken Mayo zu kommen.
Ich, Thutmosis, einst Liebling des Königs und Meister der Werke im Haus der Strahlenden Sonne, schreibe diesen Papyrus, gequält von der Reue über meine Ruchlosigkeit.
Ich habe den Pharao mehr geliebt als meinen Vater und meine Mutter. Er nannte mich einen Freund, ließ mich zu seiner Rechten sitzen, und mehr als einmal warf er mir goldene Ketten vom Fenster der Erscheinungen zu. Und dennoch ließ ich ihn den Tod trinken, indem ich Gift in seinen Wein mischte und ihm den Kelch mit doppelzüngigen Worten reichte.
Ich tat es nicht für Amun, denn ich glaube nicht mehr an die Götter. Ich tat es, weil mich Heimweh nach den Zwei Ländern quälte, denn der Durst nach dem Wasser des Nils frisst mein ka auf.
Es geschah eines Abends. Der Pharao war auf Reisen im Königreich Mitanni. Wir saßen an den Lagerfeuern, und die Erinnerung an Theben zerriss uns das Herz. Wir phantasierten uns die Drei Hügel herbei, die vor dem Himmel aufragen, wir hörten die syrische Musik, die des Abends aus den Tavernen und den Freudenhäusern kam, wir rochen den Duft gebratenen Fisches in den Gassen des Hafens und sahen die Feuer, die die Frauen bei Anbruch der Dämmerung vor den Häusern aus Schilf und Lehm am Nil entzündeten.
Von der Sehnsucht nach unserer Heimat gepackt und trunken vom Wein, verfluchten wir den Pharao und Aton, schmolzen Gold und formten daraus einen Ra-Horakhty mit einem Widderkopf, gleich jenen, welche die Allee der Widder in Theben säumen. Wir taten es nicht für Amun, sondern wegen der Erinnerungen, die Amun mit sich brachte, denn der Wein des Exils ist bitter.
An jenem Abend kehrte der Pharao unerwartet zurück und überraschte uns dabei, wie wir dem goldenen Widder opferten. Sein Zorn kam gewaltiger über uns als die Wasserfälle im Lande Kusch. Er verfluchte uns, sagte, wir seien Atons nicht würdig, und zerschmetterte die Tontafeln, auf denen der König von Mitanni erklärte, dass er uns seine Gastfreundschaft gewähre, an dem goldenen Widder.
Kaum hatte der Pharao sich zurückgezogen, kroch der Hass durchs Lager, giftiger als eine Aspisviper.
»Wie kann er es wagen, so zu uns zu sprechen? Ausgerechnet er, der uns in eine Wüste geführt hat, wo wir inmitten von Skorpionen und Schakalen sterben müssen. Und warum? Für einen unbekannten Gott. Lieber Amun und seine Priester ertragen als diesen Fluch Seths!«
»Mit all seinen Träumen von Brüderlichkeit hat er Ägypten ins Verderben gestürzt«, sagte ein anderer. »Die Kornspeicher der Tempel sind leer, das Volk darbt, und Verbrecherbanden stürmen die Häuser, wo sie plündern, vergewaltigen und morden!«
Die enteigneten Ländereien lagen brach, denn es hieß, sie seien verflucht. Das Volk ernährte sich vom Hirsebrei der Armen, ja es aß sogar schon die Wurzeln von Wasserpflanzen und Heuschrecken.
Ägypten hatte das Reich Byblos, die Königreiche Mitanni und Amurru und viele Städte im Land Kanaan verloren, wo die habiru plündernd und brandschatzend umherzogen. Der Pharao hörte die Friedensangebote des Königs von Hatti, aber seine Ohren waren taub für den Lärm, der sich aus den Schmelzöfen der Hethiter erhob.
»Seit er in der
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