Cut
Leiche freigegeben wurde.
Wir blieben vor der Tür stehen, während uns der Beamte, der als Erster vor Ort gewesen war, die nötigen Informationen gab. Er hatte Rausers Anweisungen wortwörtlich befolgt. Niemand, nicht einmal ein verärgerter Beamter der Spurensicherung, war hineingelassen worden. Jeder, der mit dem Tatort in Kontakt gekommen war, hatte bleiben und wohl oder übel darauf warten müssen, detaillierte Fragen zu beantworten.
«Der Name des Opfers lautet David Brooks», berichtete uns der Beamte.
Rauser sah mich an. Sein Kiefer zuckte. Er klopfte dem Beamten auf die Schulter und sagte leise: «Gute Arbeit.»
Auf Rausers Bitte hin sprach ich kurz mit Ken Lang, dem Spezialisten der Spurensicherung. Ich sagte ihm, dass ein Experte für die Blutspurenanalyse unterwegs war und dass von keiner Blutspur Proben oder Abstriche genommen werden durften, es sei denn, es gab eine noch nicht geronnene Lache. In diesem Fall wäre es möglich, eine Probe zu nehmen, ohne andere Spuren zu beeinträchtigen. Außerdem sollte die Spurensicherung so gründlich erfolgen, als handele es sich um eine Tat des Wunschknochen-Mörders. Lang nickte. Sollte es Fasern geben, irgendeine DN A-Spur , würde er sie finden. Ich war nicht so zuversichtlich wie er.
Das Hotel war der ideale Ort, falls David Familie hatte und der Täter ihn nicht zu Hause überfallen konnte, wo er vorher alles hätte auskundschaften können. Die Anlage erstreckte sich über einige Hektar. Die Lobby mit der Rezeption befand sich in einem kleinen, freistehenden Gebäude, und über das gesamte Gelände verteilt standen zweigeschossige Backsteinhäuser, in denen es jeweils offenbar nur zwei Apartments gab. Außer am Eingang der Lobby und an der Rezeption hatte ich keine Kameras entdecken können. Und selbst bei gutem Hauspersonal waren Hotels mit mehr Faser- und DN A-Spuren übersät, als das Labor bearbeiten konnte.
Rauser teilte die Arbeit unter den Detectives und den uniformierten Beamten auf. Die Einfahrt zum Parkplatz war mittlerweile versperrt. Niemand dürfe das Hotel verlassen, sagte er, und jede Person vor Ort müsse vernommen werden, egal wie weit ihr Zimmer vom Tatort entfernt sei. «Jeweils zwei Leute gehen in ein Gebäude und verhören die Gäste», wies er diePolizisten an. «Und bevor das Personal nach Hause geht, muss von jedem eine Aussage aufgenommen werden. Balaki, hol dir die Kreditkartenbelege von der Rezeption. Jemand soll die Geschäfte in der Nähe abklappern und die Leute fragen, was sie gesehen haben. Ich glaube, das Krystal und das Pancake House sind geöffnet. Bevins, du überprüfst mit Velazquez alle Fahrzeuge, und dann durchsucht ihr noch einmal das Gelände.»
Die Spannung war spürbar. Rauser tastete seine Hemdtasche nach der Zigarettenschachtel ab und hielt dann inne. So groß das Verlangen auch war, an einem abgeschlossenen Tatort durfte nicht geraucht werden. «Bewegt eure Ärsche, Leute. Vielleicht hält sich der Täter noch in der Nähe auf.»
Rauser schaute zu Lang, der mit Videokamera in der einen, Aluminiumkoffer in der anderen Hand und einer digitalen Nikon um den Hals dastand. Er hatte sich eine Kappe und Überschuhe aus Papier angezogen und trug einen Laborkittel aus speziellem, faserabweisendem Stoff.
«Danke, dass Sie gewartet haben», sagte Rauser zu ihm und deutete in Richtung Tür. «Wir ziehen uns um und folgen Ihnen.»
Hinter uns ertönten Stimmen. Eine Frau mit einem Koffer in jeder Hand sprach mit den uniformierten Beamten. Sie trug Jeans, Tennisschuhe und ein ausgeblichenes bauchfreies, ärmelloses Army- T-Shirt .
«Das ist unser Blutspurenexperte», sagte Rauser und grinste mich an.
Er ging zu ihr, gab ihr die Hand und legte einen Arm um sie. Sie war eine schöne Frau mit ausgeprägtem Kinn, kurzem, welligem Haar, samtener Haut und der athletischen Figur einer Schwimmerin. Sie sah aus, als würde sie nur Müsli und Obst essen. Wahrscheinlich stand in ihrem Kühlschrank Sojamilch, und bestimmt aß sie nie einen Cheeseburger.
Rauser führte sie zu mir und stellte uns vor. «Keye, ich möchte, dass du Jo Phillips kennenlernst. Jo, das ist Keye Street, unsere Haus-und-Hof-Psychologin. Jo ist früher einmal einer anständigen Arbeit nachgegangen. Jetzt hat sie sich aufs grausige Fach verlegt. Blutspuren. Mein Gott, wie gruselig.» Rauser schüttelte sich gespielt und erzeugte etwas Gelächter.
«Ich war Polizistin, aber das ist sieben Jahre her», sagte Jo Phillips und lächelte mich an. Wir zogen uns
Weitere Kostenlose Bücher