Cut
da brach vereinzelt Gelächter aus.
Neil wurde neugierig. Er grinste mich an und kam in mein Büro.
«Nur eine Kuh?», fragte ich und zwinkerte Neil zu. «Oder eine ganze Herde?»
In Quinns Büro gab es kein Halten mehr. «Tut mir leid, Keye», sagte Larry. «Es ist unser erster Kuh-Kasus. Warte einen Moment.» Im Hintergrund nur noch Gelächter und Geschnaube.
Ich sah Neil an und verdrehte die Augen.
«Okay, sorry», sagte Quinn. «Ein Mandant besitzt ein bisschen Land in Ellijay, und die Familienkuh ist verschwunden. Der Mandant hat uns gebeten, jemanden zu engagieren, der die Kuh finden soll, und du bist unsere Auserwählte.»
«Ich fühle mich geschmeichelt», entgegnete ich. «Die Kuh ist ein Haustier?»
«Ja», brachte Quinn zwischen Schniefen und Schnauben hervor. Es hörte sich fast an, als heulte er. «Sadie, die Hauskuh», sagte er. In seinem Büro brachen alle Dämme.
Mein Handy spielte Rausers Klingelton. «Larry, kann ich einen Augenblick darüber nachdenken und dich zurückrufen?»
«Déjà muh», sagte Quinn, und da konnte auch Neil nicht mehr an sich halten.
«Sieht aus, als hätten wir ein weiteres Opfer», berichtete Rauser. Er klang müde und erschöpft. «Die Haushälterin hat sie im Waschkeller gefunden.»
«Ach, Rauser», sagte ich.
«Die gleiche Handschrift. Stichverletzungen, Draht, Bissspuren, der Tatort wurde gereinigt. Kaum hatten wir ihren Namen in den Computer eingegeben, kam heraus, dass sie in Fulton prozessiert hat. Diskriminierung, sexuelle Belästigung. Sie hat eine saftige Entschädigung von ihrem Arbeitgeber bekommen. Ihr Name ist Melissa Dumas. Der Täter hat sie an einen Stuhl gefesselt und ihr wiederholt in die Vorderseite ihres Körpers gestochen, sie dann auf den Boden gelegt und post mortem ein weiteres Dutzend Mal in die Rückseite gestochen. Der Gerichtsmediziner meint, die Verletzungen vorne sind ihr zwölf bis fünfzehn Stunden vor Eintritt des Todes zugefügt worden.»
Ich musste diese neue Schreckensmeldung erst mal sackenlassen. «Er hat sich also einige Zeit mit ihr genommen», sagte ich, mehr zu mir selbst als zu Rauser. «Mein Gott.»
«Die Verletzungen sind ihr zu unterschiedlichen Zeitpunkten zugefügt worden. Ich glaube, er ist ein paarmal gekommen und gegangen. Der sadistische Scheißkerl hat sie leiden lassen. Ich muss mir immer vorstellen, welche Angst sie dort unten im Keller gehabt hat, nicht wissend, ob er wiederkommt oder nicht. Die Nachbarn wissen nichts von ihr, sie haben sie nur beim Joggen gesehen. Sie kannten nicht einmal ihren Namen. Keye, sie hat seit vier Jahren dort gewohnt, und die Nachbarn wussten nicht einmal, wie sie heißt.»
«Gibt es Hinweise auf sexuelle Handlungen? Penetration oder Genitalverstümmelungen?» Ich dachte an Anne Chambers und die Aufnahmen von ihrem blutverschmierten Wohnheimzimmer, über denen ich gebrütet hatte. Ich dachte an Jacob Dobbs, der in einem Wagen kastriert worden war. «Wo war Charlie, als sie starb?»
«Charlie ist meinen Leuten zweimal entwischt. Ich wette,die Zeiten stimmen genau mit denen überein, die der Gerichtsmediziner ermittelt hat. Habe ich schon erwähnt, dass in dem Haus eine Katze war? Wasserschüssel und Fressnapf waren gut gefüllt.»
«Er wollte sicherstellen, dass die Katze versorgt ist, bis jemand kommt.» Ich atmete tief ein. Mir fiel ein, dass Charlie einmal ein herrenloses kleines Kätzchen aufgelesen und in mein Büro mitgebracht hatte. Er hatte es sich die ganze Zeit an die Brust gedrückt, bis meine Mutter kam und es ins Tierheim brachte.
«Der Chief überlegt, ob er das FBI um Hilfe bitten soll.»
Bei der Ortspolizei hasst man jede Einmischung der Bundesbehörde. Rausers Abteilung hat einen bestimmten Rhythmus. Seine Leute kennen und lieben ihre Stadt. Es war
ihre
Ermittlung. Für Rauser war das nicht nur ein weiterer Mord. Ich kannte ihn. Es war ein weiterer Mord, den er nicht hatte verhindern können, ein weiterer Misserfolg, wieder war eine Familie auseinandergerissen worden. Außerdem bedeutete es erneut sensationslüsterne Schlagzeilen, weitere Appelle an die Polizei, diese Mordserie endlich aufzuklären. Ich fragte mich, wie viele Leute die Polizei wohl mit Anrufen bombardiert hatten seit der Veröffentlichung von Charlies Bild, wodurch die Belastung der Ermittlungsgruppe und Rausers Stress noch vergrößert wurden.
«Ich kann in zehn Minuten da sein», bot ich ihm an.
«Ich möchte nicht, dass du am Tatort bist. Er hat dich schon einmal ins Visier genommen.
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