Cyberabad: Roman (German Edition)
internationale Gruppe von Risikokapitalisten, die in verschiedenen Steueroasen ansässig sind. Sie spezialisieren sich auf visionäre Technologie und das, was manche für graue Wirtschaft halten könnten, also Industriezweige, die streng genommen nicht illegal sind, aber einen zwielichtigen Ruf haben, wie zum Beispiel Darwinware. Sie haben in die Siliziumdschungel der Cyberabads aller Entwicklungsländer investiert, einschließlich eines Sundarban hier in Varanasi.«
»Und sie haben das Geld für den Teilchenbeschleuniger im Forschungszentrum zugeschossen. Ich habe Chakraborty getroffen, das heißt, eigentlich hat er mich getroffen.«
»Ich weiß. Mr. Chakraborty ist mein Kontaktmann hier in Varanasi. Ob du es glaubst oder nicht, aber Odeco möchte, dass das Nullpunktprojekt ein Erfolg wird.«
»Er hat mir gesagt, dass es ihn freuen würde, wenn ich eine vollmaßstäbliche Demonstration durchführe. Die einzigen Leute, denen ich davon erzählt habe, waren unsere Freunde von EnGen.«
»EnGen ist nicht Odeco.«
»Woher wusste Chakraborty dann von den Verhandlungen?«
Marianna Fusco kaut auf der Oberlippe. »Da musst du Chakraborty fragen. Ich bin nicht befugt, es dir zu sagen. Aber glaub mir, alles, was EnGen dir angeboten hat, um das Experiment abzubrechen, wird Odeco überbieten, um es fortzusetzen.«
»Gut«, sagt Vishram Ray und setzt sich auf. »Weil ich nämlich gesonnen bin, ihr Geld anzunehmen. Kannst du ein Treffen mit deinem Kontaktmann arrangieren? Vorausgesetzt, er weiß es nicht längst, durch Telepathie oder etwas in der Art. Und können wir das noch einmal machen, aber möglichst bald?«
Marianna Fusco wirft ihr immer noch feuchtes und mit Chlor parfümiertes Haar zurück. »Kann ich mir einen Bademantel von dir borgen? Ich glaube, so, wie ich bin, sollte ich nicht in den Lift steigen.«
Vierzig Minuten später ist Vishram Ray geduscht, rasiert und angekleidet und summt vor sich hin, während er durch das Glasdach ins Atrium des Hotels hinunterfährt. Die Limousine wartet zwischen den Übertragungswagen mit den Satellitenschüsseln. Der Seidenschal liegt nass im Jacuzzi, immer noch verknotet, damit sich das neugierige Hotelpersonal umso mehr darüber empören kann.
Tagetes auf schwarzem Wasser. In dem offenen Boot empfindet Vishram die Wolkenwand wie den Hammer Gottes, der über ihm erhoben ist. Der Wind vom Fuß des Monsuns wühlt den Fluss auf. Büffel drängen sich am Ufer, die Nüstern über das Wasser gestreckt, weil sie die Wetterveränderung spüren. An den Ghats bemühen sich die badenden Frauen, ihre Saris anständig zusammenzuhalten. Das ist einer der beharrlichen Widersprüche dieses Landes, dass die Kultur, die das Kamasutra verfasste und illustrierte, von derart unterkühlter Prüderie geprägt ist. Die Menschen im frostigen, kalten christlichen Glasgow entwickeln eine viel heißere Leidenschaft. Er vermutet, dass das, was er soeben mit Marianna Fusco getan hat, ihm im hinterwäldlerischen Bihar zwanzig Jahre Kittchen einbringen würde.
Der Bootskapitän ist ein fünfzehnjähriger Junge mit erstarrtem breitem Grinsen, der sich mit den Wellen und Strömungen abmüht. Vishram fühlt sich nackt und ungeschützt vor den Blitzen. Die Fabriken auf der anderen Flussseite haben bereits die Lichter eingeschaltet.
»Ich sage es nur ungern, aber EnGen hatte mir einen Senkrechtstarter zur Verfügung gestellt. Um damit zu einem Tigerschutzgebiet zu fliegen. Mit bewaffneten Wachmännern und einem wirklich guten Essen. Und das Bordpersonal sah wesentlich besser aus als er hier.«
»Hm?«, macht Chakraborty. Er steht mitten im Boot und beobachtet gedankenverloren das vorbeiziehende Flussuferpanorama. Vishram wünschte, er würde das nicht tun. Er muss an eine alte Nummer aus Guys and Dolls denken, das die Theatergruppe an seinem College aufgeführt hatte. Setz dich, du bringst das Boot zum Schwanken. Und der Teufel wird dich unter Wasser ziehen ... Vishram hat es heute mit christlicher Sünde und Verdammnis, denkt er.
»Ich sagte, wir haben heute recht kabbelige See.«
Der Ruderjunge grinst. Er hat ein sauberes blaues Hemd und sehr weiße Zähne.
»Ach ja, der Fluss ist etwas turbulent, Mr. Ray.« Chakraborty legt einen Finger an die Lippen, dann zeigt er damit auf die leuchtenden Ghats. »Finden Sie es nicht tröstlich zu wissen, wo Sie enden werden, auf diesen Stufen, an diesem Ufer, vor den Augen all dieser Menschen?«
»Kann nicht behaupten, dass ich schon oft drüber nachgedacht
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