seinen Sitz in Tel Aviv.
Die Personen, die auf Fred Browns Anzeigen antworteten, wurden aufgefordert, sich bei
[email protected] anzumelden. Ziele und Ethos der Gruppe waren klar formuliert: »Diese Gruppe ist für Leute, die nicht gesetzestreu, sondern für Geld arbeiten wollen und bereit sind, dafür die Regeln zu beugen. Diese Gruppe bringt euch bei, wie man Banken betrügt und Identitäten stiehlt.« Dass Fred sein Geschäftsmodell so offen bewerben konnte, ist ein deutliches Zeichen dafür, wie weit verbreitet betrügerische Aktivitäten im Netz sind. Bis die Ordnungsbehörden auf ihn aufmerksam wurden, sollten mehrere Jahre vergehen, und auch dann geschah es nur, weil er einen ganz untypisch schweren Fehler beging.
Fred hatte seine Anzeigen darauf angelegt, den Bären auf ganz traditionelle Weise zu erlegen. Von innen heraus. Wenn man einen Bankmitarbeiter dazu veranlassen kann, Kundendaten zu stehlen und weiterzugeben, erspart man sich die anstrengende Arbeit, selbst Konten oder Kreditkarten zu knacken. Internetbetrüger verwenden beträchtliche Mühe darauf, verärgerte oder notleidende Bankangestellte zu finden, denn wenn man einen zuverlässigen Insider rekrutiert hat, kann man die Erträge drastisch steigern. Mit den Kundendaten kann der Täter im Internet auf das Konto wie auf sein eigenes zugreifen und Geld auf ein anderes, selbst gewähltes Konto überweisen. Wenn der Eindringling nicht gerade sehr schnell eine große Summe braucht, besteht die beliebteste Methode darin, über längere Zeit hinweg kleine Beträge abzuziehen, so dass es weder der Bank noch dem Kunden auffällt.
Aber Fred Brown entwickelte auch raffiniertere Betrugsmethoden. Er konnte tiefer in das Computersystem einer Bank eindringen und beispielsweise bei einem Konto das Limit für Dispokredite erhöhen. Offensichtlich verfügte er über das Know-how, um Namen und Adressen zu verändern und natürlich Passwörter in Erfahrung zu bringen.
Fred legte die Grundlagen für seine Machenschaften, lange bevor er nach Großbritannien kam; damit stellte er seine systematische Herangehensweise an das Geschäft unter Beweis. Er war angesehen; er war gesellschaftlich nicht unsicher; und er vergeudete nicht viel Zeit mit Computerspielen. Für Fred Brown (alias Freddy Brown, Fred B. Brown, Freddy B, FredB und Freddybb) war das Internet ein einfacher Weg, um unzählige Menschen um große Geldsummen zu betrügen.
Aber bevor Freddy auf das Web losgelassen wurde, musste sein Dr. Jekyll – Adewale Taiwo – sich um andere Dinge kümmern: An der Universität Manchester, wo er seit Oktober 2005 studierte, blieb er ein Jahr und machte im Mai 2006 seinen Master in Chemietechnik. Einen Monat vor dem Studienabschluss eröffnete er bei der London Gold Exchange ( LGE ) ein Konto, auf das er Geld von jeder High-Street-Bank überweisen konnte.
Die LGE kauft von den Kundeneinlagen Gold und vergibt Kredite in »digitaler Währung«. Da die Firmenzentrale sich in Belize befindet und das Gold in der Schweiz aufbewahrt wird, ist »London Gold Exchange« eigentlich ein irreführender Name. Sie war eines von mehreren Unternehmen, die in den 1990er Jahren expandierten und von Betrügern und Geldwäschern bevorzugt wurden. Wenn Taiwo sein Geld zur London Gold Exchange transferiert hatte, verschob er es auf ein Konto bei E-Gold, einem ähnlichen Unternehmen. Von dort verteilte er Bargeld über Western Union, um es entweder zu waschen oder seine Kumpane damit auszuzahlen.
Wie bei allen seinen Tätigkeiten, so erwies er sich auch hier als pedantisch und leistungsfähig: Er war ein hervorragender Student und ein hervorragender Verbrecher. Kurz nachdem die Universität Manchester ihm den Mastertitel verliehen hatte, schnappte Grimley Smith ihn als höchst aussichtsreichen Mitarbeiter – und zur gleichen Zeit hieß die Internet-Betrügergemeinde ihn als ernsthaften Mitspieler willkommen.
Adewale Taiwo war ein begabter Chemieingenieur. Er war noch keine dreißig, galt aber bei Grimley Smith schon als Überflieger und unternahm wenig später Dienstreisen bis nach China und Venezuela. Er kleidete sich gepflegt, aber unauffällig, und sein BMW passte zu seinem Gehalt und seiner Lebensweise. Er nahm seine beiden Leben sehr ernst, und seine legale Arbeit diente ihm natürlich als glaubwürdige Tarnung für seine Untergrundtätigkeit. Ein angesehenes, erfolgreiches Unternehmen des Energiesektors ist so ungefähr der letzte Ort, an dem man nach einem wichtigen