CyberCrime
Ein früherer consigliere aus dem inneren Kreis der Websitebetreiber sagte einmal: »Das müssen Sie verstehen. CarderPlanet war nicht nur eine Informationsquelle. Die Leute lebten in CarderPlanet – wir haben einfach ›The Planet‹ gesagt, als wäre er unsere Heimat.«
Diebstahl, Spamming und andere Formen der elektronischen strafbaren Handlungen spielten zwar eine wichtige Rolle, sie waren aber keineswegs die einzigen Aktivitäten, derentwegen Russisch sprechende Menschen auf dem Planeten landeten und sich dort häuslich einrichteten. Der durchschnittliche Nutzer brachte eine Faszination für Elektronik, Computer, Spiele und Netzwerke mit und betrachtete das Hacken als Sport.
Das waren nicht einfach Kriminelle, die in CarderPlanet ein Mittel erkannten, um ihren Geschäften nachzugehen. Sie schufen vielmehr eine Gemeinschaft junger Männer zwischen 15 und 25 Jahren, die einzigartige Fähigkeiten besaßen und sich darum bemühten, in einer chaotischen, rücksichtslosen historischen Phase zurechtzukommen. In Odessa waren alle ganz selbstverständlich gezwungen, sich in gewisser Weise kriminell zu verhalten. Die Planetarier rüsteten sich mit der Logik derer, die den politischen und wirtschaftlichen Wirrwarr in Odessa überlebt hatten, und wandten die gleichen Verhaltensmuster im Cyberspace an. Sie waren keine geborenen Mörder, sondern geborene Überlebende.
Die neue Website gliederte sich in Kategorien, die jeweils einem bestimmten Aspekt der Internetverbrechen oder des Hackens gewidmet waren. Als einer der jungen Hacker von Odessa sich zum ersten Mal bei CarderPlanet einloggte, war er überwältigt. »Ich könnte schwören, das gleiche Gefühl hatte auch Ali Baba, als er die Höhle öffnete und die ganzen Schätze sah. Jedes Fenster, das sich am Bildschirm öffnete, enthielt eine Fülle von Informationen, mit denen man stinkreich werden konnte, ohne auch nur vom Computer aufzustehen!«
Im ersten Jahr machten sich Hunderte von Russisch sprechenden Hackern daran, die Site zu erkunden. Angelockt wurden sie durch die unterhaltsame Grafik und die effiziente Organisation. Das Logo von CarderPlanet war ein Zigarre rauchender feiner Herr mit einem zwinkernden Auge – ein Doppelgänger des Flash Harry, jenes frechen Ganoven, den George Cole in der britischen Nachkriegskomödie Die Schönen von St. Trinians verkörperte.
»Ein unwissender Provinztrottel wie ich konnte im besten Fall damit rechnen, hundert Dollar im Monat zu verdienen«, fuhr der junge Hacker aus Odessa fort, »und jetzt bot diese unbekannte Sprache mit Wörtern wie Dumps, Drops, Wires oder COB s derart faszinierende finanzielle Aussichten.«
Die Website stand nicht jedem Gelegenheitsbesucher offen. Um Zugang zu den abgeschotteten Bereichen zu erhalten, musste man Mitglied werden, und dazu wurde man von den Administratoren unter die Lupe genommen. Im ersten Jahr, in dem CP aktiv war, nahmen neben Script noch vier weitere Personen diese privilegierte Funktion wahr, darunter Boa, Scripts einflussreichster Mitarbeiter.
Neben anderen Aufgaben mussten die Administratoren entscheiden, wer Mitglied werde durfte und wer nicht. Diese Sicherheitsmaßnahmen sollten zuallererst die Annäherungsversuche von Polizeibehörden und Geheimdiensten aus der ganzen Welt abwehren. Der US -amerikanische Secret Service und die britische MI6 waren mit carder.org und carder.ru , den Vorgängern von CP , gut vertraut. Script war entschlossen, ihnen dieses Mal einen Strich durch die Rechnung zu machen. Er war sicher, dass die lokale ukrainische Polizei für die Website keine große Gefahr darstellte. »Die haben nichts, weder Personal noch Geld«, erklärte er. »In den ukrainischen Behörden spricht niemand fließend Englisch, und ohnehin verstehen sie kaum etwas. Selbst wenn sie Informationen vom › Feind‹, also von uns, bekämen, könnten sie sie nicht lesen (und sie würden auch keine Mittel dafür bekommen).«
Gefährlicher als die ukrainische Polizei waren ihre russischen Kollegen von der Abteilung R des Innenministeriums. Diese wurde später umorganisiert und befasste sich dann als Abteilung K mit allen Hightech-Verbrechen. Fast unmittelbar nachdem CarderPlanet eingerichtet worden war, wurde die Website von der russischen Geheimpolizei unterwandert und angegriffen. Aber der weißrussische Carder Police Dog meinte dazu: »Solange wir kein Chaos vor unserer eigenen Tür anrichteten, hatten unsere lokalen Polizisten und Geheimdienste kein Problem mit uns.« Warum
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