Cyberabad: Roman (German Edition)
Transaktionen.«
»Aber wer würde so etwas konstruieren wollen?«
»Brahma ist nicht konstruiert, nicht mehr als Sie, Mr. Ray. Er hat sich evolutionär entwickelt.«
Vishram schüttelt den Kopf. Die Hitze unmittelbar vor dem Monsun ist schrecklich, verrückt, entzieht einem jede Vernunft und Kraft.
»Brahma?«, sagt er matt.
»Ein Name. Ein Titel. Er hat nichts zu bedeuten. Identität ist auf der Cybererde viel weiter und lockerer gefasst als bei uns. Brahma ist eine geographisch verteilte Entität, über viele Knoten und Unterkomponenten, Kaihs niedrigerer Stufe, denen vielleicht gar nicht bewusst ist, dass sie Teil einer höheren Wesenheit sind.«
»Und diese ... Generation Drei ... ist gewillt, mir einhundert Millionen US-Dollar zu geben.«
»Oder mehr. Machen Sie sich klar, Mr. Ray, dass Geldverdienen für eine Entität wie Brahma die leichteste Übung ist. Nicht schwieriger als für Sie das Atmen.«
»Warum, Mr. Chakraborty?«
Jetzt setzt sich der Anwalt. Der Junge greift nach den Rudern, um das kleine Gefährt daran zu hindern, seine Passagiere in das Gangeswasser zu kippen, das jene, die es empfängt, vom Karma reinwäscht.
»Mein Arbeitgeber wünscht sich, dass das Nullpunktprojekt realisiert wird und Früchte trägt.«
»Noch einmal: Warum?«
Mr. Chakraborty zuckt in seinem gut geschnittenen schwarzen Anzug langsam und ausdrucksvoll die Schultern. »Diese Entität besitzt die Macht, komplette Ökonomien zu vernichten. Diese Art von Intelligenz kann ich nicht nachvollziehen, Mr. Ray. Sie versteht die Welt der Menschen nur teilweise. In den Finanzmärkten, die ihre ökologische Nische darstellen, übertrifft Brahma den menschlichen Intellekt im gleichen Verhältnis wie ein Mensch eine Schlange. Aber wenn Sie direkt mit ihm sprechen würden, hätten Sie den Eindruck, es mit einem naiven, neurotischen, vielleicht sogar etwas autistischen Verstand zu tun zu haben.«
»Ich muss das fragen ... Weiß mein Vater davon?«
Chakraboty wackelt mit dem Kopf. Zustimmung.
»Das Geld kann innerhalb einer Stunde auf Ihr Konto überwiesen werden.«
»Und ich muss entscheiden, wem ich vertrauen kann – einer Bande amerikanischer Heuschrecken, die meine Firma zerstückeln wollen, oder einer Kaih, die zufällig nach einem Gott benannt ist und jedes Bankkonto auf diesem Planeten auslöschen könnte.«
»Prägnant zusammengefasst, Sir.«
»Eigentlich bleibt mir gar keine Wahl, nicht wahr?«
Vishram gibt dem Jungen ein Zeichen. Er zieht das linke Ruder durch und wendet das kleine Fahrzeug auf dem schwarzen Wasser, um zum großen Dasashvamedha Ghat zurückzukehren. Vishram glaubt, einen Regentropfen auf den Lippen zu spüren.
34 Najia, Thal
Ein Flüstern: »Er kann hier nicht bleiben.«
Die Luft ist stickig und erdrückend, aber die Gestalt auf der Matratze schläft den Schlaf des Brahma.
»Ys, nicht er. Ys ist ein ys«, flüstert Najia Askarzadah zurück. Sie steht mit Bernard in der Tür zum abgedunkelten Zimmer, wie Eltern, die nach ihrem kranken Kind sehen. Das Licht lässt von Minute zu Minute nach, und die Luftfeuchtigkeit nimmt zu. Die Gazeschleier hängen gerade und schwer herab, fest im Griff der Schwerkraft.
»Das ist mir egal. Ys kann hier nicht bleiben.«
»Man hat versucht, ys zu töten, Bernard«, zischt Najia. Es war ihr kühn und genial vorgekommen, als sie mit dem Moped über den Polorasen an den schreienden Malis vorbei und über die Veranda gefahren war, zwischen den Tischen und Studienurlaubern hindurch bis zu Bernards Zimmer. Zu irgendeinem Versteck. Etwas in der Nähe, zu dem man keine Verbindung herstellen kann. Bernard hatte kein Wort gesagt, als sie durch seine Tür hereingewankt kamen. Das Neut war halb bewusstlos gewesen und faselte in sys seltsamen, schweren Akzent etwas von Adrenalin. Ys war weggetreten, als sie ys ins Bett gebracht hatten. Bernard hatte ys die Stiefel ausgezogen und war dann verängstigt zurückgewichen. Schließlich standen sie im Türrahmen und diskutierten flüsternd.
»Und jetzt machst du auch mich zur Zielscheibe«, erwidert Bernard. »Du denkst überhaupt nicht nach. Du kommst brüllend hereingestürmt und erwartest, dass alle dich bejubeln, weil du die Heldin bist.«
»Bernard, mir war schon immer klar, dass der einzige Arsch, der dich letztlich interessiert, dein eigener ist, aber damit unterbietest du alles bisher Dagewesene.« Doch der Stachel trifft und bleibt stecken. Sie liebt Action. Sie liebt die gefährliche Verlockung, die dem Ganzen eine
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