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Cut

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Titel: Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Kyle Williams
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Wagen hinter mir und jeder Wagen, der vorbeifuhr, ließ mein Herz rasen. Was war das bloß für ein furchtbares Gefühl? Gott, ich wollte es abschütteln, ich wollte diese Bedrohung loswerden, die überall lauerte. Ich wollte nicht so tief verstrickt sein. Doch vielleicht ist das eine Lüge. Vielleicht ist durch das Leben, das ich geführt habe, und die Gedanken, von denen ich mich habe vereinnahmen lassen, und die Dinge, die ich gelesen und studiert und wiederund wieder besprochen habe, eine Art magnetisches Feld entstanden, das mich zur Gewalt zieht, eine Kraft, die ich so sehr fürchte, dass ich sie hasse, die mich aber auch so fesselt, dass ich nicht vor ihr davonlaufen kann.
    Ich überlegte, ob ich die nächste Ausfahrt nehmen, das Licht ausmachen und in die erstbeste Nebenstraße abbiegen sollte, um herauszufinden, ob ich wirklich verfolgt werde. Doch ich hielt mich an Rausers Plan. Beim FBI waren mir aus gutem Grund die Vorteile der Teamarbeit eingetrichtert worden. Jede Einzelaktion barg das Risiko, dass ein Täter sich der Verhaftung entzog, und wenn man es mit einem Mörder zu tun hatte, waren riskante Egotrips unverzeihlich.
    Die Skyline der Innenstadt ein paar Meilen vor mir sah aus wie eine Ansammlung von Bauklötzen. Eine weitere heiße Augustnacht, und ich hatte noch den Gestank des Kerosins in der Nase. Normalerweise hätte ich das Dach runtergeklappt, das Radio aufgedreht und   …
    Ich wurde jäh unterbrochen. Ein Geräusch, so hohl und laut wie ein Schuss, peitschte durch die stille Nacht. Mein Wagen brach vorn Richtung Seitenstreifen aus. Ich versuchte ihn herumzureißen. Dann sah ich, wie ein Rad auf der Straße davonhüpfte. Ich schleuderte auf drei Reifen und dem Kotflügel mit fast hundert Sachen über den Asphalt. Als ich quietschend über weiße Linien schoss und gegen die Bordsteinkante krachte, begann mein Telefon zu klingeln.
    Ich erinnere mich, dass ich seitlich Richtung Brückengeländer schlitterte, ich erinnere mich, dass ich den Wagen nicht mehr unter Kontrolle kriegen konnte, und ich erinnere mich, dass die Scheinwerfer hinter mir näher kamen.
    Aber ich weiß nicht mehr, wie ich gegen die Windschutzscheibe knallte.

19
    V ielleicht überrascht es Sie zu erfahren, dass ich eine sehr gute Patientin bin. Ich gehöre nicht zu den Leuten, die sich darüber beklagen, still liegen zu müssen, und die sofort wieder an die Arbeit wollen. Nein. So bin ich nicht. Ich habe absolut kein Problem damit, zu schlafen, fernzusehen und von einem Plastiktablett zu essen. Allerdings hätte ich mich über ein Schmerzmittel in einem dieser kleinen Papierbecher als Beilage gefreut, doch offenbar werden bei Gehirnerschütterungen keine Medikamente gegeben. Nein, nein. Sie wollen, dass man klar bleibt. Ein paar Tage Ruhe, alle halbe Stunde ein Blick in die Pupillen, das war’s. Als Rauser mir sagte, dass ich großes Glück gehabt hätte, die Patientin im Nachbarzimmer hätte bei einem Autounfall zwanzig Knochenbrüche erlitten und stehe unter starken Schmerzmitteln, phantasierte ich davon, ihr ein paar Pillen vom Nachtschrank zu klauen, während sie schlief. Es kam mir wie eine Verschwendung vor, im Krankenhaus zu liegen und nicht wenigstens ein bisschen abzudriften. Wo sonst darf man straffrei Drogen nehmen?
    Neil, der bereits sein halbes Leben bewusstseinsverändernde Substanzen im Selbstversuch testete, nahm meine Klagen so ernst, dass er fast den ganzen Tag verschwand und mit einem Haufen selbstgebackener Haschkekse und einigen grünen und weißen Pillen zurückkam, von denen mir, wie erversprach, die Augen übergehen würden. Ich warf die zwielichtigen Pillen in den Müll, als er gerade nicht hersah, und legte die Kekse beiseite.
    Ich befand mich im Piedmont-Krankenhaus in der Innenstadt, hatte aber keine Ahnung, wie ich hergekommen war. Ich war für mehrere Stunden ausgeknockt gewesen, ehe ich mit hämmernden Kopfschmerzen aufwachte und die Männer meines Leben auf mich herunterstarrten: Rauser, Neil und mein Vater. Alle drei stanken nach Zigarettenrauch und brauchten dringend einen Kamm und ein frisches Hemd. Ich war ziemlich überrascht, dort zu sein oder überhaupt irgendwo zu sein. Das Geländer war immer näher gekommen, und ich hatte mit erschreckender Klarheit begriffen, dass ich mich getäuscht hatte, es ging gar nicht darum, mich zu beobachten, es ging darum, mir eine Falle zu stellen. Dieser Mensch war hinter mir und wollte mich töten, er hatte meinen Wagen fahruntüchtig gemacht und

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