Cut
Latexhandschuhe kamen zum Vorschein. Ein Fach im Koffer schnappte auf, und ein zwölf Zentimeter langes Fischmesser glitt heraus.
Wie war dein Tag?
Die Frage wurde laut, aber freundlich gestellt, die Kühlschranktür öffnete sich, jemand suchte nach einem Snack. Es war wirklich ein langer Tag gewesen, nicht einmal zum Essen hatte die Zeit gereicht. Dann wurde auf den Küchenboden gestampft, heftig und so laut, dass es unten im Keller zu hören war.
Warum so still? Immer noch sauer wegen gestern Abend?
Da rührte sich etwas. Der fette, graugetigerte Kater stand in der Tür und sah neugierig in die Küche. Man kannte sich bisher nur von der Straße draußen. Der Kater machte das Maul auf, aber mehr als ein leises Quieken brachte er nicht hervor.
Wo hast du dich denn versteckt?
Als ein Handschuh abgestreift und die Hand ausgestreckt wurde, zögerte der Kater nicht. Er kam sofort herbei und stupste die Hand mit dem Kopf.
Hast du Futter und Wasser? Komm, ich gebe dir was. Und dann kümmere ich mich um dein Frauchen, dein bedürftiges Frauchen, dein dummes, dämliches, bedürftiges Scheißfrauchen.
Am Küchentisch ein paar Schluck Wasser aus der Flasche und ein paar Scheiben von dem herben weißen Cheddar. Endlich den Tag abschütteln und ein bisschen entspannen, während der graue Kater sein Trockenfutter knabberte.
Tut mir leid, dass ich dich allein lassen muss, mein Freund, aber ich habe unglaublich viel zu tun. So viele Menschen warten. Wird Zeit, dass sie kriegen, was sie wollen.
Melissa Dumas war im erst teilweise fertiggestellten Keller, in dem Waschmaschine und Trockner standen und die Gartenmöbel lagerten, an einen alten Stuhl gefesselt. Einen Tag zuvor war sie, halb bewusstlos, an den Haaren die harte Treppe hinuntergeschleift worden. Ihr Kopf war gegen jede Stufe geknallt, sie hatte leise gestöhnt. Sie konnte nicht ermessen, wie oft auf sie eingestochen worden war, denn sie war immer wieder ohnmächtig geworden. Sie hatte um Wasser gebettelt und nur ein paar Tropfen bekommen, gerade genug, um sie am Leben zu erhalten.
Als sie ein Geräusch hörte, öffnete sie halb die Augen. Was sie sah, erschreckte sie: Die Bestie stand vor ihr, nur mit Papierhaube, Papierüberschuhen und Latexhandschuhen bekleidet.
Weißt du, wie lange du schon hier bist? Kannst du mich verstehen? Wie fühlt sich das an? Hörst du mich? WIE FÜHLT SICH DAS AN?
Als Melissas Kopf auf die Brust sackte, wurde er wieder angehoben. Ein Blick in die Augen, ein sanftes Lächeln. Das Lächeln war echt und nicht spöttisch oder böse gemeint. Manchmal entwickelt sich während der gemeinsam verbrachten Zeit eine gewisse Zuneigung für sie, ja ein Gefühl der Liebe fürdas, was sie von sich gegeben haben, für die vielen Stunden und die Geduld.
So müde, armes Kind? Keine Sorge. Ich habe die Katze gefüttert.
Ein Seufzen, ein Anflug von Bedauern. Nicht über das, was geschehen war. Nicht darüber, was noch geschehen würde, sondern weil es fast vorbei war.
Na gut, es wird Zeit. Ich muss noch meine Zeichen setzen. Und alles sauber machen.
32
G ute Bezahlung plus Spesen», sagte Larry Quinn. Seine Stimme klang hohl, und zwischen den Worten gab es jedes Mal eine dumpfe Stille. Er telefonierte anscheinend mit einer Freisprechanlage. Ich sah zu Neil hinüber. Der hatte sich in seinem Stuhl zurückgelehnt und die Füße hochgelegt. Ich schaltete den Lautsprecher an, damit Neil mithören konnte. «Aber du musst hoch nach Ellijay fahren», sagte Quinn.
Ellijay, im Norden Georgias, tiefste Provinz. Waldschrate! Im Geiste hörte ich Countrymusic, und sah Ned Beatty auf allen vieren vor mir. Doch ich brauchte das Geld, und ehrlich gesagt, kam es mir ganz gelegen, die Stadt wieder zu verlassen. Ich würde nicht nur das Abendessen bei meinen Eltern morgen versäumen. Ich musste auch an das Bild denken, das ich in Charlies Haus gefunden hatte, und an die Worte, die er über mein Gesicht gekritzelt hatte.
Verdammte Lügnerin
. Ich dachte an das schreckliche Paket, das mir ins Georgian geschickt worden war.
«Es ist schön da oben», fuhr Quinn fort. «Und ein bisschen kühler. Wir mieten dir eine hübsche kleine Hütte. Hast du Zeit?»
«Worum geht’s denn?»
«Äh, es ist eine Art Vermisstensache», sagte er, und ich hörte, wie im Hintergrund jemand zu kichern begann.
«Aha.»
«Also, eigentlich geht es um eine vermisste Kuh», sagte Quinn. Das Kichern in seinem Büro wurde lauter.
O Mann.
«Ein Kuh-Kasus sozusagen», meinte er, und
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