Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Curia

Curia

Titel: Curia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oscar Caplan
Vom Netzwerk:
Tutanchamun, am 18. Tag des zweiten Monats der Erntezeit. Indem ich dies schreibe, flehe ich meinen Herrn, den Pharao Amenhotep IV., um Vergebung an, welcher im fünften Jahr seiner Regierung den Namen Echnaton annahm, der, dessen Namen man in den Zwei Ländern nicht mehr aussprechen darf, der welcher sich nach der Flucht aus der Stadt des Horizonts Mose nannte. Er starb, weil er nach der Wahrheit leben wollte.

    »Ist das alles?«, fragte Kassamatis.
    »Das ist alles.« Théo rollte den Papyrus zusammen und steckte ihn zurück in das Futteral.
    »Was gab es in Sais? Warum ging er dorthin? Was tat er dort?«
    »In Sais stand der Große Phönix-Tempel.« Théo zeigte mit der Taschenlampe auf das Bild des Tempels an der Wand. »Nach der Legende erhob sich der Tempel über dem Grab des Osiris. In Sais wurde jedes Jahr ein Fest gefeiert, das Lichterfest, um den Tod des Gottes zu beweinen und die Mysterien seiner Auferstehung zu zelebrieren. In dieser Nacht wurde ganz Ägypten von Öllampen erleuchtet.«
    »Also, mich erinnert das stark an Mariä Lichtmess.«
    »Das ist auch so eine Kopie der katholischen Kirche. Und die Juden haben ihr Chanukka, das Lichterfest. Beides durchgesehene und korrigierte Neuauflagen des Lichterfests von Sais.«
    »Was weiß man über das Geheimnis der Auferstehung?«
    »Praktisch nichts. Herodot hat es in seinen Reisenotizen erwähnt, aber er hat sich darauf beschränkt, die Choreografie der Feierlichkeiten zu beschreiben, und die Sache mit der Bemerkung abgetan, die Mysterien von Sais seien nur etwas für Initiierte.«
    »Wie ist es nur möglich, dass Echnaton nichts Schriftliches hinterlassen hat?« Kassamatis fuhr mit der Taschenlampe über die Decke, die Wände und den Boden der Grabkammer.
    Théo dachte an den Kegel des Weißen Brotes, die Opfergabe für Aton. Gab es eine Verbindung zwischen dem Weißen Pulver und den Mysterien von Sais? Warum wäre der Kegel sonst ausgerechnet dort, auf die Eingangswand zur Grabkammer, gemalt worden?
    Etwas hatte Herodot in seinen Reiseberichten zu erwähnen vergessen. In der Nacht des Lichterfestes feierte Ägypten nicht nur das Mysterium der Auferstehung von Osiris, sondern die Auferstehung aller Toten. Die Lichter sollten den Verstorbenen den Weg zurück in ihre Häuser zeigen.
    Hatte das Weiße Pulver etwas mit der Unsterblichkeit zu tun? War dies das Geheimnis? Hatte Echnaton die Antwort in der Nacht des Lichterfestes im Großen Phönix-Tempel gefunden?
    »Ich habe meinen Teil getan«, sagte Kassamatis. »Jetzt bist du dran. Also, was ist dieses esoterische Geheimnis?«
    »Unter der Intarsie im Dom haben wir eine Kiste gefunden.«
    Théo erzählte von Picos Pergament, vom Kegel und von Raisas Nachforschungen. Die gedämpften Explosionen des Schusswechsels begleiteten seine Worte. Als er mit seinem Bericht fertig war, überfiel ihn ein seltsamer Eindruck: Das Weiße Pulver war durchaus nichts Neues für Kassamatis. Was suchte Alex?
    »Was habt ihr über die Eigenschaften des Pulvers herausgefunden?«, fragte Kassamatis.
    »Alles, was wir wissen, ist das, was in Mayos Labor passiert ist.«
    »Bist du wirklich sicher, dass du mir nicht noch mehr zu sagen hast?«
    Théos Arm streifte den Knauf der Pistole. »Das ist alles.«
    Kassamatis streckte die Hand aus. »Die Abmachung lautet, dass mir der Papyrus gehört.«
    Mit einer blitzschnellen Bewegung zog Théo die Mauser und zielte auf Kassamatis. »Bedaure, Alex, aber was wir in diesem Sarkophag gefunden haben, macht alle Vereinbarungen zunichte. Den Papyrus behalte ich.« Er streckte die Hand zum Hals der Mumie aus, griff nach der Kette und steckte sie in seine Hemdtasche. »Die Welt hat ein Recht darauf, alles zu erfahren. Und jetzt gehen wir hier raus. So wie ich dich kenne, hast du schon ein Transportmittel bereitstehen. Es gibt nur eine kleine Änderung: Du wirst zwei Reisegefährten mehr haben.«
    Mit einer Bewegung der Pistole bedeutete er den beiden Beduinen, sich neben Kassamatis zu stellen. Plötzlich hörte er leise Schritte. Aus dem Augenwinkel spähte er zur Tür, doch mehr als einen dunklen Umriss konnte er nicht erkennen. Noch im selben Moment stürzte ihm die Decke auf den Kopf, und ein grelles Licht blendete ihn. Er rang nach Atem, seine Beine gaben nach, dann fiel er ins Leere.
    »Das nehme ich, wie vereinbart.« Monsignore Guzman beugte sich über Théos Körper und zog ihm den ledernen Behälter aus der Hand. »Und wie kommen wir jetzt hier heraus? Kannst du mir das verraten? Ein

Weitere Kostenlose Bücher