Cyberabad: Roman (German Edition)
den Beton und durch die Scheiße, ihre Scheitel berühren die Stratosphäre. Götter wie Gewitterwolken, mit erhobenen Attributen, von Blitzen umzuckt. Die mehrfachen Arme führen die heiligen Mudras mit meteorologischer Besonnenheit aus. Die Eindämmung setzte ein, als die Exkommunikationstruppe vom Militärflugplatz abhob. Prasad hat ein paar hundert Kaihs der Stufe eins abgefangen, die über das Kabelnetz flüchten wollten, aber ansonsten ist es im fünften Stock des Bürogebäudes still wie der Tod oder die Unschuld geblieben. Die Schwadron teilt sich auf, und ihre Navigationslichter schießen aerobatisch zwischen Ganesha, Kartikkeya, Kali und Krishna hin und her. Mr. Nandhas Lippen beten lautlos Magnificat magnificat , als der Senkrechtstarter abdreht und in einer Wolke aus handgroßen Pixeln durch Ganesha rast. Einen Speer in die Seite, denkt Mr. Nandha. Die Pilotin schwenkt die Flügelspitzentriebwerke in die Landestellung und bringt sie durch einen Schleier aus göttlichem Licht nach unten. Mr. Nandha schaltet die visuelle Darstellung aus. Die Götter verschwinden, als wären sie durch Unglauben ausgelöscht worden, aber nach jahrelanger Vertrautheit hat Mr. Nandha ein Gefühl für ihre Gegenwart entwickelt, ein elektrisches Kribbeln in seinem Hinterkopf. Seine Waffe ist ein dunkles Gewicht an seinem Herzen.
Die Firmenzentrale von Odeco ist ein billiges Mietshaus in einem Labyrinth aus Schuluniformgeschäften und Sari-Händlern. Die Pilotin dreht das Flugzeug, damit es in die schmale Straße passt. Die Flügelspitzen streifen Balkone und Strommasten, als sie ihre Maschine auf der Kreuzung landet. Der von den Triebwerken entfachte Sturm fegt Fahrräder quer über die Straße. Eine Kuh trottet behäbig aus dem Weg. Ladeninhaber halten ihre wehende und flatternde Ware fest. Räder werden ausgefahren und berühren den Beton. Mr. Nandha begibt sich in den Passagierraum zu seinem Exkommunikationsteam: Ram Lalli, Prasad, Mukul Dev, Vik – Letzterer fühlt sich sichtlich unwohl in Kampfmontur über seiner Rock-Boyz-Montur von Star-Asia.
Der Senkrechtstarter kommt auf den Stoßdämpfern zur Ruhe. Nichts bewegt sich, nichts rührt sich, nur der Wind vom Rand des Monsuns treibt Papier und Fetzen von abgerissenen Filmi-Postern durch die schmalen Straßen. Ein Hund bellt. Die Rampe wird ausgefahren, während die Triebwerke verstummen. Weitere Flugzeuge legen an den anderen beiden Zielkoordinaten punktgenaue Landungen hin. Die vierte Maschine dreht sich in der Luft vor den Neontürmen von New Varanasi, fliegt über das Dach des Bürogebäudes heran und schwenkt die Düsen auf Schwebestellung. Das Getöse in den engen Gassen ist wie der Lärm vedischer Armeen im Himmelsgefecht. Der Bauch öffnet sich, und Sowars der Bharati-Luftkavallerie werden an Kabeln abgespult. Auf dem Helmdisplay der Pilotin seilen sie sich in eine gähnende Schlucht voller Götter ab. Hohlladungen öffnen das Dach wie eine Dose Ghee. Die Sowars kommunizieren mit Handzeichen, befestigen ihre Karabinerhaken an den Solarzellen und tauchen ins Gebäude ein.
Mr. Nandha rückt durch einen Friedhof der Fahrräder vor. Eine Berührung am rechten Ohr aktiviert den Hoek, und Indra, Gott des Regens und des Blitzes, manifestiert sich wirbelnd über dem Kurzwarenviertel des alten Kashi, auf seinem Elefanten-Vahana Airavata mit den vier Stoßzähnen sitzend. In der Rechten hält er den Vajra der Gerechtigkeit erhoben. Mr. Nandha legt seine Hand an seine Waffe. Echte Blitze flackern durch Indras transparenten roten Körper. Mr. Nandha blickt auf. Regen. Auf seinem Gesicht. Er bleibt stehen, wischt sich den Tropfen von der Stirn, starrt ihn erstaunt an. Im selben Moment wirbelt Indra herum, und er spürt, wie die Waffe ihn ausrichtet.
Die Roboter kommen durch die unbeleuchtete Gali herangesprungen, ein Gewimmel aus winzigen rennenden Füßen und Greifklauen. Affenroboter, Katzenroboter, wie flügellose Vögel, wie langbeinige Insekten, eine Welle aus klickenden Bewegungen, die über die Hauptstraße heranströmt. Mr. Nandha hebt seine Waffe, zielt feuert, zielt feuert, zielt feuert. Bachs himmelhohe Kontrapunkte dröhnen ihm in den Ohren. Kein einziger Fehlschuss. Indra führt ihn sicher und zuverlässig. Die Roboter drehen sich und krachen gegeneinander, rollen gegen Wände und Eingänge, während sich die dicken, vereinzelten Tropfen zu Regen vereinigen. Mr. Nandha dringt weiter in die Gali vor, die Waffe ausgestreckt, die unablässig mit ihrem roten
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