Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cyberabad: Roman (German Edition)

Cyberabad: Roman (German Edition)

Titel: Cyberabad: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian McDonald
Vom Netzwerk:
tief genug ist, um ein Grab aufzunehmen, liegt sein Großvater Sayid Raiz Khan, Richter und Staatsgründer, der für die Sicherheit seiner Frau und Familie sorgte, während in den Teilungskriegen eine Million Menschen starben. Er hielt unerschütterlich an seiner Überzeugung fest, dass es nur ein Indien geben kann und dass Indien, um all das zu sein, was Nehru in jener Mitternacht des Jahres 1947 verkündete, den Muslimen einen Ehrensitz zugestehen muss. Und schließlich sein Vater, Anwalt und Abgeordneter, der für zwei Parlamente in den Wahlkampf zog, einmal in Delhi, einmal in Varanasi. Er hatte in seinem eigenen Teilungskrieg gekämpft. Die treu ergebenen mohammedanischen Khans, jede Generation im Kampf gegen das, was die vorige erreicht hatte, bis zum letzten Tropfen.
    Die Scheinwerfer des Autos sind kilometerweit über dem flachen, baumlosen Land zu sehen. Shaheen Badoor Khan steigt die abgenutzten Treppenstufen des Trommelturms herunter, um das Tor zu öffnen. Die Diener von Ramghar sind alt und schwach und haben ihren Schlaf verdient. Er erschrickt über einen Regentropfen auf seinen Lippen, schmeckt ihn vorsichtig mit der Zunge.
    Dafür habe ich einen Krieg begonnen.
    Der Lexus fährt auf den Hof. Der schlanke schwarze Insektenpanzer ist mit Regenjuwelen gespickt. Shaheen Badoor Khan öffnet die Tür. Bilquis Badoor Khan steigt aus. Sie trägt einen förmlichen Sari in Blau und Gold, den Dupatta über den Kopf gezogen. Er versteht. Das Gesicht verbergen. Sein Volk könnte eines Tages an Scham sterben.
    »Danke, dass du gekommen bist«, sagt er. Sie hebt eine Hand. Nicht hier. Nicht vor den Dienern. Er deutet auf die von Säulen gestützte Chhatri oben auf dem Trommelturm, tritt zur Seite, als seine Frau vorbeirauscht und den Sari anhebt, um die steilen Stufen zu erklimmen. Der Regen hat jetzt einen Rhythmus gefunden, der südöstliche Horizont ist ein Feuerwerk aus Blitzen. Wasser läuft in Stricken vom Rand des Kuppeldachs des achteckigen Mughal-Trommelturms.
    »Als Allererstes«, beginnt Shaheen Badoor Khan, »muss ich dir sagen, wie sehr es mir leidtut, was geschehen ist.« Die Worte schmecken wie Staub auf seinen Lippen, der Staub seiner Vorfahren, der mit dem Regen wieder zu ihnen in den Boden zurückgespült wird. Sie schwellen in seinem Mund an. »Ich ... nein. Wir hatten eine Vereinbarung, ich habe sie gebrochen, und irgendwie kam es heraus. Der Rest wird Geschichte sein. Ich war unverzeihlich dumm, und jetzt muss ich dafür büßen.«
    Er hatte nicht gewusst, wann sie das erste Mal Verdacht geschöpft hatte, aber seit Dara geboren wurde, war offensichtlich geworden, dass Bilquis nicht alles sein konnte, was er sich gewünscht hatte. Ihre Verbindung war die letzte Mughal-Hochzeit gewesen, in der es um Dynastie, Macht und Zweckmäßigkeit ging. Sie hatten nur einmal offen darüber gesprochen, nachdem Jehan zur Universität gegangen war und es im Haveli plötzlich hallte und es zu viele Diener gab. Das Gespräch war forciert, nüchtern, schmerzhaft gewesen, die Sätze vorsichtig mit verkürzten Andeutungen formuliert, weil das Hauspersonal alles mithören konnte. Nur so lange, um die Vereinbarung zu treffen, dass er niemals zulassen würde, dass es zu einer Gefahr für seine Familie und seine Regierung werden und sie die anständige, pflichtbewusste Politikerfrau bleiben würde. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie seit einem Jahrzehnt nicht mehr miteinander geschlafen.
    Es. Sie hatten dieser Sache nie einen Namen gegeben. Shaheen Badoor Khan ist sich jetzt sicher, dass es einen gibt. Seine Neigung? Sein Laster? Seine Schwäche. Sein Stachel im Fleisch? Seine Perversion? In der Sprache zwischen zwei Menschen gibt es keine Worte für dieses es .
    Der Regen ist so heftig, dass Shaheen Badoor Khan sich kaum noch verständlich machen kann.
    »Ich kann noch ein paar Gefälligkeiten einfordern. Ich habe alles für die Abreise aus Bharat vorbereitet, es gibt einen Direktflug nach Kathmandu. Es wird kein Problem sein, nach Nepal einzureisen. Von dort aus können wir zu jedem Ort der Welt weiterfliegen. Ich würde Nordeuropa vorziehen, vielleicht Finnland oder Norwegen. Diese Länder sind sehr dünn besiedelt, also können wir dort anonym bleiben. Ich habe Geldmittel in transportablen Wechseln angelegt, genug, um uns ein Grundstück zu kaufen und adäquat zu leben, wenn auch nicht mit dem Komfort, den wir hier in Bharat genießen. Die Preise sind hoch, und wir dürften einige Schwierigkeiten haben, uns an das Klima

Weitere Kostenlose Bücher