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Cut

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Titel: Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Kyle Williams
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war ein ganzes Stück. Hätten sich eine Studentin im zweiten Jahr und ein Serienmörder dort über den Weg laufen können? Wo? Wenn nicht in einem Seminar, dann vielleicht in einer anderen Gruppe, in einem Club oder in einer Freizeiteinrichtung?
    Ich zog eine Schreibtischschublade auf, um nach einem Stift zu suchen, entdeckte stattdessen aber eine ungeöffnete Schachtel Zigaretten und Rausers angelaufenes Zippo. Ich erinnerte mich an den Benzingeruch, den das Feuerzeug verströmte, wenn er sich eine Zigarette ansteckte. An Thanksgiving war mir aufgefallen, dass er kein einziges Mal nach draußen gegangen war, um eine zu rauchen. Er versuchte aufzuhören. Ich hatte ihn seit Jahren dazu gedrängt. Und er hatte mit Jo Schluss gemacht. Als mir klarwurde, dass sich Rauser ganz bewusst auf ein Leben mit mir vorbereitet hatte, hätte ich fast angefangen zu heulen.
    Ich klappte das Album des Jahres auf, in dem Anne Chambers getötet worden war, und begann, es noch einmal Seite für Seite durchzugehen. Ich wollte mir erneut jeden noch so blöden Schnappschuss ansehen, die Listen der Teams und Clubs und Gruppen, die einzelnen Seminarfotos, die Gruppenbilder und die der Lehrkörper, einfach alles.
    Doch plötzlich fiel mir etwas ein, und ich betrachtete wieder den Campusplan. In der Nähe der Hochschule für Kriminologie und Strafrecht an der Call Street befand sich die Kunstakademie. Anne hatte dort im Fachbereich Bildende Künste studiert. Die beiden Gebäude lagen praktisch direktnebeneinander. Wenn ihre Stundenpläne ähnlich gewesen waren, hätte der Mörder sie jederzeit beim Hineingehen sehen und ansprechen können.
    Mein Herz schlug schneller. Musste ich nach einem Studenten suchen? Oder nach einem Fakultätsmitglied? Ich erinnerte mich daran, dass die alte Emma gesagt hatte, sie hätte Anne gewarnt. Und Mrs.   Chambers hatte erwähnt, Anne wäre von einer Affäre in die nächste gestürzt. Ich kam der Lösung näher. Ich spürte es.
Ich kriege dich, du Scheißkerl.

37
    I ch saß noch mit Rausers Zippo in der Hand in seinem Büro, als mein Telefon klingelte. «Also», begann Neil, «ich habe nochmal über die Sache mit den Blogs nachgedacht. Was war bei den Morden von Wunschknochen das Auffälligste?»
    Ich bemühte mich, ihm zu folgen. «Die Stiche?»
    «Genau», sagte Neil. «Und was steckt dahinter?»
    «Macht, Penetration, Kontrolle   …»
    «Nicht so kompliziert, Keye. Denk einfacher.»
    «Äh   …»
    «Sex und Schmerz, richtig?», meinte Neil.
    «Okay.»
    «Pass auf, ich habe im Internet ein paar Fetisch-Webseiten gefunden, auf denen man sich über seine kranken Pornophantasien auslassen kann, ohne dass man gleich vom Anbieter rausgeschmissen oder ins Gefängnis gesteckt wird. Solange man es eine Phantasie nennt, kann man über alles schreiben, was man mit irgendjemandem angestellt hat.»
    Die Polizeibeamten und Neil hatten lange und intensiv nach einem Blog gesucht, von dessen Existenz ich überzeugt gewesen war, den ich aber nie hatte finden können. Vielleicht hatten wir die falschen Fragen gestellt.
    «Wir haben nicht nach Hardcoreporno- oder Fetischseiten gesucht. Man muss die richtigen Begriffe in die Suchmaschine eingeben.» Neil hatte meine Gedanken gelesen. «Keye, ichhabe einige Internetcommunities von sogenannten Fetisch- und Messerspielfans gefunden. Darin gibt es haufenweise Einträge von Leuten, die sich an Blut und Messern und so einem Scheiß aufgeilen.»
    «Hast du den Blog von Wunschknochen gefunden?» Mein Herz schlug schneller.
    «Ich schicke dir den Link. Die Webseite nennt sich Messerspiele. Du musst nach einem Blogger mit dem Namen Bladedriver suchen. Aber mach dich auf was gefasst. Das ist ziemlich harter Stoff.»
    Auf Rausers Computer begann ich, den Blog von Bladedriver auf Messerspiele.com zu lesen, eine Webseite, die sich als
deine scharfe Community im Netz: Fetisch- & Messerspiele
anpries und auf der ungehemmt sexuelle Phantasien ausgetauscht wurden. Schon der Aufbau der Seite entsetzte und ekelte mich. In dem Blog hatten sich über einen Zeitraum von drei Jahren ungefähr sechzig Einträge angesammelt. Bei manchen handelte es sich nur um wirres Geschwafel. Gejammer über schwache, bedürftige Menschen, über Kommerz, über die allgemeine Gier. Doch manche Einträge waren in ihrer detaillierten Schilderung beängstigend. Ich erkannte Beschreibungen von Lei Koto, David Brooks, Melissa Dumas und Anne Chambers, und jedes Mal wurden sie so dargestellt, als hätten sie die

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