Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cut

Cut

Titel: Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Kyle Williams
Vom Netzwerk:
Papierüberschuhe an und schlüpften in Kittel. Sie streifte Latexhandschuhe über ihre langen Finger und knuffte dann Rauser mit dem Ellbogen. «Aber so sind eben die alten Kerle. Wollen immer die Vergangenheit aufleben lassen, nicht wahr, Aaron?»
    Ihre Stimme war rauchig und sanft zugleich und vom Tonfall des Südens gefärbt. Ein bisschen wie Lauren Bacall. Ich hasste sie bereits. Soll ich die Gründe aufzählen? Wer kommt mitten in der Nacht in einem bauchfreien T-Shirt an einen Tatort? Und für was soll «Jo» eigentlich stehen? Ich hoffte, für Joseph. Dann dieser vertraute Knuff in Rausers Rippen, Gott, wie ich das hasste. Und wie sie seinen Vornamen ausgesprochen hatte! Die plumpe Vertraulichkeit der beiden ging mir vollkommen gegen den Strich.
    Rauser öffnete die Tür des Apartments. Ken Lang ging mit der Videokamera zuerst hinein und bewegte sich vorsichtig darin umher. Spurensicherung ist eine heikle Angelegenheit. Schon der kleinste, durch irgendeine Bewegung erzeugte Luftzug kann die Position von Spuren verändern.
    Das Apartment sah teuer aus und war offenbar für zahlungskräftige Geschäftsreisende eingerichtet. Es hatte zwei Etagen, zwei Kamine, eine vollausgestattete Küche, eine Bar, drahtlose Kommunikationsgeräte und eine Art Konferenztisch im Essbereich. Hatte der Mörder oder das Opfer diesenOrt vorgeschlagen? Wer von den beiden kannte solche Hotels? Nein, die Wahl des Ortes war bestimmt nicht dem Zufall überlassen worden, undenkbar bei einem derart vorsichtigen und präzisen Täter. Der Mörder hatte sich bewusst dafür entschieden. «Wir suchen nach einem Mann, dessen Erfolg und Spesenkonto es erlauben, in einem solchen Hotel abzusteigen», sagte ich zu Rauser.
    Die Kühle im Raum war ein deutlicher Kontrast zu den schwülen dreißig Grad draußen. Im Sommer ist man in Georgia selbst nachts schnell schweißgebadet, deshalb fällt es sofort auf, wenn man einen auf unter zwanzig Grad heruntergekühlten Raum betritt. Im Kamin brannte ein Gasfeuer. Mir fiel ein romantisches Wochenende mit Dan ein, an dem wir die Klimaanlage auch so eingestellt hatten. Nichts trägt besser zur Romantik bei als ein Kamin. Ich fragte mich, ob sich der Mörder vor oder nach dem Mord an dem Feuer erfreut hatte.
    Wie immer war es ein seltsames Gefühl, in einem Raum zu stehen und zu wissen, dass er ein ganz normaler Raum gewesen war, bevor er zum Ort eines Verbrechens wurde. Wie hatte es begonnen? Sanft, mit einem Kuss? Bisher konnte ich nichts erkennen, was auf einen Kampf hindeutete. Es würde zehn, zwölf Stunden dauern, ehe die Spurensicherung ihre Arbeit in einer solchen zweigeschossigen Suite beendet hatte. Erst dann würde die Geschichte ans Licht kommen, und wir würden verstehen, was hier geschehen war. Lang würde sich, abgesehen von den Blutspuren, um den größten Teil der Beweisaufnahme kümmern müssen, er hatte also eine lange Nacht vor sich.
    Lang machte die ersten Videoaufnahmen vom Schlafzimmer, dort schien der Mord stattgefunden zu haben, ich ließ meinen Blick durch den Raum schweifen. Die Leiche lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Bett. Unter Hals und Brustwar so viel Blut in die Decke und die Matratze eingedrungen, dass sie sich dunkelrot verfärbt hatten. Die Decke war bis zur Taille hochgezogen und um die gespreizten Beine drapiert worden, sodass sich der Unterkörper darunter abzeichnete. Auch sie war mit Blut gesprenkelt.
    Auf dem Nachttisch neben dem Telefon sah ich eine beschlagene Flasche teuren Chardonnay und zwei feuchte Kringel. Aber ich konnte keine Gläser entdecken. Der Experte von der Spurensicherung war meinem Blick gefolgt.
    «Ist mir auch aufgefallen», sagte Lang und setzte seine Arbeit fort. «Zwei Ringe und nur ein Glas. Es liegt dort auf dem Läufer neben dem Bett. Sieht so aus, als hätte das Opfer es fallen gelassen.»
    Ein Glas fehlte? Hatte der Mörder es vom Tatort entfernt? Weshalb? Ein Souvenir, etwas für die Trophäensammlung? Oder hatte er es aus Vorsicht mitgenommen und das andere in der Eile vergessen? Man kann nie wissen, ob man nicht einen Speichelrest, einen Fingerabdruck, eine Wimper oder irgendeine andere winzige DN A-Spur zurücklässt, wenn man hastig von einem Tatort verschwindet. Vielleicht hatte der Täter angesichts der Umgebung das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren und sich beeilen zu müssen, vielleicht fehlte ihm die Zeit, diesen Tatort vollständig zu manipulieren.
    Ich betrachtete die Leiche auf dem Bett. David Brooks war weiß, vielleicht

Weitere Kostenlose Bücher